Diese Wiener sammeln Fotos von den Abdrücken abmontierter Schilder

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Kultur

Diese Wiener sammeln Fotos von den Abdrücken abmontierter Schilder

Unter dem Namen "Wiener Ghostletters" soll ein Buch über subversive Fassaden entstehen.

Das Sterben des Gassenlokals in Wien ist seit längerem ein Thema, das Planer, Architekten und Grätzlbewohner zu gleichen Teilen beschäftigt, wobei jeder seine ganz eigene Art hat, mit dem Phänomen umzugehen: Architektenkollektive wie die Urbanauts zum Beispiel arbeiten aktiv an der Wiederbelebung der leerstehenden Lokale, indem sie diese als Hotelzimmer vermieten. "Wir sind der Überzeugung, dass die Erdgeschoß-Zone die wichtigste und aktivste Zone des urbanen Lebens ist", erklären die Urbanauts im Interview mit VICE. "Hier bewegen wir uns täglich, in ihr läuft nun mal der Großteil unseres Alltags außerhalb der Wohnung ab. Wenn diese Zone ausstirbt, setzt das eine Bewegung in Gang und sorgt so für ein sukzessives Absterben des gesamten Grätzls."

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Andere wählen einen etwas künstlerischeren Zugang und machen sich daran, dem Sterben der Geschäfte fotografisch nachzuspüren—indem sie abmontierte Firmenschilder früherer Besitzernamen einfangen und zu einem Buch über die sogenannten "Ghostletters" von Wien zusammentragen.

Damit meinen der Grafiker Tom Koch und die Fotografen Daniel Gerersdorfer und Paul Schleicher die Nachbilder, die überall dort entstehen, wo Schriftzüge im öffentlichen Raum demontiert werden und ihre Spuren an den Fassaden und Hauswänden hinterlassen. Zu dritt wollen sie den Wiener Ghostletters nun das europaweit erste Buch zum Thema widmen.

Das Buch entsteht derzeit mit Hilfe der Crowd; Standorte werden über die Facebook-Page des Wien Museums gesucht. Über 300 Fundorte sind schon eingegangen, die 100 interessantesten werden im Juni für das Buch nachfotografiert.

"Ghostletters sind so etwas wie flüchtige Zeitzeugen, die ständig von Rennovierungswut und Malerkübel bedroht sind, sich in manchen Fällen aber trotzdem über viele Jahre hartnäckig im Stadtbild halten und allen Veränderungen trotzen", erklärt Tom Koch. "Da aber immer mehr Beschriftungen digital entstehen und kaum mehr dreidimensionale Schriftzüge hergestellt werden, kann es gut sein, dass Ghostletters in ein paar Jahren vollständig aus dem Stadtbild verschwunden sind."

Hier erfahrt ihr mehr zum Crowdfunding-Projekt. Hier geht es zur Facebook-Seite inklusive weiteren Bildern.

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