Paris Hilton ist uns allen bekannt als das It-Girl der Nullerjahre, das auch heute noch Tausende Dollar dafür gezahlt bekommt, einfach nur in diversen Clubs aufzutauchen und zu posieren. Aber wir erinnern uns beim Namen Paris Hilton auch noch an eine gewisse TV-Serie namens The Simple Life zurück, in der sich die Hotelerbin zusammen mit Sängerstochter Nicole Richie ganz überschwänglich-kitschig ins normale Berufsleben stürzt. Und trotz vieler komödiantischer Elemente und offensichtlich gestellter Szenen ist The Simple Life schon immer eine überraschend solide Lehrstunde in Sachen Arbeitsmoral gewesen.
Die Show debütierte im Jahr 2003 und das Konzept war vorher in der Comedy-Abteilung des Fernsehsenders Fox entwickelt worden. Das Ziel der Visionäre war dabei, alte Sitcoms als Grundlage zu nehmen und sie aufs echte Leben zu übertragen. Brad Johnson, einer der Verantwortlichen, meinte einmal gegenüber TV Week, dass er sich vor allem an der 60er-Jahre-Sitcom Green Acres orientieren wollte, in der ein Pärchen aus der Stadt aufs Land ziehen muss. Und so wurde die Prämisse von The Simple Life auch direkt im Country-Titellied besungen: „Let’s take two girls, both filthy rich / From the bright lights into the sticks.” Die Szenerie: Der Arsch der Welt. Der Witz: Die beiden Protagonistinnen versagen ausnahmslos in jeder gestellten Aufgabe.
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Für diejenigen, die mit diesem Stück Trash-TV-Gold nicht vertraut sein sollten, folgt nun noch mal eine kleine Zusammenfassung der Handlung von The Simple Life: Paris Hilton, die 22-jährige Erbin eines 256 Millionen Euro mächtigen Vermögens, und Nicole Richie, die 21 Jahre alte Tochter des berühmten Sängers Lionel Richie, müssen ihre Handys und Handtaschen abgeben, bevor sie einen Monat lang in das 817-Einwohner-Kaff Altus im US-Bundesstaat Arkansas geschickt werden. Dort wohnen sie dann bei der Farmer-Familie Ledgins und ihre Unterkunft wird dabei regelmäßig von allen möglichen Insekten heimgesucht—und das Wasser kommt aus einem Brunnen.
Aber der Kulturschock ist hier noch lange nicht vorbei. Auf dem Land bekommt man nämlich kein Geld dafür, durch eine Boutique zu schlendern (Paris glaubt auch, dass bei Walmart tatsächlich Wände verkauft werden) und dabei einen Starbucks-Frappé zu schlürfen, während man von Paparazzi abgelichtet wird. Stattdessen müssen die beiden Hauptdarstellerinnen tatsächlich mal anpacken und für ihren Lebensunterhalt richtig arbeiten gehen. Und wirklich jeder Job, den die beiden dabei an Land ziehen (und von dem sie auch sehr schnell wieder gefeuert werden), ist noch tatsächliche Maloche: Kühe melken, das Vieh auf die Weide bringen, Fast Food zubereiten oder Autos volltanken. Die beiden Mädels scheuen jedoch vor keiner Aufgabe zurück.
Wenn Schufterei ad absurdum geführt wird
Die Familienoberhäupter Janet und Albert Leding sind eigentlich richtig gute Vorbilder: Sie stehen jeden Morgen kriminell früh auf, schreiben dann erstmal eine Liste mit Aufgaben, die Paris und Nicole zu erledigen haben, verwerfen diese Liste wieder, nachdem sie alle Aufgaben selbst erledigt haben, und erklären anschließend noch geduldig, wie und warum genau die beiden verwöhnten Gören versagt haben. Am Anfang stellt das Ehepaar sich noch berechtigte Fragen: Warum haben ihre beiden Gäste den Familien-Whirlpool während der Arbeitszeit benutzt? Warum hat Nicole den Tod ihrer Katze als Ausrede vorgeschoben, um an einem Werktag im Bett liegenzubleiben? Diesen Frust, der durch jedes von Paris gelangweilt gemurmelte „That’s not cute” noch weiter verstärkt wird, arbeiten die Ledings dann einfach weg.
