Ich mache derzeit einen Master in Gastronomiewissenschaften. Mit mir studieren lauter von Essen besessene internationale Leute und ich liebe die Weihnachtszeit. Deshalb habe ich vier meiner Kommilitonen aus vier verschiedenen Ländern gebeten, mir ein Weihnachtsessen zu kochen.
Vorspeise: Frankreich Für den ersten Gang unterhielt ich mich mit Paul und Vittoria, zwei Studenten aus zwei unterschiedlichen Teilen Frankreichs, die die gleichen Weihnachtstraditionen feiern.
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Sie erzählten mir, dass es in Frankreich am Weihnachtsabend normalerweise rohen Fisch oder Meeresfrüchte in Form von Austern oder Lachstartare gibt, das vom Fischhändler im Dorf/um die Ecke bestellt wird. Dazu trinkt man Champagner und isst getoastetes Baguette mit französischer, gesalzener Butter und dem besten Räucherlachs.
Der Grund dafür ist, dass sie so wenig Zeit wie möglich in der Küche verbringen wollen. Stattdessen möchten sie das hochwertige Essen und die Zeit mit der Familie genießen und nicht die ganze Zeit damit beschäftigt sein, was gerade im Ofen ist. Diese Franzosen.
Sie bereiteten für mich ein klassisches Lachstartare mit einem Dressing aus Olivenöl, Zitronensaft und Schnittlauch auf Crème fraîche zu. Dank Pauls Verbindung zu Französisch-Polynesien gab er dem ganzen einen besonderen Touch: der Lachs wurde in Kokosmilch und Limette auf Karotten und Mais angerichtet. Die Kombination aus rohem Lachs und Limette mit Kokosmilch ist eigentlich eher für Südostasien typisch. Ich wusste nicht genau, was ich erwarten sollte, war aber vom Gericht überwältigt.
Suppe: Bolivien Von Frankreich ging es nach Südamerika, genauer gesagt nach Bolivien, wo die Familie der New Yorkerin Catherine herkommt.
Sie erklärte mir, dass Weihnachten dort ein ziemlich wichtiges und großes Fest ist. Die ganze Familie kommt zusammen und schlemmt Berge von Essen. Das Gericht, das sie für mich zubereitete, mit all den verschiedenen Zutaten und den verschiedenen Fleischsorten, ist besonders geeignet, um es mit einer großen Gruppe zu teilen.
Sie kochte für mich Picana, eine Mischung aus Eintopf und Suppe. Für das Gericht werden drei verschiedene Fleischsorten verwendet (Rindfleisch, Hühnerfleisch und Lamm) und verschiedenes Gemüse wie Kartoffeln, Zwiebeln, Tomaten, Karotten, Mais und ein paar Rosinen für die Süße.
Alle Zutaten werden in eine dicke, fast schon ramenartige, klebrige, würzige und salzige Brühe eingekocht. Die verschiedenen Aromen passen wunderbar zusammen und am besten schmeckt es, wenn es noch heiß serviert wird, wenn das Fleisch noch dampft und schon durch einen leichten Pikser mit der Gabel auseinanderfällt. Das übrige Essen schmeckte am nächsten Tag super und hat noch intensivere Aromen als davor.
Hauptgericht: Serbien Für unser Hauptgericht des Abends half mir Emma, eine Britin mit serbischen Wurzeln. Ihre Familie feiert sowohl das katholische Weihnachten am 25. Dezember, als auch das orthodoxe am 7. Januar. Obwohl in ihrer Familie die traditionellen britischen Weihnachtsgerichte gekocht werden, gibt es auf dem Tisch immer Platz für serbisches Essen, erzählte sie mir.
Zu diesem Anlass bereitete sie Punjena Paprika zu, eine ganze Paprika mit Reis, Fleisch und Gemüse gefüllt und im Ofen gebacken, so lange bis alles weich ist und die süßen und deftigen Säfte herausrinnen. Der Hauptgeschmack wird vom Paprika und vom süßen, rauchigen Paprikapulver abgegeben, die der Reis-Fleisch-Mischung eine ganz andere Dimension verleihen.
Dessert: Deutschland Um dem Festmahl die Krone aufzusetzen und meine Vorliebe für Süßes zu befriedigen, bat ich Julius und Julie um Hilfe. Sie kommen beide aus Deutschland.
Sie erzählen mir, dass dieses Gericht meistens am Weihnachtsabend gegessen wird und das letzte des Abends ist. Danach hat absolut nichts mehr Platz. Julius hat dieses Gericht schon mit seinem Vater auf einer Berghütte über offenem Feuer zubereitet, über dem die Äpfel runzlig und weich wurden mit einer schönen Zuckerschicht darüber—weihnachtlicher wird’s nicht mehr!
Ihr Gericht ist Bratapfel, ein süßer, gefüllter und gebackener Apfel. Der Apfel wird entkernt und mit einer leckeren Mischung aus Marzipan, Rosinen, Staubzucker, Nüssen und Rum gefüllt. Wenn er im Ofen gebacken wird, saugt der Apfel die ganzen Flüssigkeiten der Füllung auf und schrumpft. Wenn er die perfekte Konsistenz erreicht hat, wird er mit Vanilleeis serviert—das macht doch einfach alles leckerer.
Schöne Feiertage euch allen.