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Wie es ist, das erste Livecam-Girl der Virtuellen Realität zu sein

„If it exists, there’s porn of it.” Selbstverständlich trifft die goldene Internet-Regel 34 auch bei der immersivsten aller neuen Technologien zu: Als der erste Hype um Virtual-Reality-Brillen aufkam, dauerte es nicht lange, bis den Menschen klar wurde, dass sich die Technologie auch hervorragend zum Porno-Konsum eigenen würde.

Mit der ersten VR-Live-Porno-Show der Welt hat die Pornodarstellerin Ela Darling die Verschmelzung von Virtueller Realität und Pornographie vergangene Woche nun weiter vorangetrieben. Ela arbeitet als Pionierin fleißig an einer Zukunft, in der wir Orgasmen mit einer Oculus Rift auf dem Kopf genießen: Sie betreibt zusammen mit dem Entwickler James Ashfield die Firma VRtube, hat bereits VR-Pornos gedreht, das erste VR-Porno-Videospiel auf den Markt gebracht, und fungiert als Produzentin und Hauptdarstellerin ihrer neuen VR-Live-Show. Ihre Firma bietet außerdem interaktive 3D-Hologramme an, die es dem User erlauben, mit der Pornodarstellerin zu „spielen”—die technischen Möglichkeiten sind für sie also nahezu unendlich.

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Ich habe mich mit Ela getroffen, um über die neuen Formen der Live-Cams zu sprechen, über die Bedeutung der Pornobranche für den technischen Fortschritt und darüber, was die großen Firmen über die Verschmelzung von Porno und Virtual Reality denken.

„Ob die Leute es zugeben wollen oder nicht: Sich einen runterholen zu können, ist ein wichtiger Teil des Fortschritts neuer Technologien.”

Motherboard: Du arbeitest seit sechs Jahren in der Pornobranche. Wann bist du mit Virtual Reality in Kontakt gekommen?

Ela Darling: Ich hatte im Frühjahr auf Reddit einen Post von einem Typen entdeckt, der jemanden mit Erfahrung aus der Pornobranche suchte, um einen Virtual-Reality-Porno zu machen. Ich fand das total spannend, also schrieb ich ihm und sie luden mich zu einem Dreh an der Ostküste ein.

Als ich da ankam, stellte sich heraus, dass die Typen gerade mal 20 Jahre alt waren. Ich wollte ihn erst nach ihrem Ausweis fragen, weil sie alle wie Kinder aussahen. Ab er ist ein verdammtes Genie. Er hatte die komplette Software in nur einem Monat programmiert. Unerwarteterweise drehten wir dann einfach in seinem Schlafzimmer.

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Was hat dich dazu gebracht, dich eingehender mit Virtual Reality zu beschäftigen?

Porno ist meine Lebensgrundlage, es bedeutet alles für mich. Wenn ich auf aufstrebende neue Technologien stoße, stelle ich mir sofort die Frage: „Wie kann ich das benutzen, um zu ficken? Wie kann ich damit ficken und wie können mir andere Leute dabei zusehen?”

Die Situation in der Pornoindustrie ist seit Jahren schlecht. Für die meisten sind es schlimme Zeiten. Ich sehe Virtual Reality als eine Möglichkeit, mich mit einer neuen Form des Pornos und einer neuen Form der Pornoproduktion zu beschäftigen.

Ela Darling in der ersten VR-Livecam-Show (Foto: Imgur)

Wie unterscheidet sich ein VR-Porno von einem traditionellen Porno?

Es ist wie bei Theater und Fernsehen. Als man damals anfänglich Theaterstücke im TV übertrug, funktionierte das nicht. Man brauchte andere Kameraperspektiven, andere Erzähltechniken etc. Genau so ist es bei Porno und VR. Viele Techniken und Ansätze des herkömmlichen Pornofilms funktionieren für VR einfach gar nicht. In der virtuellen Realität gibt es genau eine Perspektive anstatt verschiedener Kamerablickwinkel wie Weitwinkel oder Close-up. Stell dir eine Close-up-Einstellung einer [sexuellen] Penetration auf der Oculus Rift vor. Sie wäre gigantisch und würde dein komplettes Sichtfeld einnehmen.

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Was bedeutet das für die Produktion?

Die virtuelle Realität sollte sich so anfühlen, als wärst du direkt vor Ort. Stell dir vor, du beobachtest das echte Leben. Man bräuchte überwältigend viele Kameraperspektiven. Wir benutzen deshalb eine Microsoft Kinect, die über eine Infrarotkamera eine Punktwolke kreiert. Im Grunde genommen sendet die Kamera Infrarotpunkte, die anhand deiner Distanz zu den Punkten ermitteln, wo du dich im Raum befindest.

Schnitt und Überarbeitung sind in der VR ebenfalls deutlich erschwert. Denk an die ganzen Jump-Cuts, die man für YouTube-Clips macht. Solche Sprünge kannst du auf der Oculus Rift nicht machen, das wäre ziemlich unheimlich. Schnitte sind so gut wie unmöglich, da jemand, der eine Oculus Rift aufhat, alles so wahrnimmt, als würde es im echten Leben passieren.

