Das Streetstyle-Foto von Antti Salonen, das das „Techno Interests Me”-Meme inspiriert hat (Foto mit Genehmigung von Liisa Jokinen)
Wenn du elektronische Musik magst und Zeit im Internet verbringst (Ich weiß, dass beides zutrifft.), dann bist du sicherlich schon über das beliebte „Techno Interests Me”-Meme gestolpert. Es ist vom „I Wish I Was At Home Playing Video Games“-Sub-Meme des beliebten „Feels Guy” abgeleitet und basiert auf einem Charakter, der bei einer Party in der Ecke steht und dem einige Gedanken zugeschrieben werden. Gedanken, in denen er andere verurteilt, frauenfeindliche Kommentare von sich gibt oder aber, wie im Fall von „Techno Interests Me” und dessen Adaptionen, seinen elitären Musikgeschmack zum Ausdruck bringt. Das hier ist die Geschichte hinter dem Meme:
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Zunächst, der Grund, warum „Techno Interests Me” auch einige Jahre nachdem es zum ersten Mal im Netz auftauchte noch so beliebt ist? Es macht sich über musikalischen Elitismus lustig macht und gleichzeitig ziemlich zutreffend ist. Wie oft warst du schon auf einer langweiligen WG-Party und hast dir gewünscht, dass dich stattdessen die Funktion One des Berghain durchschüttelt. Oder hast die neue Andy-Stott-Platte zerpflückt? Oder Gesaffelstein abgehatet?
OK, vielleicht beschreibt das eine sehr pedantische, angeberische Art des Technohörers, die du nicht jeden Tag triffst. Aber das Meme ist wirklich zutreffend und spricht das Beste und Schlechteste in uns Techno-Heads an. Und es ist verdammt witzig.
Die Geschichte von „Techno Interests Me” begann vor beinahe fünf Jahren, als die Streetstyle-Fotografin Liisa Jokinen im Zentrum von Helsinki einen Mann in Schwarz traf. Liisa erinnert sich an den Tag, an dem sie das Foto machte, und sagte uns per Mail: „Ich glaube, es war an einem Samstag. Einer dieser grauen und kalten Tage im Herbst. Ich hatte Angst, dass er Nein sagt, als ich nach einem Foto fragte. Viele Leute, die nur schwarz tragen, machen das, ist mir aufgefallen. Anschließend wurden wir Facebook-Freunde. Ich mag, dass er über die Jahre der Gleiche geblieben ist.”
Für ihren Blog Hel-Looks (mittlerweile betreibt Liisa den gleichen Streetstyle-Blog aus San Francisco mit dem Namen SF-Looks), befragt sie Leute zu ihren Interessen oder zu den Inspirationen hinter ihren Outfits. Als sie Antti Salonen (sic) an diesem Oktobertag traf, bekam sie nur eine simple Zeile:
„Techno interests me.”
Im Internetzeitalter kann jeder Content, selbst so etwas Harmloses wie ein Streetstyle-Foto, eine ahnungslose Person zu Internet-Pseudo-Prominenz machen. In manchen Fällen, wie beim Techno Viking oder Scumbag Steve, haben diese Personen aufgrund der Verletzung von Persönlichkeitsrechten rechtliche Schritte unternommen. Ich war mehr als neugierig, zu erfahren, wie Antti auf das Meme reagiert hat, als er es zum ersten Mal sah, und wie es sein Leben—zum Besseren oder Schlechteren—verändert hat. Wünscht er sich, es nie wieder zu sehen? Oder mag er seine neue Identität?
Im Skype-Interview wirkte Antti ausgeglichen, bodenständig und „normal”. Er ist 29, hat tagsüber einen normalen Bürojob und legt am Wochenende auf. Er veranstaltet eine eigene Party (die aufgrund der Beliebtheit des Memes mittlerweile „Techno Interests Me” heißt) und hängt im Kaiku ab, Helsinkis angesagtem Club. Antti hat sogar einen Vinyl-Only-Mix für uns aufgenommen, der seine Liebe für düsteren Industrial- und Acid-Techno zeigt. Den Mix kannst du dir unten anhören, darunter findest du unser Gespräch, in dem er erzählt, wie es ist, zu einem Meme zu werden und über die aufstrebende Elektro-Szene der finnischen Hauptstadt berichtet.
