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Wie es ist, ein linker Polizist zu sein

Meine Zeit als Streifenpolizist hat mir bestätigt: Rechts zu sein wird bei der Polizei zumindest toleriert, blöde Sprüche gegenüber Ausländern stehen an der Tagesordnung.
Foto: Florian Voggender

Um die Frage zu beantworten, wie man sich als linker Polizist in Österreich fühlt, muss man sich natürlich zu allererst mit dem Vorurteil, dass die Polizei an sich eher rechts angesiedelt ist, auseinandersetzen. Dazu muss ich vorweg festhalten: Es gibt innerhalb des Wachkörpers durchaus zahlreiche hochengagierte und politisch linksgerichtete Polizisten. Diese sind zwar sicherlich klar in der Minderheit, dennoch war die Polizeigewerkschaft bis zur letzten Wahl mehrheitlich sozialdemokratisch geprägt.

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Seit der Gewerkschaftswahl der Beamten im November 2014 sind die Christgewerkschafter (FCG) mit 38,9 Prozent die stärkste, die Sozialdemokraten (FSG) mit 35,9 Prozent die zweitstärkste und die freiheitliche AUF mit 25,3 Prozent die drittstärkste Fraktion. Wobei man hier erwähnen muss, dass die FCG 1,2 Prozent zulegte, die FSG 6,8 Prozent verlor und die AUF ganze 5,5 Prozentpunkte gewann.

Meine langjährige Berufserfahrung als Streifenpolizist hat mir im Alltag aber eines bestätigt: Rechts zu sein wird bei der Polizei zumindest toleriert, Vorurteile und blöde Sprüche gegenüber Ausländern, Asylwerbern und „Gutmenschen" stehen an der Tagesordnung.

Immer wieder habe ich persönlich Situationen erleben müssen, in denen vorwiegend Ausländer abfällig behandelt wurden. Einmal wurde etwa ein türkischer Mitbürger mit den Worten „Lern zerst Deitsch" wieder von der Dienststelle weggeschickt.

Da stellt man sich natürlich die Frage, warum sich das ein sozial engagierter, aufgeschlossener Mensch überhaupt antut. Meine persönliche Antwort lautet: Um genau solche Situationen, wie eben beschrieben, zu verhindern.

Wenn ein Kollege meint, er müsse einen syrischen Asylwerber anders behandeln als zum Beispiel einen österreichischen FPÖ-Sympathisanten, dann stelle ich klar, wozu wir verpflichtet sind—nämlich neutral, korrekt und vor allem im Rahmen der Gesetze zu handeln. Völlig egal, wer vor uns steht und woher dieser jemand kommt oder wie er oder sie aussieht.

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Mit dieser Einstellung habe ich erreicht, dass—zumindest in meiner Gegenwart—korrekt gearbeitet wird. Das wird im Übrigen auch von vielen Kollegen geschätzt und honoriert. Es ist ja nicht so, dass alle Polizisten rechtsradikale Unmenschen sind. Im Gegenteil, der überwiegende Teil der Kollegenschaft versucht korrekt und vorurteilsfrei zu arbeiten, was wahrlich nicht immer leicht ist.

Das zentrale Problem liegt meines Erachtens darin, dass bei Verhaltensweisen wie im Beispiel oben vielfach weggesehen wird. Und nicht nur das: Von der unmittelbaren Führungsriege werden derartige Vorfälle toleriert, von der mittelbaren negiert. Das verstärkt rechte Tendenzen, die vor einigen Jahren noch undenkbar und tabu gewesen wären.

Damit zusammen hängt ein weiterer Kritikpunkt, den ich direkt selbst mitbekomme: Als offen „Linker" hat man bei der Polizei keine Chance in die Führungsriege vorzudringen. Daraus wird korpsintern auch kein Geheimnis gemacht. Mehr als einmal wurde mir in meiner direkten beruflichen Umgebung klar und deutlich gesagt, dass ich als deklarierter und politisch aktiver Sozialdemokrat keine Chance auf einen beruflichen Aufstieg habe.

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Das Resultat ist, dass bei Planstellenbesetzungen regelmäßig politische Liebkinder an Positionen gesetzt werden, an denen sie eigentlich nichts verloren haben. Was zur Folge hat, dass mittlerweile an vielen Stellen völlig überforderte und unfähige Führungskräfte das Sagen haben—und wir alle durften ja in den letzten Wochen und Monaten Zeuge davon werden, wie sich das Innenministerium mit einer Ziel- und Planlosigkeit präsentierte, die seinesgleichen sucht. Mittlerweile wurde diese offensichtliche Benachteiligung im Personalmanagement auch mehrfach gerichtlich bestätigt. Dennoch ist keine Besserung in Sicht.

Derartige Nachteile und Schikanen, die bis hin zum Mobbing auf Grund einer politischen Gesinnung innerhalb der Bundespolizei, die eigentlich dazu da ist, für die Einhaltung der Menschenrechte zu sorgen, ist der eigentliche Wahnsinn, der als Nährboden für rechtes Gedankengut dient.

Ich selbst habe stark den Eindruck, dass dies ganz gezielt in diese Richtung gesteuert wird. Leute wie mich wird es in der Polizei bald nicht mehr geben, wenn es so weiterläuft wie jetzt. Und eine Staatsgewalt, die alleine in der Hand der Rechten liegt, will ich mir lieber nicht vorstellen.


Titelfoto: Florian Voggeneder