Patienten des Schweizer Haus Hadersdorf in Wien haben bereits in der Vergangenheit an dieser Stelle Texte veröffentlicht. Über Vorurteile ihnen gegenüber, über die U6 und Vorwürfe in der Kronen Zeitung, Drogensüchtige würden von der Stadt Wien beschenkt. Nun haben wir gefragt, wie sie Weihnachten verbringen. In den kommenden Tagen erscheinen an dieser Stelle mehrere Texte von und über Menschen, die Weihnachten anders feiern, als man es unter idealen Bedingungen gerne tun würde; im Maßnahmenvollzug, im Frauenhaus oder bei der Weihnachtsschicht als Prostituierte.
Hier erzählen drei Patienten aus dem Schweizer Haus Hadersdorf über ihr Weihnachtsfest. Darüber, was sie von Weihnachten halten und was sie empfinden, wenn sich “draußen” alle auf Weihnachten vorbereiten. Alle drei waren nicht wirklich in festlicher Stimmung, sind sich aber einig, dass das Wichtigste—nicht nur in der Weihnachtszeit—die Familie sein sollte.
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Doch im SHH gibt es viele PatientInnen, die genau das gar nicht haben: eine Familie. Die Feiertage sind für sie ganz normaler Alltag. Oder zumindest so normal, wie Weihnachten ohne Weihnachten eben sein kann. Einige bleiben Weihnachten also auf der Station. Wir wollten von ihnen wissen, wie es ist, den Heiligabend in Therapie zu verbringen. Hier erzählen sie in eigenen Worten.
Martin*, 27
2013 habe ich meine erste Therapie—und auch meine ersten Weihnachten in Therapie—erlebt. Ich war damals am Anton-Proksch-Institut in Mödling und das war auch meine erste Weihnacht, die ich nicht zuhause bei meiner Familie verbracht habe. Ich war noch frisch auf Therapie und in den ersten drei Monaten bekommt man keinen Ausgang. Das hieß für mich, auf der Station bleiben zu müssen.
Ich war ziemlich traurig, muss ich sagen. Aber die Betreuer haben sich Mühe gegeben, das Ganze irgendwie weihnachtlich wirken zu lassen, haben das Haus geschmückt und für ein festliches Abendessen gesorgt. Es gab sogar einen Weihnachtsbaum. Wir haben uns drumherum gesetzt und Lieder gesungen. Dann haben wir uns sogar noch gegenseitig beschenkt und am Ende war das Ganze sogar recht “nett” im Vergleich zu dem, was ich befürchtet hatte. Das ist die Weihnacht, die mir am besten im Gedächtnis geblieben ist.
Ahmad*, 34
Ich bin Moslem. In meiner Kultur gibt es kein Weihnachten und die Feiertage interessieren mich nicht wirklich. Ich war ein bisschen überrascht, dass hier auf der Drogentherapiestation jetzt plötzlich ein Weihnachtsbaum steht. Ich bekomme jetzt viel mit, wie die anderen PatientInnen drüber reden, wie sie Weihnachten verbringen und manche sind schlecht drauf, weil sie nicht bei ihrer Familie sein können. Die, die Ausgang bekommen, fahren eigentlich alle zu ihrer Familie, wenn sie noch eine haben. Für mich ist Weihnachten ein Tag wie jeder andere.
Johannes*, 32
Meine Eltern wohnen im Ausland, deshalb bin ich über die Feiertage in der Therapiestation. Ich habe schon länger kein Weihnachten mehr zuhause verbracht und hoffe, dass die Weihnachtszeit schnell vorbeigeht. Es ist jetzt nicht so schlimm für mich, nicht zuhause zu sein, aber ich mag es nicht, wenn alle um mich herum nur noch über Weihnachten reden. Das ist dann so: “Da gibts eine Party, auf die sich alle freuen aber du bist nicht eingeladen”.