Du willst ein “trendiges” Tattoo? Dann steckst du in einer Zwickmühle. Denn Trends vergehen, aber Tätowierungen bleiben für immer.
Nehmen wir mal ein typisches Tattoo aus den 2000er Jahren: Schwalben auf den Schlüsselbeinen haben dir damals vielleicht bei Tumblr ordentlich Likes und Reblogs eingebracht, aber heute begeistert das Motiv kaum jemanden mehr. Harry Potter-Tätowierungen sind ebenfalls ziemlich schlecht gealtert, das Gleiche gilt für alberne Meme-Tattoos.
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Auch bei VICE: Ich habe mich in einem der schlechtesten Tattoo-Studios tätowieren lassen
Wenn dir dein Tattoo gefällt, ist es natürlich scheißegal, ob es irgendwann nicht mehr im Trend ist. Dennoch ist es mit Sicherheit schon oft vorgekommen, dass Leute eine Tätowierung, die früher mal total cool war, irgendwann bereuen. Aber wie kann man verhindern, selbst in diese Falle zu tappen? Und welche gerade angesagten Tattoo-Motive schreien förmlich danach, in Zukunft total bescheuert zu sein?
Wir haben sechs Tätowiererinnen und Tätowierern gebeten, genau diese Fragen zu beantworten.
Lucie, 24: “Richtig kleine Tattoos und Tattoos mit extrem dünn gestochenen Linien”
Immer mehr Leute wollen richtig kleine Tattoos und welche mit extrem dünn gestochenen Linien. Ich musste schon viele potenzielle Kundinnen und Kunden abweisen, die Motive wollten, die viel zu klein waren und zu viele winzige Details hatten. Das sieht langfristig einfach nicht gut aus, wenn die Tinte sich unter der Haut verteilt. Das lässt sich nämlich nicht vermeiden.
Mir ist aufgefallen, dass viele Leute sich Sachen wie Schlangen, Drachen, Schmetterlinge, Sonnen oder Monde stechen lassen wollen. Ein weiterer Trend sind Tattoos mit roter Tinte. Die Leute glauben wohl, dass ihre Tätowierung dadurch einzigartig und “edgy” wird. Ich bin mir aber sicher, dass das irgendwann nicht mehr in sein wird. Also irgendwie sehen rote Tattoos schon cool aus, aber schwarze Tinte kommt meiner Meinung nach trotzdem viel sauberer und kräftiger raus.
Aber ganz ehrlich, selbst wenn die von mir erwähnten Tattoos irgendwann nicht mehr cool sein sollten, ist das vollkommen egal. Wenn dir etwas gefällt und du es unbedingt haben willst, dann mach es einfach.
Ben, 28: “Blackwork könnte ein Verfallsdatum haben”
Ich würde sagen, dass 50 Prozent meiner Kundschaft aus Studierenden besteht – also junge Erwachsene, die mit ihrem Style noch herumexperimentieren. Das finde ich super. Aber dann lassen sich hier Leute tätowieren, die sich total alternativ fühlen und das durch die Tattoos auch ausdrücken wollen. So etwas vergeht schnell. Und während man sich einfach neue Klamotten kaufen oder eine neue Frisur machen lassen kann, wird man die Tätowierungen nicht so schnell wieder los. Einige Tattoo-Stile wie Traditional werden für immer bestehen, aber andere Sachen wie Blackwork – also auffallende Motive mit großen, komplett schwarzen Stellen – könnten ein Verfallsdatum haben.
Einmal habe ich jemandem das Logo von Armitage Shanks gestochen. Das ist ein Unternehmen, das Toiletten und Urinale herstellt. Der Typ wollte das Tattoo mitten auf seinen unteren Rücken. Ich habe nicht weiter nachgefragt, und er konnte es kaum abwarten. War ja auch kein anstößiges Motiv, warum also nicht? Ob er das Ganze in zehn Jahren bereut? Wir werden es sehen.
