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Popkultur

Warum 'Iron Sky' nicht meta genug ist

Und warum die Blutdruckmesswerte meiner jüdischen Verwandtschaft manchmal morbid-lustig sein können.

Ich weiß, ich weiß. Jeder hat immer noch die Nase voll von den zahllosen belehrenden Holocaust-Dokus, mit der wir in der Schule emotional auf Abwehrkurs gegen Kackbraun gebracht wurden, und Guido Knopps hintergründige (Anti-)Fan-Fiction aus dem Nazi-Universum, die mit „Hitlers Helfer" begann und irgendwann bei „Hitlers Konditormeisterinnen" oder so Zwischenstopp machte, ist sicher auch nicht unbedingt der beste Grund, sich wieder für echte Geschichte zu interessieren.

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Aber auch, wenn ich selber kein Freund von zeitzeugenzersetzten ZDF-Soaps zum Thema Nationalsozialismus bin, setzt bei mir schön langsam die Erkenntnis ein, dass all das auf der anderen Seite eben auch kein guter Grund für das Gegenteil ist – und damit meine ich fesche SS-Lackel, die von Kopf bis Klumpfuß in Hugo Boss und Ironie gehüllt sind, um uns mit einem Augenzwinker-Zuckerl die bittere Pille von Iron Sky zu füttern.

Nicht, dass ihr mich falsch versteht – ich genieße politisch inkorrekte Untergriffigkeiten genau wie der nächstbeste FPÖ-Mandatar und meine jüdische Verwandtschaft hat eine ganz schön hohe Toleranz, was gesalzenen Holocaust-Humor angeht. Zum Beispiel ist meine Cousine Ärztin und sagt zu ihrer Mutter, die einige Zeit im KZ verbracht hat, beim Blutdruckmessen Sachen wie: „Du hast ja Werte wie in Auschwitz!" Ja, sowas finden Juden lustig. Also, zumindest manche und zumindest manchmal. Was aber auch manche manchmal eher platt als witzig finden, sind Filme, die mit Brachialhumor und B-Movie-Freifahrtschein irgendwie so tun, als wären sie kritisch und dann doch nur den alten Chic und die ewiggestrigen, ewiggleichen Schenkelklopfer bedienen.

Dabei will ich Iron Sky nicht unterstellen, dass seine Botschaft durch die Blume Pro-Nazi wäre, sondern eher, dass sie so in-your-face Anti-Adi ist, dass man als geneigter Trash-Freund halt ganz leicht ein paar pseudoharmlose Heil-Hitlers mehr durchflutschen lässt, als ansonsten üblich wäre. Wenn wir uns mal ehrlich sind (und unser Faible für Verruchtes beiseitelassen), hat das ganze B-Nazitum leider gar nicht so viel mehr Lack als sein Reallife-Äquivalent, dessen Vertreter in der Regel auch deppert genug wären, dass man getrost über sie lachen könnte, und bei denen man es dann trotzdem nicht tut, weil ihre schiere Echtheit einen halt doch zum Gruseln bringt.

Ich finde zwar auch, dass die Botschaft von Iron Sky im Grunde genommen schon allein deshalb politisch ist, weil der Film sich eben an eine Generation wendet, für die Nazis genau wie Napoleon historische Figuren und Filmcharaktere sind, anstatt Onkel und Tanten und Verkäufer im Supermarkt an der Ecke – aber das heißt noch lange nicht, dass es gut ist, sie deshalb in fesch faschistische Alternativ-Universen zu verfrachten, wo sie dann unbedenklich wüten können wie die untoten Versionen von Al Pacino und Christopher Walken.

Das ist übrigens nicht nur ein Problem mit Iron Sky, sondern auch mit Dead Snow, dem ebenfalls skandinavischen Evil Dead-Abklatsch von 2009, der kein bisschen origineller als das Original von 1981 ist – abgesehen von dem konzeptuellen Quantensprung, dass die Zombies eben SS-Uniformen tragen. Alles in allem ist das Nazi-Genre natürlich nicht neu, aber seine aktuelle Wiederbelebung auch keine Bereicherung der alten Klischees und Udo Kier das einzige Gesicht, in das man paradoxerweise ohne gröbere Schmerzen schauen kann. Sonst: Zwei, drei okaye Referenz-Schmähs, aber alles in allem: Mehr „meh" als „meta".