THUMP: Als Erstes die offensichtliche Frage: Interessiert dich Techno?
Antti Salonen: Mehr als alles andere, schätze ich.
Ich weiß nur wenig über die Geschichte hinter dem Foto und die Geschichte des Memes. Wo hat das für dich alles angefangen?
Ich war im Zentrum von Helsinki unterwegs und telefonierte mit meinem Freund. Und Liisa [Jokinen], die Fotografin für Hel-Looks, hielt mich an und fragte, ob sie ein Foto machen könne. Ich sagte: „OK, machen wir es.” Ich kannte den Blog natürlich schon, denn er ist in Finnland, in Helsinki, aber auch im Ausland sehr bekannt. Also wusste ich sehr genau, was passieren würde, da dutzende Freunde von mir bereits von ihr angehalten wurden.
Sie macht also das Foto und fragt dann nach einem Zitat.
Nach dem Foto hat sie mir ein paar Fragen gestellt, die sie allen stellt. Zum Beispiel: „Was trägst du? Was inspiriert dich?”, und so weiter. Normale Fragen. Ich denke, ich war nicht wirklich in der Stimmung, diese Fragen zu beantworten. Also sagte sie: „Wir müssen nichts schreiben, es kann auch nur dein Name und Alter sein, das reicht”. Dann kam mir diese Idee—nehmen wir einfach: „Techno interests me”. Es war mit einem Augenzwinkern gemeint und ich wusste, dass meine Freunde darüber lachen würden. Liisa sagte: „OK, ja, das ist perfekt!”, also blieb es dort.
Was passierte als Nächstes?
Ich denke, die meisten meiner Freunde waren überrascht [als sie es sahen] und haben über das Zitat gelacht. Aber es war trotzdem nur ein Foto zwischen hunderten anderen, also war es damals keine große Sache. Erst als das Meme auftauchte, wurde es eine viel größere Sache.
Wie lange dauerte es, bis du über das Meme gestolpert bist?
Ich habe es vielleicht vor eineinhalb Jahren gesehen, Anfang 2015.
Erinnerst du dich, in welchem Kontext du das Bild zum ersten Mal sahst?
Ich glaube, ein Freund hat es bei Facebook gepostet und ich habe es dort gesehen. Dann haben es auf einmal alle geteilt.
Wusstest du sofort, dass du es bist?
Ja, es war sehr offensichtlich, dass ich es war, weil ich es an der Silhouette des Typen sehen konnte, die vom Original übernommen wurde. Außerdem ist das erste Zitat oben links „Techno interests me”, also dachte ich: „Ja, es ist offensichtlich, dass ich es bin.”
Wie hast du reagiert?
Ich habe gelacht, auf jeden Fall. Ich konnte es nicht glauben. Ich fand es lustig, mit den anderen Zitaten und Sätzen. Ich hatte hier in Helsinki schon den Ruf als Techno-Typ. Die meisten Leute, die ausgehen, auch viele der älteren DJs, nannten mich schon seit Längerem „Techno Antti”. Es passte also zu dem Image, das ich schon hatte. Ich hatte zu der Zeit kein schlechtes Gefühl deswegen. Und das habe ich immer noch nicht, es ist nichts Schlimmes daran.
Ich will ein paar der Aussagen aus dem Meme mit dir durchgehen. Die erste ist: „>tfw spent all my life saving$ on a Basic Channel dubplate / Pretty sure I can re-sell it on Discogs later on.” Was ist dein Lieblingssong/deine Lieblingsplatte von Basic Channel?
Basic Channel mag ich natürlich sehr gerne und ich habe viele Platten von ihnen, von all ihren Erscheinungsformen. Der Track, den ich wahrscheinlich am meisten spiele, ist ihr Remix von Vainqueurs „Lyot”. Er erschien auf dem Maurizio Label. Es war die zweite Veröffentlichung des Labels. Es ist eine der Platten von ihnen, die ich am meisten gehört habe.