Jemima, 23: “Kitschige ACAB-Tattoos”
Ich habe schon mehrere weiße Menschen aus der Oberschicht gesehen, die sich kitschige ACAB-Tattoos stechen ließen. Da bekomme ich schnell Bauchschmerzen. Ich frage mich dann immer, was sie dazu motiviert. Was tun sie, um diese Message zu unterstützen? Glauben sie wirklich daran? Und interessieren sie sich wirklich für die Arbeiterklasse und alle anderen Communitys, die unter der Polizei als Institution leiden?
Um ehrlich zu sein, ich denke nicht oft darüber nach, welche Tattoo-Motive irgendwann nicht mehr cool sein könnten. Man soll sich einfach das stechen lassen, was einem gefällt. Wenn ich nicht direkt davon betroffen bin, geht mich das auch nichts an.
Amy, 22: “Auf jeden Fall Gesichtstattoos”
Der erste Tattoo-Trend, der mir einfällt, ist das eigene Geburtsjahr in einer typischen Old-English-Schriftart. Das ist gerade total angesagt und wird irgendwann nicht mehr cool sein. Dafür gibt es keinen bestimmten Grund. Es läuft bei Tattoos manchmal einfach wie bei Fast Fashion, da werden Motive schnell kitschig und altbacken.
Ein anderes Beispiel sind auf jeden Fall Gesichtstattoos. Seit Rapper wie Post Malone oder Lil Peep so berühmt geworden sind, ist das ein krasser Trend. Leider klinge ich jetzt wie eine besorgte Mutter, aber für viele ist das doch nur eine Art zu “rebellieren”. Was ebenfalls irgendwann nicht mehr cool sein wird, sind Tattoos von Memes und jeglichen trendigen Ausdrücken. Das wird man auf jeden Fall bereuen.
Samalandra, 31: “Uhren und Rosen”
Aktuell wollen viele Motive mit Uhren, Rosen, Engeln und Wolken. Minimalistische Tattoos sind seit zwei Jahren ebenfalls sehr beliebt – dann mit Motiven wie Monden, Sternen, Punkten, Pfeilen, astrologischen Symbolen, den Initialen von geliebten Personen oder Koordinaten von besonderen Orten. Die werden normalerweise mit schwarzer Tinte gestochen, zum Beispiel hinters Ohr, seitlich auf die Rippen oder auf die Finger oder Zehen.
Solche Designs kommen und gehen. Sobald sich ein Promi ein neues Tattoo stechen lässt, wird dieses Motiv sehr wahrscheinlich auch zum Trend. Dann kommen die Kunden oft mit einem Fotos des Promis als Vorlage an. Ich finde, man sollte Trends ignorieren und lieber darüber nachdenken, was einem selbst wichtig ist. Dann sollte man sich über verschiedene Tattoo-Stile informieren und sich anschließend ein persönliches Motiv anfertigen lassen. Selbst wenn es sich um ein gerade angesagtes Motiv handelt, kann man sowas schnell mit einem persönlichen Twist einzigartig machen.
Bea, 23: “Schmetterlinge und Tribal-Motive”
Aktuelle Tattoo-Trends hängen immer irgendwie mit der derzeitigen Fashion zusammen. Die 90er und 2000er Jahre sind gerade wieder angesagt, das merken wir auch bei den Tätowierungen. Ich habe in letzter Zeit viele Schmetterlinge, Tribals, Arschgeweihe, Stacheldraht-Motive und das ganze andere gute Zeug aus den 90ern gestochen.
Ich finde, dass wir uns heutzutage viel weniger ernst nehmen. Deswegen glaube ich auch nicht, dass man solche Tattoos irgendwann bereuen wird. Wenn man krampfhaft versucht, einem Tattoo irgendeine Bedeutung zuzuschreiben, dann steht man am Ende nur mit einer Tätowierung da, die man vielleicht gar nicht so sehr gewollt hat.