Als Paris und Nicole dann bei Sonic Burger anfangen, gibt es einen kurzen Moment der Sorge: Paris stellt sich beim Grillen des Specks gar nicht mal so schlecht an und Nicole schafft es tatsächlich, die Zwiebeln in perfekte Ringe zu schneiden. Genau hier fragt man sich als Zuschauer, ob es das jetzt gewesen ist; ob sich die beiden jungen Frauen nun tatsächlich an ihren neuen Lifestyle gewöhnt haben, sich jetzt jeden Morgen Burger reinstopfen und sich irgendwann mit einem der LKW-Fahrer niederlassen, die zum Frühstück in der Fast-Food-Kette vorbeischauen und über Paris’ hohe Stimme sowie Nicoles unpassende Bemerkungen schmunzeln.
Aber natürlich wendet sich das Blatt genauso schnell wieder. Wie jeder normale Mensch, dem aufgetragen wird, Gemüse in vor fett nur so triefendes Fritösenfutter zu verwandeln, fängt Nicole irgendwann damit an, ganze Zwiebeln in die Maschine zu schmeißen und diese damit zu verstopfen. Später machen sich Paris und Nicole am riesigen Werbeschild vor dem Restaurant zu schaffen, so dass darauf „1/2 PRICE ANAL SALTY WEINER BURGERS” zu lesen ist. Das Ganze ist zwar einerseits richtig dumm, aber eben auch verdammt unterhaltsam. Und natürlich sind die beiden It-Girls „görenhaft” genug, um sich einen Spaß aus den Aufgaben zu machen, die sie sonst niemals zu erledigen hätten—aber sie machen sich dabei eben über die Jobs lustig und nicht über die arbeitenden Menschen. Zwischen den beiden jungen Frauen und den Ledings entwickelt sich im Laufe der ersten Staffel dann tatsächlich so etwas wie eine richtige Freundschaft: So kommen der Oma sogar beim Abschied sogar ein paar Tränen, als sie Paris und Nicole attestiert, dass sie „gute Mädchen” sind, und der jüngste Sohn der Familie fragt Nicole, ob sie nicht seine Schwester sein will.
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„Ihr habt so ziemlich alles vermasselt”
Die verschiedenen Chefs von Paris und Nicole beschweren sich in regelmäßigen Abständen darüber, dass die beiden so ziemlich alles vermasseln, und irgendwann fällt dann auch immer das unumgängliche Urteil, dass sie nicht mehr gebraucht werden. Aber Arnold Toynbee, ein Wirtschaftswissenschaftler und Gesellschaftsreformer des 19. Jahrhunderts, hat einst gesagt: „Die höchste Vollendung liegt darin, die Grenze zwischen Arbeit und Spiel zu verwischen.”
Und genau das haben Paris und Nicole in The Simple Life perfekt umgesetzt—egal ob sie sich nun als Fast-Food-Maskottchen auf die Schnauze packten, Milchflaschen mit Wasser gar voll machten (das käme ja auch dem geringeren Fettgehalt zugute) oder mit den Jungs flirteten und ihnen dabei Modelverträge in Los Angeles versprachen. Bei der Pilotfolge schalteten ganze 13 Millionen Zuschauer ein und bei der zweiten Episode waren es sogar noch mal 300.000 mehr. Dieser Erfolg ließ dann noch weitere vier Staffeln der Serie folgen. Auch wenn man es vielleicht nicht vermutet, aber durch The Simple Life hat man doch einige wichtige Lektionen gelernt: Bleibe hartnäckig, verliere dabei aber trotzdem nie den Spaß aus den Augen, sage Danke, wenn es angebracht ist, und lass dich niemals von einem Typen namens Albert in dessen Haus einsperren.