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„This is my place. You go!“—Ein Interview mit Ren Hang

Wir haben uns mit Ren Hang über das Partymachen mit Freunden unterhalten, weil wir das in unserer Freizeit auch sehr gerne machen.
Fotos von Andrew Obrejanu

Bei Ren Hangs Fotosessions trifft sich ein Haufen Jugendlicher irgendwo in Peking, sie trinken, lachen und mittendrin Ren Hang, der sie als erotische Legobausteine sieht: Tetris aus perfekten Busen, dekorativen Arschlöchern, erigierten Penissen und roten Lippen-schöne junge Chinesinnen und Chinesen, deren Körper sich zu neuen Ornamenten schmiegen. Zu Hause in China sieht man diese Ode an die Schönheit und die Jugend mit gemischten Gefühlen. Hang darf seine besonders pikanten Werke nicht öffentlich ausstellen und im schlimmsten Fall drohen ihm Gefängnisstrafen. Hier dagegen scheint man ihn zu verstehen, der westliche Kunstmarkt frisst ihm aus der Hand.

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Einige von euch haben Ren Hang schon 2013 kennengelernt, als er ein paar Wochen im Quartier 21 in Wien verbracht hat und gemeinsam mit Wiens bestem Tänzer Bogomir Doringer eine schwule Fruchtfliegenserie für unsere Photoissue produziert hat. Wer damals ein Foto gekauft hat, hat auf jeden Fall eine gute Investition gemacht, weil es jetzt schon 10 Mal so viel wert ist. Bei seiner neuesten Ausstellung im Ostlicht, die am 19. März eröffnet wird, hast du wieder die Gelegenheit ein Foto zu kaufen, auch wenn du dafür mittlerweile auf ein paar Monate Essen verzichten musst.

VICE: Glaubst du, dass der Kunstmarkt dich hier besser aufnimmt als in China?
Ren Hang: Ich kenne den Kunstmarkt nicht. Aber mein Erfolg hier ist schon größer. Es wäre mir allerdings auch egal, wenn ich erfolgreicher in China wäre. Das kann ich nicht kontrollieren, also ist es mir gleich. Trotzdem gefällt es mir. Es hat sich langsam entwickelt und nicht auf einmal, also nehme ich noch keine großen Veränderungen wahr. Hin und wieder erkennen mich auch Leute auf der Straße. Dann sage ich einfach „Danke"!

Sprechen wir doch mal kurz über die Restriktionen in China. Es ist ja offensichtlich wirklich schwer für dich, dort auszustellen. Hättest du gerne dort auch so eine freizügige Ausstellung?
Ist mir egal. Ich mag auch nicht darüber nachdenken, ob das in der Zukunft einmal möglich sein wird. Ich denke nicht viel darüber nach, ob ich jetzt eine Ausstellung in China habe oder nicht.

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Ist das eine chinesische Einstellung?
Das kann ich nicht sagen. Ich weiß nicht genau, was die chinesische Einstellung ist. Es gibt natürlich viele Chinesen, die um jeden Preis erfolgreich sein möchten, aber es gibt auch solche, die nicht kämpfen, sondern einfach dem Lauf der Dinge folgen. Ich bin aber auch faul und Interviews machen mir keinen großen Spaß (lacht).

Du hast ein sehr strenges Schönheitsideal. Fotografierst du überhaupt Menschen, die nicht so hübsch sind?
Wenn mir das Modell nicht gefällt, dann mache ich kein Foto. Warum sollte ich ein Foto machen, das nicht schön aussieht? Bei beiden, Frauen und Männern sehe ich das so.

