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Warum in Surimi keine Krabbe ist, dafür aber Cognac

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Matthieu weiß viel über Surimi, auch bekannt als Krabbensticks. Vielleicht ein bisschen zu viel. In Versailles studierte der heute 27-Jährige Flavour Formulation, also die Entwicklung von Aromastoffen. Das Thema seiner Masterarbeit: Krabbensticks. Während seines Praktikums bei einem französischen Lebensmittelkonzern wurde er dann in die Geheimnisse der Surimi-Produktion eingeweiht. Deswegen will er hier nicht seinen richtigen Namen stehen sehen. Matthieu heißt in Wahrheit also nicht Matthieu.

Als Flavorist kreiert Matthieu heute für ein kleines belgisches Unternehmen die Aromen für alle möglichen Getränke – von fruchtigen belgischen Bierspezialitäten mit Kirsch- oder Pfirsichgeschmack über Schnaps und Cocktails bis hin zu Energydrinks. Surimi fand er während seines Studiums besonders faszinierend, weil ihr Geschmack fast komplett künstlich erzeugt wird.

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Surimi ist Japanisch und bedeutet zermahlenes Fleisch. Diese besondere Verfahrenstechnik wurde im 12. Jahrhundert entwickelt, um Fisch länger haltbar zu machen. Die heutige Form, insbesondere die der Krabbensticks, entstand allerdings erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und ist mittlerweile auf der ganzen Welt verbreitet. Weil allerdings niemand so wirklich weiß, was wir da essen, haben wir Matthieu ein paar Fragen gestellt.


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VICE: Wie wurden die Krabbensticks in ihrer heutigen Form entwickelt?
Matthieu: 1973 erfand ein Unternehmer, ein gewisser Herr Sugino, das Surimi in Laib-Form. Das Sogenannte Kani Kamaboko. Zwei Jahre später entwickelte die Marke Osaki das Produkt weiter in die heutige Stäbchenform. Etwa zur gleichen Zeit verbreiteten sich die Krabbensticks im restlichen Asien, den USA, Europa und Südafrika. Heute sind Surimi in Stick-Form auf der ganzen Welt am häufigsten zu finden. Sie machen etwa 25 Prozent der Surimi-Produktion aus.

Sind in den Krabbensticks überhaupt Krabben?
Nein. Der Krabbengeschmack kommt nur durch das Aroma. Krabbensticks werden aus konzentriertem Weißfischprotein gemacht. Dafür wird das Fischfleisch geschreddert, mehrfach gewaschen und anschließend zu einer geruchs- und geschmackslosen Paste gepresst, die sogenannte “Surimi-Basis”. Die wird bei Temperaturen zwischen -20 und -30 Grad eingefroren und an Lebensmittelunternehmen verkauft. Diese geben Wasser, Eis, Öl, Zucker, Salz, Aromen und ein Mittel hinzu, das Elastizität und Festigkeit gibt. Dazu kommen meistens noch Geschmacksverstärker.

Die Krabbensticks, die in Europa verkauft werden, bestehen in der Regel aus Pazifischem Pollack, den man hier als Alaska-Seelachs kennt, außerdem aus Blauem Wittling und manchmal Pazifischem Seehecht. In Japan werden Weißer Umber, Brasse oder Eidechsenfisch verwendet. Diese Sorten sind beliebt, weil sie am neutralsten schmecken. Der Geschmack und die Textur hängen stark vom verwendeten Fisch ab.

Was ist der Unterschied zwischen roten und orangenen Krabbensticks?
Die Farbe dient nur der Wiedererkennung. Sie ist ein wichtiger Teil ihrer Identität. In Frankreich, Belgien und Italien sind die Sticks orange, weil sie Krabbengeschmack haben. Aber im Rest der Welt sind sie meistens pink oder rötlich und können mehr nach Muschel oder Hummer schmecken. Das hat mich überrascht, als ich meine Masterarbeit geschrieben habe. Bis dahin dachte ich, dass es Surimi nur mit Krabbengeschmack gibt.

Was braucht es für gute Krabbensticks?
In Japan gibt es verschiedene Arten Surimi. Sie unterscheiden sich in ihrer Herstellungsart. Manche werden gedünstet, andere werden gebacken, gekocht oder frittiert. Dadurch bekommen sie verschiedene Texturen.

Wie viele Geschmacksverstärker sind in Krabbensticks?
Drei oder vier. Sie liefern Aromen, die den Geschmack oder das Mundgefühl verstärken. Das sind Mononatriumglutamat, Hefeextrakt, der dem Geschmack etwas Volumen verleiht, dazu Salz und sehr zuckerhaltiger Alkohol wie Weißwein oder Cognac. Die geben den Krabbensticks die fruchtige Note und einen Extrakick.

Soll man Surimi auseinanderrollen, bevor man sie isst? Warum sind die überhaupt aufgerollt?
Ich weiße es nicht! Das geschieht, sobald die Paste gekocht ist. Dann wird sie geschnitten und aufgerollt. Ich glaube, sie machen das, weil die Leute Spaß beim Abrollen haben.

Eine Sache noch zum Schluss. Was ist schlimmer: Surimi auf Pizza oder Ananas auf Pizza?
Surimi auf Pizza? Wenn du wirklich auf Surimi stehst, warum nicht? Aber wenn du mich fragst, ist das schlimmer als Ananas auf Pizza.

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