Und was denkst du über Discogs und Platten, die für exorbitante Preise weiterverkauft werden sowie den derzeitigen Wahn extrem limitierter Platten? Bist du ein Discogs-User?
Ja, definitiv. Ich nutze es täglich und es ist wie meine Bibel. Natürlich denke ich über diese Verkäufe bei Discogs nach. Es ist in gewisser Weise eine Schande, aber ich denke auch, dass es in der menschlichen Natur liegt, dass die Leute versuchen, Gewinn zu erzielen, wann immer es möglich ist. Und was das Problem mit neuen Veröffentlichungen angeht, so denke ich, dass Labels ihre Platten immer wieder nachpressen sollten. Das ist das, was Basic Channel immer gemacht haben. All ihre Platten sind immer lieferbar und so sollte es sein. Wenn die Musik gut genug ist, dann verkauft sie sich beständig. Ich finde es sehr schön, limitierte Pressungen zu machen, da es immer die Möglichkeit gibt, mehr zu pressen. Manchmal ist es bei sehr kleinen Indie-Labels nicht möglich, weil die Leute dahinter kein Geld für eine Nachpressung haben oder so. Aber diese neuen Labels, die schon vor Veröffentlichung der Platte sagen, dass eine limitierte Auflage ohne Repress sein wird, das finde ich nicht sehr vernünftig.
Wie sieht es mit Gesaffelstein aus? Was hältst du von ihm und seiner Musik?
Ich halte es für kommerzielle Musik. Wahrscheinlich finden es einige Leute sehr gut, aber es ist nicht mein Ding. Ich höre seine Musik nicht wirklich und ich interessiere mich nicht sonderlich für ihn. In seinem eigenen Kontext ist es vielleicht OK, aber es ist nicht mein Ding. Ich habe nicht wirklich eine Meinung.
Und was ist mit Andy Stott? Er hat eine neue Platte draußen. Hast du eine Meinung zu seiner Musik?
Ich habe mir ein paar Clips seiner neuen Tracks angehört—es ist auch nicht wirklich mein Ding. Auf der neuen sind ein paar nette Tracks. Es ist eher etwas zum Zuhause hören und nach dem Reinhören mochte ich es nicht so gerne wie einige seiner anderen Platten, die er in den letzten Jahren herausgebracht hat. Ich mag seine Musik aus der Zeit, bevor er langsam wurde, lieber. Früher hat er schnellere Platten gemacht. 2009 hat er gute Sachen veröffentlicht. Ich höre ihn nicht mehr viel.
Was hältst du von Plastikman/Richie Hawtin?
Ich mag seine Musik aus den frühen 90ern wirklich sehr. Besonders die Musik, die er damals unter verschiedenen Namen veröffentlicht hat. Ich denke, FUSE und Circuit Breaker sind sehr gut und sie haben so viele gute Sachen. Wenn ich eine auswählen müsste, dann wäre es Circuit Breakers „Trac-K” von 1992, der auf Probe veröffentlicht wurde. Der ist sehr gut. Er ist ziemlich schnell, aber ich mag es. Auf dem neuen Album, was er gerade veröffentlicht hat, From My Mind to Yours, gibt es einen Track, den ich mag, er ist fast wie alte Sachen von Richie Hawtin. Ich glaube, es war auch als Circuit Breaker. Er heißt „Systematic”. Das ist fast wie etwas, das er früher gemacht hat. Seine alten Tracks sind besser.
Meine nächste Frage zielt auf die Zeile „Ich wünschte, ich wäre im Berghain” ab. Warst du schonmal dort?
