Österreichs Strafgefangene bei der Arbeit

Dieser Artikel wird präsentiert von der Arbeiterkammer Wien und ist unabhängig in der VICE-Redaktion entstanden.


Die Justizanstalt Sonnberg in Niederösterreich wirkt nicht wie ein Gefängnis, wenn man am Weg zum Eingang an Gärtnerei, Feldern und Pferdekoppel vorbei spaziert, wo Gefangene ohne Mauern, ohne Gitter und ohne Bewachung arbeiten. Erst ein paar hundert Meter weiter, wenn man durch eine Schleuse, Rucksack, Pass und Handy abgeben muss, weiß man, dass man jetzt in einer Justizanstalt ist.

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In Österreich ist jeder Strafgefangene verpflichtet zu arbeiten. In den Justizanstalten stehen dafür insgesamt rund 50 Bereiche zur Verfügung. Welche es vor Ort tatsächlich sind, hängt stark von der Anstalt ab, in der die Gefangenen untergebracht sind. Im Fall der Justizanstalt Sonnberg sind es 15 – darunter die Arbeit mit Pferden und auf dem Feld, die teilweise außerhalb der Gefängnismauern stattfindet, wo jene arbeiten können, die keine lange Haftstrafe verbüßen müssen oder bereits im gelockerten Vollzug sind – also mehr oder weniger kurz vor der Entlassung stehen.

Der Leiter der Medienstelle, Major René Zeitlberger, führt uns durch das Areal. Die Insassen, denen wir am Weg begegnen, grüßen sehr höflich und blicken uns dann interessiert hinterher. Es ist Vormittag. Bis 15 Uhr werde noch gearbeitet, danach hätten die Insassen drei Stunden Freizeit, in der sie etwa Kartenspielen oder Sport machen könnten, erklärt Zeitlberger.

Die JA Sonnberg fasst bis zu 350 Männer mit Freiheitsstrafen von 18 Monaten bis zu 10 Jahren. Sie sind alle verurteilt und müssen im Gegensatz zu U-Häftlingen somit auch alle arbeiten. Die Bereiche, in denen sie arbeiten können, reichen von Küchenarbeit über die Pflege des eigenen Parks und der im Areal untergebrachten Pferde bis hin zur Arbeit in der hauseigenen Gärtnerei oder Schlosserei, in der man seit 1990 auch eine Ausbildung zum Metallarbeiter machen kann. Früher wurde diese Ausbildung noch gefördert – unter anderem vom Arbeitsamt –, heute gibt es keine Förderungen mehr.

Durch die von den Gefangenen geleistete Arbeit wird versucht, die Anstalt so gut wie möglich selbst zu erhalten. Als zum Beispiel die Sanitäranlagen nicht mehr richtig funktionierten, nahm sich ein Insasse dem Projekt an und sanierte sie komplett.

Auch Schweißarbeiten werden meist von Insassen direkt erledigt, also werden etwa auch kaputte Vergitterungen von ihnen selbst repariert. Im angeschlossenen Garten wurden alleine im Jahr 2017 fast 3000 Kilo Tomaten angebaut und geerntet, die dann wie jedes Jahr in der eigenen Küche weiterverarbeitet werden. Privatpersonen können sich von Insassen Schmuck- und sogar Möbelstücke anfertigen lassen, weitere Angebote werden im Online-Gefängnisshop vertrieben. Überwacht werden die Insassen und ihre Arbeit dabei stets von Justizvollzugsbeamten.

Geld aus der erbrachten Leistung bleibt den Gefangenen dabei kaum übrig: Laut der aktuellen Verordnung des Justizministeriums bekommen sie einen Stundenlohn von 5,85 bis 8,77 Euro. Davon werden 75 Prozent für den Vollzugskostenbeitrag und der Arbeitslosenversicherungsbeitrag abgezogen. Vom Rest – zwischen 1,5 und 1,9 Euro pro Stunde – muss die eine Hälfte gespart werden, während Gefangene die andere Hälfte einmal pro Woche nutzen können, um etwa Zigaretten oder Süßes zu kaufen.

Wir haben uns die Arbeitsplätze angesehen und ein paar Fotos für jene gemacht, die diesen Einblick im Idealfall nicht bekommen werden. Keine Werbung wünschten sich zwei Vollzugsbeamte, man sei ausgelastet. Der Insasse, der in einem T-Shirt mit der Aufschrift “No Fucks Given” eine Schubkarre an uns vorbei rollte, wollte leider nicht fotografiert werden.



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