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Josefs Berufung wurde nicht Folge gegeben

Der Berufung des deutschen Studenten Josef S. gegen das Strafmaß wurde nicht Folge gegeben. Nach der Urteilsverkündung lachen trotzdem alle.

Josef S.' Vorgeschichte ist bekannt wie nur sehr wenige andere österreichische Justizfälle der letzten Jahre. Der Student aus Jena demonstriert im Januar 2014 gegen den Wiener Akademikerball. Bei den Demonstrationen wird in der Innenstadt von Gegendemonstranten randaliert.

Josef wird von einem Zivilpolizisten wegen der Schrift auf seiner Jacke als Rädelsführer gesehen und festgenommen. Sechs Monate verbringt er in Untersuchungshaft, wo wir ihn auch getroffen und als erstes Medium ausführlich mit ihm gesprochen haben. Ihm wird so ziemlich alles vorgeworfen, das an diesem Abend passiert ist: Landfriedensbruch, versuchte schwere Körperverletzung und schwere Sachbeschädigung.

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Vor Gericht verstricken sich die Zeugen in Widersprüche, der Fall sorgt in Österreich und Deutschland für Empörung. Doch als einziger Gegendemonstrant wird Josef angeklagt und dann wegen Landfriedensbruchs in Rädelsführerschaft, versuchter schwerer Körperverletzung und schwerer Sachbeschädigung zu zwölf Monaten Haft verurteilt, acht davon auf Bewährung.

Vergangenen Oktober scheiterte die Nichtigkeitsbeschwerde, mit der der Oberste Gerichtshof das vollständige Urteil aufheben hätte sollen. Josef hatte versucht, Verfahrensfehler wie etwa eine fehlerhafte Würdigung von Beweisen geltend zu machen.

Zusätzlich legten Josef, seine Anwältin Kristin Pietrzyk und sein Anwalt Clemens Lahner Berufung gegen die Strafhöhe ein. Denn Josef wurde nur von einem einzigen Zeugen beschuldigt—einem Zivilpolizisten, der vor Gericht anonym auftrat und sich mehrmals in Widersprüche verwickelte. Es gibt keine anderen Beweise, keine Zeugen, Fotos oder Videos, die ihn bei strafbaren Handlungen zeigen würden.

Josefs Eltern.

Heute hat das Gericht entschieden. Der Berufung wird nicht Folge gegeben. Wenn man dem Gericht zuhört, könnte man glauben, Josef habe alleine die ganze Innenstadt zerlegt. Der Richter unterstellt ihm Gewaltbereitschaft und sagt, die Strafe sei nicht zu hoch, wenn dann zu niedrig. Er sagt auch, dass „Andersdenkende" ja das Recht hätten, auf die Straße zu gehen, aber nicht auf diese Weise.

Immer und immer wieder betont der Richter in der so kurzen Verhandlung, dass Josef aus Deutschland käme und nach Österreich gereist sei, um gegen Umstände zu demonstrieren, die ihn nicht betreffen würden. (Die Vergangenheit hat ja erwiesen, dass rechte Entwicklungen in Österreich auch in Österreich bleiben.) Nach der Urteilsverkündung seufzten alle im Raum, als der Richter sagt, dass sich wegen Menschen wie Josef Leute nicht mehr auf die Straße trauen würden, lachen ein paar. „Wer meint, die Beherrschung zu verlieren, möge den Saal verlassen", sagt der Richter.

Josef, seine Schwester und seine Freunde lachen, als sie aus dem Saal gehen. „Coping Mechanism", sagt eine von ihnen. Das Vertrauen in die österreichische Justiz ist jedenfalls, zumindest im Publikum, verloren. Josefs Familie sitzt nun auf Kosten von zirka 50.000 Euro. Josefs Schwester Irma erzählt, wie die letzten eineinhalb Jahre verlaufen sind. „Ich weiß nicht, wie ich das geschafft habe, als er noch in U-Haft saß. Erst hab ich gedacht, ich halte es nicht aus, wenn er zwei Wochen dort drin ist. Dann war es ein halbes Jahr. Ich stand voller Adrenalin." Als Josef rauskam, kam dann das Tief. Seit Januar ist wieder Alltag eingekehrt. Wenn man es so nennen kann.

Hanna auf Twitter: @HHumorlos