Fotos von Andrew Obrejanu

Findest du Menschen in China schöner?
Ich sehe keine Grenzen zwischen Ländern und Nationen. Ich finde nicht die einen oder anderen schöner. Ich fotografiere deswegen meistens Chinesen, weil die einfach meine Sprache sprechen und ich so besser mit ihnen kommunizieren kann. Ich kann besser ausdrücken, was ich möchte und verstehen, was die Models denken. Bei besserer Kommunikation, kann ich ein besseres Foto machen. Es macht mehr Spaß! Ich fotografiere mit einer Vollautomatik-Kompaktkamera und muss über Einstellungen nicht nachdenken. Das ist vergleichbar mit einem chinesischen Modell. Da geht die Kommunikation ganz einfach. Aber auf Englisch muss ich mir erst Gedanken machen, wie ich mich jetzt ausdrücken, Sätze formulieren soll.

Aber ist das ein Klischee oder haben Chinesen auch einfach schönere, glattere Körper?
Echt? Aber das ist ja auch, weil ich sie auswähle. Du kannst auch hässliche Körper in China finden. Ich wähle schon die Schönen und Jungen aus.

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Hast du schon Modelle in Österreich gefunden, seit du hier bist?
Noch nicht, aber ich werde versuchen, morgen bei der Eröffnung welche zu finden. Ich werde sie dann fragen, ob sie für mich modeln wollen.

Was sind deine Einflüsse?
Ich würde sagen, einfach mein Leben und natürlich viele Fotografen. Mein Lieblingsfotograf, Shuji Terayama. Ich habe oft versucht, etwas Ähnliches zu machen wie er und bin gescheitert. Ich weiß nicht warum ich ihn so verehre, aber ich finde ihn großartig.

Naja, er steht auch auf schöne Menschen und surreale Bilderwelten?
Vielleicht. Keine Ahnung. Vielleicht werde ich es später einmal wissen und mir Gedanken machen über das „Warum?". Dann werde ich vielleicht auch einen Grund finden, in fünf oder zehn Jahren.

Und findest du irgendwelche Fotografen in China gerade gut?
Ich kenne keine Fotografen in China, nicht einmal auf der ganzen Welt.

Also kaufst du keine Bücher?
Doch, ich liebe Bücher. Ich kaufe so viele! Das letzte war ein Mickey Maus-Heft. Nicht überragend toll, aber lustig und ein billiger Spaß. Ich glaube, ich mag gern Bilder. Ich lese aber eigentlich vor allem gerne – zu Hause zumindest, denn im Ausland kann ich einfach nichts verstehen, also kaufe ich hier Bücher mit Bildern. Ich schreibe auch selbst Gedichte.

Sind die Interviews auf Chinesisch leichter für dich?
Nein, die sind auch oft böse auf mich. Ein chinesisches Kunstmagazin war gerade letztens total angepisst. Sie haben gefragt, was für eine Motivation hinter meinen Fotos steckt, also der Gedanke hinter den Bildern, was ich ausdrücken will. Ich habe dazu nichts gesagt. Dann haben sie gefragt, welches Museum ich mag und ich habe geantwortet, dass ich nie in welche gehe und alle Museen hasse. Sie wurden wütend und meinten, dass ich kein richtiger Künstler sei. Darauf sagte ich, dass ich ja auch keiner bin und nur sie das behauptet hätten. Schau, ich hasse natürlich die Museen nicht, ich gehe auch schon mal hin, aber es ist nicht mein Lebensinhalt. Mein Leben ist Ausgehen und Trinken mit meinen Freunden. Meine Freunde sind das allerwichtigste für mich. Ich habe einige wenige enge Freunde in Peking, fünf bis zehn. Wir trinken, reden und dann machen wir Fotos. Das ist keine Kunst für mich. Es ist ein Spaß mit meinen Freunden. Wie eine große Party.

Glaubst du, dass du das lange machen wirst?
Ich weiß es nicht. Ich bin nicht sicher. Wenn es mich unglücklich macht, dann höre ich auf. Ich möchte, dass mein Leben immer einfacher wird. Deswegen sage ich nein zu manchen Sachen. Nein zum Museum zum Beispiel. Das Leben ist kompliziert genug und ich mache es mir einfacher.