Wenn in Wien eine Pizzeria geräumt werden muss, dabei aber ein Polizeiaufgebot zum Einsatz kommt, das den Eindruck erweckt, man habe vor das A-Team zu stellen oder das Hauptquartier eines internationalen Drogenkartells auszuheben, dann wird die Räumung in der Mühlfeldgasse ziemlich schnell zum meistgetwitterten Thema Österreichs. Ich habe mir angeschaut, welche verschiedenen Gruppierungen sich unter #pizzableibt die Kehle wundgezwitschert haben, und was das mit “I like turtles” zu tun hat.
In der Zwischenzeit fragen sich außerdem eine ganze Menge Leute, was dieser glatzköpfige Herr mit Eisernes-Kreuz-Ohrring von der AUF mit seiner offen getragenen Waffe vorhat, und welches Videospiel genau er eigentlich nachspielen will.
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Die offizielle Hymne zum Event kommt jedenfalls schon mal inklusive „Soligrüßen aus Hannover“. Pizza & Bier, was will man mehr.
„Kein Belag ist illegal!“—wie verbrüdernd. Egal ob Schinken, Salami, Calzone oder Caprese—Pizzen dieser Welt, erhebt und vereinigt euch unter diesem Punk-Jam.
Ein wesentlicher Teil der Pizzeria-Twitteria richtet sich gegen das übertrieben scheinende Polzeiaufgebot oder die Berichterstattung selbst. Eins ist aber klar: Unsere Polizei ist auf gutem Kurs, 2014 zum Unwort des Jahres zu werden.
War der singende Polizist etwa auch bei der Räumung dabei? Vielleicht wollte er sich auch nur nach Mitgliedern für seine geheime Helene Fischer-Grunge-Metal-Coverband umsehen, und hat sich alleine einfach nicht getraut?
Auch popkulturelle Vergleiche lassen nicht lange auf sich warten: Wenn sich viele Leute in einem Haus verschanzen, um dort auf fast 10-mal soviele Leute zu warten, braucht man von der Mühlfeldasse nur noch einen Katzensprung nach Sparta. This…is…PIZZA!
Auch das große Waffen- und Vehikelarsenal oder Vergleiche, die auf den ersten Blick übertrieben scheinen, werden hier zur Erheiterung aller (und zum Leidwesen der Wiener Polizei) herangezogen. Wo waren denn eigentlich wirklich die Eurofighter? Damit hätte man dann auch definitiv genug Videomaterial für den epischsten Kommisar Rex aller Zeiten zur Verfügung gehabt.
Und auch um den typischen Schenkelklopfer kommt man auf Twitter nicht herum. Der Witz hat keine Pointe, aber die braucht er auch nicht, um die Absurdität dieser Veranstaltung zu untermalen.
Überzeugend ist auch dieser Erklärungsversuch. Wie oft bekommt man schon die Gelegenheit, das ganze Polizeigerät für echte Amts(miss)handlungen einzusetzen? Eben.
Mittlerweile sieht man im politischen Lager Stronach keine Anzeichen eines Problems und FPÖ-Generalsekretär Vilimsky stellt auf seiner Twitter-Plattform (mit der er nur ganz knapp an der Parodie vorbeischrammt) gleich netterweise Lösungsvorschläge zur Verfügung, die nicht bei allen Anklang finden.
Orschg’sicht, hehe. Ein dritter Block widmet sich dem eigentlich wichtigen Problem der Immobilienspekulation und Sozialpolitik. Wann sind die neuen Wohnungen bobo-tauglich, und wer zahlt das eigentlich alles? Der Steuerzahler? Oh.
Wie bei jedem anderen Thema auch muss es eine Gruppe geben, die von der Materie überhaupt keine Ahnung hat, sich aber trotzdem irgendwie berufen fühlt, ihre Meinung in die Welt zu tweeten oder zumindest einfach mal dieses schöne Hashtag mit pizza im Namen zu benutzen. Das Ergebnis lässt sich irgendwo zwischen I Like Turtles und Wo ist mein Müsli? einrehen. Außerdem wird es wohl immer eine gewisse Menge an Leuten geben, die einfach soviel Lust auf Pizza haben, dass ihnen der Rest vollkommen am Arsch vorbeigeht und ihr Jäger- und Sammlertrieb alle anderen Bedürfnisse überschreibt.
Manchmal ist weniger auch mehr. Ob es sich hier tatsächlich um eine Anspielung auf I like Turtles handelt, bleibt ungewiss. Die Affektion dem delikaten Teig-Diskus gegenüber ist aber nicht von der Hand zu weisen.
Wie bei allen internetrelevanten Dingen endet alles irgendwann mit einem Katzenbild. Sushi statt Pizza? Und was hat die Katze überhaupt mit #pizzableibt zu tun? Ooooh sind das schöne blaue Augen. Worum gings nochmal?
Adrian auf Twitter: @doktorSanchez