Bild: Sascha Kohlmann | Flickr | CC 2.0
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Selbstdarstellung geht wohl oft mit einem gewissen Narzissmus Hand in Hand. Der ICD-10 definiert Narzissmus unter anderem mit Egoismus, Anerkennungsbedürfnis und einer überzogenen Selbsteinschätzung. Ich bin—hoffentlich—kein pathologischer Narzisst, aber ich füttere meine sozialen Bühnen regelmäßig mit Stoff, was wiederum meinen gesunden Narzissmus gedeihen lässt. In einer Beziehung halte ich mich meistens für das Zentrum der Welt. Noch dazu bin ich alles andere als kompromissbereit—oder nur, solange es nicht unbequem für mich wird.Otto Kernberg, ein berühmter Psychiater, der sich mit dem Thema Narzissmus beschäftigt, hat 2011 dem Profil auf die Frage, ob wir in einem Zeitalter leben, dass dank Social Media narzisstische Störungen begünstigt, folgende Antwort gegeben: "Das zu behaupten, ist einfach zu vage und wäre fachlich unzulässig. Zur Zeit können wir noch nicht mit Sicherheit feststellen, ob diese Erkrankung—aber auch andere Persönlichkeitsstörungen wie die Borderline-Störung—jetzt häufiger auftreten oder einfach öfter erkannt werden, weil man sich eben intensiver in der Praxis und Forschung damit beschäftigt hat.""Das zu behaupten, ist einfach zu vage und wäre fachlich unzulässig."
Bewiesen ist also nichts, es sind alles Vermutungen. Ich für mich habe herausgefunden, dass ich mir mit einfachen Dingen, die ein Wir-Gefühl in einer Beziehung erzeugen würden, oft schwer tue. Besonders Kompromisse tun mir weh—wenn ich einmal für einen Partner einen eingehe, fühlt sich das für mich wie das Untergraben meiner eigenen Bedürfnisse an. Die ich—abgefuckterweise—für wichtiger halte, als die meines Partners. Zumindest im ersten Moment. Ich weiß nicht, ob ich dafür meinen Eltern—die beide ein großes Ego haben und nach langjährigen Streitigkeiten endlich geschieden sind—oder meiner selbstzentrierten Weltsicht danken soll.Lest hier, wie es sich anfühlt, wenn man die Diagnosen Borderline und Epilepsie bekommt.
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Ich suche ein Gegenstück zu meinen Hängern. Das ist kein einfaches Vorhaben, aber es wird sich schon lohnen. Übrigens: Meine beide Ex-Freunde haben auch ihre Poscher. Genau wie alle meine Freundinnen, meine Eltern und so ziemlich alle anderen Menschen, die ich kenne. Ich denke nicht, dass wir eine gemeinsame Generation sind, nur weil "Beziehungsunfähig" das Schlagwort der Stunde zu sein scheint. Wir sind vielleicht Menschen, die eine Beziehung nicht über alles stellen, wie es 1950 noch gang und gäbe war. In der Zeit war es übrigens auch noch die Aufgabe der Frau, die Fehler des männlichen Partners einfach hinzunehmen, weil er immerhin das Geld nachhause brachte.Diese Zeiten sind aber vorbei. Neben Alternativformen von Beziehungen gibt es verschiedenste Variationen von Lebensführungen und -auffassungen. Vielleicht sind wir alle ein bisschen beziehungsunfähig, jeder auf seine Art. Aber das sollte keine Ausrede sein, mit der wir es uns leicht machen. Vielleicht geht es einfach darum, jemanden zu finden, der uns heilt. Oder uns aushält. Bis dahin kann man ja noch immer reflektieren und an sich selbst arbeiten.Fredi auf Twitter: @Schla_WienerinVielleicht sind wir alle ein bisschen beziehungsunfähig, jeder auf seine Art.