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Aufs Nova Rock zu fahren, war eine spontane Idee und ich hätte mir eigentlich auch nicht erwartet, dass sich diese so leicht umsetzen lässt. “Würdest du mit mir aufs Nova fahren?”, frage ich meine beste Freundin und ihre Bejahung sollte mir mal wieder beweisen, welche Konsequenzen das Feiern bringen kann, wenn man schon aufwärts der 20 ist.
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Natürlich mussten wir genau dieses Mal mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufs Nova fahren und haben zur Begeisterung meiner Freundin Sarah, den Zug verpasst. Sie reagierte darauf zum Glück recht gechillt. Wir haben die Sache mit dem Trinken ebenso gleich während der Zugfahrt aufgenommen.
Von da an ging alles recht flockig vonstatten. Der Zug war gemütlich, wir mussten in Ungarn umsteigen und hatten dabei nicht einmal Reisepässe mit (wurden aber auch nicht kontrolliert) und auch der Shuttlebus war – na ja, OK.
Noch immer inkludieren sie die Reinigung nicht in den Ticketpreis
Bei der Bändchenausgabe ist mir auch gleich wieder der Verweis auf den Müllpfand aufgefallen. Mittlerweile ist der Betrag auf satte zehn Euro gestiegen. Fünf Euro für die generelle Reinigung und weitere fünf Euro, die du wieder bekommst, wenn du ihnen ein halbwegs volles Müllsackerl ablieferst. Das hat mich an damals zurückversetzt, wo ich mit kaum Geld in der Tasche angereist bin und mein letztes Geld dafür hergeben musste. Warum inkludieren sie diese zehn Euro nicht gleich im Ticketpreis? Denn die Tickets kann man sich immerhin zu Anlässen schenken lassen – ich denke hierbei nur an unsere unschuldige und arme Jugend. Dass Saubermachen Geld kostet und wichtig ist, steht hier nicht zur Debatte.
Lebensgefühl auf dem Nova Rock
Auch das Aufbauen der Bleibe hat sich nach zehn Jahren Entwicklung und Fortschritt um einiges erleichtert, überhaupt wenn deine beste Freundin sich nicht lumpen lässt und ein Wurfzelt gekauft hat. “Unser” Zelt war auch eines der wenigen, das nicht durch die Luft gewirbelt wurde, weil ich akribisch darauf bestanden habe, alle Haken in die Erde zu hämmern. Auch mein Geistesblitz, das Zelt pro forma mit Müllsäcken vor Regen abzudichten, sollte sich zur späteren Stunde bezahlt machen.
Nach wie vor setzen sie beim Nova Rock auf Dixie-Klos und leider immer noch auf viel zu wenige. Diesmal gab es auch Wasser-WC-Anlagen – allerdings nur eine bei den Duschen und die restlichen direkt am Festivalgelände. Sarah hat mich auch einmal auf ein Komfort-WC um zwei Euro eingeladen – aber der Typ, der bei uns kassiert hat, war alles andere als comforting und ebenso war es um die dreckigen Klos und der wartenden Schlange draußen bestimmt. Ich hatte übrigens meine Periode und deswegen mein Tampon immer im Zelt ausgewechselt, wenn ihr es so genau wissen wollt.
Und ja, es ist scheißkalt in der Nacht, sodass man statt dem Schlaf lieber die Wärme im Partyzelt sucht. Weshalb einem dann auch nur maximal drei Stunden Schlaf vergönnt sind, bis die Sonne aus deinem Zelt eine gottverdammte Sauna macht (während es draußen noch immer zu kalt ist – fragt uns bitte nicht wie, aber es war so).
Die Gastronomie wurde teurer aber dafür auch hinterlistiger
Am Festivalgelände angekommen, musste ich folgendes über mich ergehen lassen: Stets zu zwei verschiedenen Bars gehen zu müssen, um ein Wodka-Soda trinken zu können. Denn die eine Cocktailbar schenkt keine Wodka-Shots aus und die Red Bull-Bar kein Soda (ist aber die einzige Bar, die Wodka in Shot-Form hergibt). Im Endeffekt kann ich nicht genau sagen, was mich mein Lieblingsgetränk gekostet hat. Nachdem die vier Zentiliter Wodka schon stolze acht Euro von meiner Cashless-Karte abgebucht haben, wollte ich auch nicht mehr wissen, was ein halber Liter Soda kostet.
Mit dieser Cashless-Karte ist es einfach, den Überblick zu verlieren, aber zumindest kann dir nichts Gröberes damit passieren, wie etwa mit einer Kreditkarte. Meine Mami hat aus mir allerdings ein schlaues Kind gemacht und so hab ich mir den Plastikbecher immer zum Zelt mitgenommen und ihn brav wieder aufgefüllt.
Die Musik und das umfangreiche EDM-Angebot
Das LineUp selbst war heuer gewiss nicht der Indikator für uns Mädels, dorthin zu fahren. Da wir erst am Freitag eingetroffen sind, waren System of a Down und Knife Party für uns noch die interessantesten Acts. Green Day haben für mich seit ihrem American Idiot-Album den Anreiz verloren und David Hasselhoff stand auch nur aus Jux auf der Agenda.
