A$AP Rockys neue Single ist „Wild for the Night“ featuring Skrillex. Die Leute machen sich schon über den Song lustig, seit vor einer Ewigkeit die Tracklist von Long.Live.A$AP im Internet geleakt ist und die Witze über den begeistert „Me and my nigga Skrillex“-schreienden Rocky sind inzwischen wirklich alt (genau wie die ewigen Verweise auf Rampage the Last Boyscout). Es gibt einfach eine Menge Skepsis angesichts der Zusammenarbeit eines Rappers mit einem Mann, der in erster Linie dafür bekannt ist, dass er vor Legionen von Molly-gefüllten Idioten den Bass droppt. Rockys Cloudrap passt perfekt zu Produzenten wie Clams Casino oder Friendzone und das verschaffte ihm ordentlich Coolness-Punkte. Eigentlich genug, um diesen Dubstep-Crossover nicht „nötig“ zu haben. Stellt euch vor, Mos Def hätte mit Eiffel 65 auf Black On Both Sides zusammengearbeitet—das ist im Grunde das, was wir hier haben.
Diese Woche war Rocky bei Letterman und spielte „Wild for the Night“, zusammen mit Clark Kent, A-Trak und AraabMuzik. Das Video ist ziemlich gut. Rocky sieht in seinem Jackett und den kurzen Hosen aus wie der Angus Young des Rapgames und die renommierte Verstärkung im Hintergrund liefert ehrliche Arbeit an den Turntables und Samplern. DJs werden bei solchen Auftritten oft zur reinen Dekoration, aber die Kräfte, die sich hier entfalten, packen jeden, insbesondere von AraabMuzik, dessen Live-Explosion man sich immer wieder geben kann.
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Skrillex war nicht da und wenn du es nicht wüsstest, wärst du nicht auf die Idee gekommen, dass er den Song produziert hat. Es gibt keinen übertriebenen Bass-Drop, nur schnelle Kicks, Snares und ein paar Jauler in der Hook. Eine sehr gute Erinnerung daran, dass Rap schon seit ein paar Jahren mit Dubstep-Einflüssen bestäubt wird, nur subtiler auf dem Produzenten-Level. Vergleicht einfach mal „Wild“ mit „Y.U. Mad“ von Birdman, Lil Wayne und Nicki Minaj und die Ähnlichkeiten sind unverkennbar.
Das sollte eigentlich niemanden groß überraschen—HipHop und Dubstep wachsen seit Jahren zusammen. Das einzige was euch vermutlich schockt, ist, dass ihr bis jetzt dachtet, Rap wäre „cool“ und Dubstep nicht.
In den Augen der meisten ist Dubstep sogar noch schlimmer als „nicht cool“, weil das, was die Amerikaner unter „Dubstep“ verstehen—Bass-Drops und Roboterfürze von Skrillex, Rusko und ihren Freunden—den definitiv sehr viel cooleren Dubstep von Kode 9, Burial und New York‘s Dub War Party aus dem Amt gedrängt hat. Ich habe Freunde, die ihre Dubstep-Partyreihe einstellen mussten, weil zu viele Pillen-schmeißende, minderjährige Druffies bei ihnen vor der Tür standen und Skrillex hören wollten. Die „Trap“-Bewegung, wenn ihr das so nennen wollt, hat auch nicht geholfen, weil der Shit so klingt als käme er von einer Dubstep-Community, die auf Rap-Beats steht, aber Rappen hasst. Die freizügige Verwendung von Trap-a-holics „Real Trap Shit“ und „Damn Son, Where‘d you find This?“-Drops—größtenteils von Leuten, die nicht wissen, woher sie kamen—lenkt das gesamte Genre in eine fragwürdige „Ironic-Rap“-Richtung. Und dann hat auch noch Pitbull RL Grimes „Trap On Acid“ (einen Trap-Remix von „Pacha On Acid“) für den Song „I‘m Off That“ auf seinem neuen Album gesampelt.
Und nichts ist uncooler als Pitbull!
Ironischerweise haben die coolen Kids ihren eigenen Dance/Rap-Hybrid längst kultiviert. Vorneweg das Glasgower Label LuckyMe, Heimat von Produzenten wie TNGHT, Lunice, Hudson Mohawke, Rustie und Baauer. TNGHT—das Duo aus Lunice und Hudson Mohawke—haben mit ihrer EP im Sommer den ersten Schritt Richtung Superstars gemacht. Kanye hat Hudson Mohawke dieses Wochenende einen Vertrag bei G.O.O.D. Music verschafft. Schon vor mindestens drei Jahren hat Lunice seine Songs über Swag vor Leuten gespielt, die eigentlich dazu tendieren, klugen House und geraden Techno zu hören. Rusties Glass Swords ist ein wunderbares Album, das Trap-Drums mit Sega Saturn Synthies verbindet. Es hat 8.0 Punkte bei Pitchfork bekommen und The Guardian gab ihm den First Album Award, mit der Begründung, dass es „den Status der Musik in 2011 einfangen“ würde. TNGHTs „Higher Ground“ hat die „Best New Music“-Medaille bei Pitchfork bekommen. LuckyMe ist verdammt cool.
Der große Witz daran ist nur, dass das Konzept von „cool“ vollkommen willkürlich ist. Und niemand macht das besser deutlich (wenn man checkt, wer-wen-mag) als Baauer. Er hat mit seinem „Harlem Shake“ den Trap mehr oder weniger erfunden (letztlich auf Diplos Mad Decent Label erschienen) und hat auch ein paar Tracks bei LuckyMe veröffentlicht, aber eben auch mit den Trap-Stars Flosstradamus zusammengearbeitet. Oh, und er war mit keinem geringeren als der zertifizierten HipHop-Legende Just Blaze im Studio. Sie gehen diesen Monat zusammen auf Tour und ihr Track „Higher“ macht gerade wie wild die Runde im Internet.
Viel wichtiger allerdings: Niemand unter, sagen wir mal, 24 Jahren gibt einen Scheiß auf diese ganze Szene-Unterscheidung. Die Genre-Grenzen, die viele von uns als selbstverständlich ansehen, existieren nicht mehr. Was alle Künstler, die ich in diesem Artikel erwähne, gemeinsam haben, ist, dass sie coole Musik machen und ein paar sich überlappende Einflüsse haben. Dubstep und Rap vermischen sich, weil beide sehr angesagte Genres sind, die ästhetisch sehr viel gemeinsam haben.
Hier geht es nicht um EDM, wo die Industrie versucht, langweiligen, vorhersagbaren Brei anzumischen, der als Behelf genutzt wird, um zuverlässig irgendwelche Disneystars an die Spitze der Charts hieven zu können. Hier handelt es sich um eine Gruppe von Leuten, die über Landesgrenzen, Staatsgrenzen und unsichtbare Genregrenzen (die nur für Leute existieren, denen die Laune vergeht, weil die falschen Leute ihre Musik hören) hinweg zusammenarbeiten. Dies ist ein beeindruckender Augenblick für HipHop und Dance Music, und erst Recht für Produzenten und Rapper (und für DJs—DMC-Veteranen tauchen plötzlich überall auf, „Wild for the Night“ wurde co-produziert von den französischen Turntable-Legenden Birdy Nam Nam!). Genießt es.
Skinny Friedman ist bei Twitter – @skinny412
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