Klar, wir verstehen das, liebe Werbeagenturen. Ihr reißt euch ständig ein bis zwei Beine aus, um in Sachen Popkultur und Weltgeschehen auf dem allerneusten Stand zu sein. Nachdem ich selbst ein Stelldichein mit der Branche hatte, weiß ich auch, dass eure kreativen Köpfe gerne mal vier Nächte am Stück auf einer unbequemen Bürocouch nächtigen, um sich bahnbrechende Ideen aus dem Hirn zu ziehen. Aber Schlafentzug und kreativer Stress sind keine Entschuldigung für den kulturellen Fehltritt, den sich Absolut Vodka geleistet hat.
Nachdem die Bevölkerung Südkoreas sechs Wochen lang immer wieder auf die Straße gegangen war, wurde schließlich am 9. Dezember ein Amtsenthebungsverfahren gegen die äußerst unbeliebte Präsidentin Park Geun Hye eingeleitet. (Laut Time war ihr Rückhalt in der Bevölkerung da schon auf vernichtende vier Prozent gefallen.) In den Wochen davor protestierten bis zu 1,5 Millionen Menschen auf den Straßen von Seoul. Die Bürger forderten ein Ende der von Korruption und Skandalen durchzogenen Präsidentschaft Parks. In unendlicher Weitsicht und mit großem Feingefühl für internationale Angelegenheiten würdigte Absolut dieses Geschehen mit einer Werbung, die ein langzeitbelichtetes Bild von kerzentragenden Demonstranten in der unverkennbaren Form seiner Wodkaflasche zeigt, dazu die Worte: „ABSOLUT KOREA: The Future is Yours to Create.”
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Die schwedische Wodkamarke postete das Bild auf seiner Facebook-Seite, während das Kreativteam wahrscheinlich die Füße hochlegte und darauf wartete, mit Preisen überhäuft zu werden. Ganz so kam es dann aber nicht. In Südkorea reagierte man größtenteils mit Enttäuschung und Wut darauf, dass die Protestbewegung in eine Wodkawerbung verwandelt worden war.
„Hätte Absolut Vodka die Mahnwachen finanziell unterstützt, wäre es vielleicht etwas angemessener erschienen, ihr Image mit einer Message über das Streben der Koreaner nach einer demokratischeren Zukunft zu kombinieren”, zitierte der Korea Herald einen Kommentator. „Aber so ist das einfach nur eine Kommerzialisierung des Fotos und des momentanen politischen Klimas.”
Es ist nicht das erste Mal, dass Absolut beim Versuch, möglichst clevere Werbung zu machen, ein ganzes Land gegen sich aufgebracht hat. Im April 2008 musste sich das Unternehmen für eine Anzeige entschuldigen, die Kalifornien, Texas und andere Südweststaaten der USA als Teil von Mexiko darstellten. Die Werbung war Teil der „In an Absolut World …”-Kampagne, die die Welt nach den Vorstellungen der Wodkamarke zeigte. Das Unternehmen musste damals ein Statement veröffentlich, in dem man bestritt, dass die Werbung „antiamerikanische Ansichten [verbreitet], oder Einwanderungsprobleme reflektiert.”
Auf den Südkorea-Patzer reagierte Absolut übrigens damit, ähm, die Einstellungen des Facebook-Posts so zu verändern, dass niemand anders ihn einbetten kann. Der nächste Schritt? Vielleicht eine Werbung in der Form ihrer Kreativagentur mit den Worten: „Absolut Fail.”