Wenn also die Darstellerin was versaut, indem sie mitten in der Szene ihren echten Namen sagt oder so, müssen wir komplett von vorne anfangen, weil wir die Szene nicht einfach rausschneiden können. Es würde sonst wie ein Störeffekt in der Matrix wirken.

Ela Darling in der ersten VR-Livecam-Show (Foto: Imgur)

Was unterscheidet den Dreh eines VR-Pornos von der Produktion für die Live-Cam? Ist das Posieren vor VR-Cams anders als vor gewöhnlichen Livecams zu stehen?

Aus Sicht der Darstellerin ist es nicht sehr anders. Bei den VR-Cams wird stereoskopisch gefilmt, das heißt, es laufen zwei Kameras gleichzeitig. Ich muss mich also so positionieren, dass mich beide einfangen können und aufpassen, dass meine Arme oder Beine nicht aus dem Bild herausfallen, sonst würde ich auf der Oculus Rift merkwürdig amputiert aussehen. Ansonsten ist alles der normalen Livecam sehr ähnlich.

Es gibt Leute, die gerade daran arbeiten, die Microsoft Kinect, die im VR-Porno zum Einsatz kommt, auch für Livestreams zu nutzen. Zur Zeit ist das aber noch nicht möglich. Mein Partner hat deshalb aus verschiedenen Standard-Produkten und ein paar Kamerasensoren mit Hilfe einer Bohrmaschine eine 3D-Kamaera gebaut. Sie liefert nicht gerade holografische Bilder, aber kommt dem schon sehr nahe. Die Zuschauer sehen mich dann vor einem Greenscreen und nicht in dem Raum, in dem ich eigentlich bin.

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Für die Leute ist es viel immersiver als mit einer herkömmlichen 2D-Kamera. Sie fühlen sich, als wären sie im selben Raum wie ich. Wenn ich also in die Kamera blicke, denken Sie, ich würde sie direkt angucken. Einige Leute sind schon erschrocken einen Schritt zurückgesprungen, als ich meinen Fuß in Richtung Kamera gestreckt habe, weil ihr Gehirn es so wahrnahm, als würde ich sie treten.

Foto: Wilferd Guenthoer

Du hast letztens Palmer Luckey, den Erfinder der Oculus Rift, getroffen. Was denken er und seine Entwickler über VR-Pornos?

Ja, ich habe ihn vor ein paar Monaten auf der Silicon Valley Virtual Reality Konferenz getroffen. Er saß gemeinsam mit einigen hohen Tieren aus der Virtual-Reality-Szene und von Google und Samsung auf einem Panel zusammen. Als der Moderator auf das Thema Porno zu sprechen kam, schreckten alle schüchtern zurück.

Bei der anschließenden Fragerunde nutzte ich dennoch meine Gelegenheit und fragte: „Hey, es ist ok, wenn es euch unangenehm ist, darüber zu reden. Aber es ist eine Tatsache, dass Virtual Reality auch in der Pornobranche existiert. Und es ist großartig. Also was meint ihr: Wird die VR-Industrie aktiv gegen Pornos vorgehen oder sie passiv tolerieren?”

Für nur fünf US-Dollar bekommt man bei uns ein hohes Niveau an Immersion und Intimität. Das wird die Leute überzeugen, wieder Geld auszugeben.

Die einzige Person, die sich dazu überhaupt äußerte, war Palmer Luckey: „Oculus war schon immer eine offene Plattform und wird das auch bleiben. Das ist sehr wichtig.” In meinen Ohren klingt das fantastisch. So lange sie nicht aktiv gegen Porno vorgehen, wird die Pornographie ihren Weg finden. Und wenn sie ihn nicht findet, wird die Technologie auch nicht voranschreiten.

Nur mal als Beispiel: Wie viele Leute kennst du, die Google Glass benutzen?

Nicht sehr viele.

Siehst du. Google Glass hat Pornos verboten. Aber ob man es jetzt zugeben möchte oder nicht: Die Möglichkeit, sich einen runterholen zu können, ist ein wichtiger Bestandteil beim Einsatz neuer Technologie. Leute kaufen sich Geräte, damit sie konsumieren können, was immer sie möchten. Wenn eine Firma bestimmte Inhalte aus Imagegründen verbannt, signalisiert sie damit, dass das Renommee der Firma wichtiger ist als die Nutzerfreundlichkeit des Produkts.

Welche Bedeutung hat Virtual Reality für die Zukunft des Pornos?

Ich denke, VR ist in der Lage, der Masse eine ganz neue Seite der Pornografie nahezubringen. Es könnte die Branche wirklich nach vorne bringen. Auf die Camshow, die ich letzte Woche gemacht habe, bekam ich fast ausschließlich gutes Feedback. Viele Leute sagten, sie würde niemals Geld für Pornos ausgeben, aber dafür schon. Für nur fünf US-Dollar bekommt man bei uns ein hohes Niveau an Immersion und Intimität. Das wird die Leute überzeugen, wieder Geld auszugeben.