Auch wenn es schön war, meine Jugendhelden wie System oder die Pre-Techno-Phase mit Knife Party nochmal zu erleben (die übrigens ziemlich Dubstep-lastig waren) – musikalisch hat das Nova Rock meinem Musikgeschmack aber sonst sehr wenig geboten. Dennoch wurden mir an beiden Abenden im Partyzelt die Augen geöffnet.
War das EDM-Zelt wirklich so fein, oder lag es vielleicht an etwas anderem?
Das Partyzelt war der Schauplatz für all die Klassiker à la “No One Knows” von Queens of the Stone Age bis hin zu Rage Against the Machines “Killing In The Name Of” – und alle haben die ganzen Songs ganz stark gefeiert. Die Jüngeren so wie die Älteren. Das hat mich nicht gewundert, denn auch ich fand die Songs nach über zehn Jahren immer noch gut und es war schön, die gesamten Lyrics mit einer Portion Lebenserfahrung wieder über mich ergehen zu lassen. Das Partyzelt war der Beleg dafür, dass jeder einzelne gespielte Song die Berechtigung hat, mit den Größen der letzten Jahrzehnte eingereiht zu werden.
Und auch die EDM-Bühne war ganz witzig, sonst wären wir nicht ständig dort gewesen, um abzugehen – sowie alle anderen auch. Und während es mir immer das Herz gebrochen hat, wenn EDM-Versionen von Nirvana und Co. gespielt wurden, waren die Nova Rocker regelrecht davon entzückt und haben sich sehr gehen lassen, was Sarah und mich wiederum dazu gebracht hat, uns auch sehr gehen zu lassen.
David Hasselhoff
Warum der Hoff auf dem LineUp stand, war vielen Freunden von mir ein Rätsel. Aber scheinbar stand er aus dem selben Grund drauf, warum letztes Jahr Money Boy für eine kurze Zeit drauf stand – aus Spaß. Denn Spaß sei ja auch nichts Verwerfliches und im Gegenteil zu Ex-Why SL Know Plug, ist Hasselhoff für viele dank Knight Rider und Baywatch ohnehin eine kleine Legende, der sich mit seinem selbstironischen Kung Fury-Schauspiel wieder in die Herzen seiner früheren Fans gespielt hat.
Nicht nur David hat sich am Anfang seines Acts etwas unwohl gefühlt, auch dem gesamten Publikum ging es ähnlich. Aber nach einiger Zeit tauten sowohl er, als auch wir auf und es waren zu meiner eigenen Überraschung auch wesentlich mehr Leute bei ihm, als ich mir je hätte träumen lassen.
Das Publikum bleibt nach wie vor das Herz des Festivals
Eines muss man dem Nova Rock lassen: Sein Publikum ist unschlagbar. Ich war schon auf vielen Festivals, verschiedenster Musikrichtungen – doch auf dem Nova Rock ist immer am meisten Party. Während sich das Publikum in anderen Musikszenen zu cool vorkommt oder zu drauf ist, ist es dort freundlich und vor allem mit aller Inbrunst noch etwas albern. Ich kenne kaum Veranstaltungen, auf denen es geduldet wird, ein Riesenkissen oder ein Zelt im Moshpit herumzuwerfen oder -wirbeln und sich niemand darum schert, eine Bierdusche abbekommen zu haben. Hier verlässt man einfach binnen kürzester Zeit seine Komfortzone und beginnt, sich ebenso die eine andere Albernheit zu erlauben, die ganz ohne Einhörner und Glitzer auskommt. Dafür bleibt sie leider immer mit viel Müll über. Und natürlich gibt es auch immer Idioten, wie in diesem Fall.
Mein Fazit
Während man auf die meisten elektronischen Festivals fährt, um dem Alltag zu flüchten, ist das Nova Rock eher so ein Festival, an dem man wieder zurück zu seinen Ursprüngen geht und sich wieder ein bisschen selbst findet, beziehungsweise sich gerne in alten Emotionen suhlen mag. Nur, um eigentlich wieder zu erkennen, dass sich doch irgendwie nichts ändert im Leben und es nur eine Aneinanderreihung von guten und schlechten Zeiten bleibt (danke, John Wick) und dass man zumindest für die guten Zeiten selbst verantwortlich sein kann. Zumindest, wenn man sich dazu entscheidet, spontan aufs Nova Rock zu fahren. Auch wenn man davor schon zu viel getrunken hat.
Bei der Heimreise, als Sarah und ich die 500 Meter lange Schlange vor den Shuttlebussen entdeckt haben, bot sich uns gleich die direkte Wien Heimreise um 15 Euro an. “Das Leben ist keine Schlange, also stell dich nicht so an …” ist von einem Track, den mir Sarah irgendwann in meinem Alk-Delirium vorgespielt hat. Das ist mir im Kopf geblieben und ich glaube, danach lebe ich von jetzt an.
PS: Und nein, wir waren kein einziges Mal duschen.
Hier noch ein paar Weitere Eindrücke vom Festival:
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