Ich war schon oft dort. Das erste Mal im Januar 2010 bei der Substance Party. Scuba hat die Substance Partys früher viermal im Jahr veranstaltet. Es war freitags und die Panorama Bar war wegen Renovierungsarbeiten geschlossen, also bin ich dort gar nicht gewesen. Ich war am Freitag da und dann bin ich am Sonntag wieder hin. Es war wichtiger für mich, Marcel Dettmann und Delta Funktionen am gleichen Wochenende zu sehen. Ich fliege zwei oder drei Mal im Jahr nach Berlin. Und seit 2010 gab es kein Mal, an dem ich nicht mindestens einmal pro Wochenende im Berghain war. Ich war also schon unzählige Male dort. Auch wenn es ein Klischee ist, es ist irgendwie mein Lieblingsclub. Manchmal gibt es Veranstaltungen, die ich nicht so sehr mag, aber ich denke, es ist fast garantiert, dass du dort beinahe jedes Wochenende eine gute Zeit hast.
Du hast erwähnt, dass du DJ bist und dass deine Freunde dich sogar „Techno Antti” nennen. Hast du die Identität deines Memes angenommen und hat es deiner DJ-Karriere geholfen?
Ich habe nicht viel darüber nachgedacht. Ich denke, wenn Freunde von mir sich mit jemandem unterhalten und „Techno Antti” sagen, dann wissen sie meistens sofort, dass ich es bin. Aber ich bin nicht sicher, ob es in Helsinki verbreitet ist, zu sagen, dass ich der „Techno Interests Me”-Typ bin, weil alle hier in der Szene mich bereits kennen.
Ich weiß nicht, wie es im Ausland ist. Ich habe über die Identität nicht sonderlich viel nachgedacht. Aber seit letztem Frühling veranstalte ich meine eigenen Partys im [Club] Kuudes Linja. Wir haben das alle zwei Monate gemacht dieses Jahr. Ich habe mit dem Promoter darüber nachgedacht, dass wir diese ironische Sache machen könnten, nach dem Motto: „Hey, es gibt dieses Meme, warum sollten wir es nicht nutzen?” Also haben wir das Meme-Foto als Coverfoto für das Event benutzt. Ich habe das Meme nur auf diese Weise genutzt. Und es läuft ziemlich gut. Wir haben ein gutes Publikum und ich habe dort die totale Kontrolle über die Musik, es war also toll in dieser Hinsicht.
Gibt es andere Partys, Crews oder Labels in Helsinki, die coole Sachen machen und von denen wir wissen sollten?
Was Musik angeht, ist [Helsinki] im Moment sehr interessant. Es gibt ein Kollektiv von ein paar jungen Leuten namens VAIN. Sie machen wirklich gute Musik, aber sie haben noch nichts auf Vinyl veröffentlicht. Sie veranstalten ein paar Partys im kleineren Raum des Kaiku und in anderen Läden, hauptsächlich Livesets und ein paar DJ-Sets. Was Producer angeht, mag ich Xinloi sehr gerne. Er ist ein guter Freund von mir und ich produziere ein wenig mit ihm, wir haben gerade einfach Spaß dabei. Mal sehen, ob wir irgendwann was rausbringen.
Deep Space Helsinki sind zwei Typen, Samuli Kemppi und Juho Kusti, und sie haben mich recht stark beeinflusst, als ich anfing, Techno[-platten] zu kaufen. Es sind gute Freunde von mir. Und sie machen auch Partys mit dem Namen Deep Space Helsinki im Kuudes Linja. Sie haben auch ihr eigenes Label.
Es gibt auch ein paar andere kleinere Labels, die in den letzten paar Jahren angefangen haben, aber sie sind noch ganz am Anfang. Aber es passieren viele Dinge und es gibt viele Underground-Partys. Einige von ihnen sind besser, andere schlechter. Aber die Szene ist sehr lebendig. Verglichen mit der Größe unserer Stadt, die nur 600.000 Einwohner hat, ist die Szene sehr gut. Die Leute kennen sich gut mit elektronischer Musik aus, sie sind daran interessiert, unterschiedliche Dinge zu sehen, und sie sind offen dafür, wenn DJs etwas komplexere Sachen spielen. Die Leute erwarten so etwas. Ich denke, die meisten ausländischen DJs und Liveacts sind positiv überrascht, wenn sie nach Helsinki kommen. Sie mögen die Atmosphäre hier und die Anlagen in den Clubs sind ziemlich gut. Was Musik angeht, ist es im Moment also ein guter Ort.
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