Wie sich Bukkake in der Porno-Welt etabliert hat

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Wie sich Bukkake in der Porno-Welt etabliert hat

Mit seiner 'American Bukkake'-Reihe hat der Pornograf Jeff Mike Ende der 90er die japanische Sexualpraktik in der westlichen Welt eingeführt. Für uns hat er sich an diese wilde Zeit zurückerinnert.

Die Jahrtausendwende: die Zeit der Spice Girls, der Euro-Einführung, der Kampagne "Kinder statt Inder" von Roland Koch. Und des Creampies. Es schien, als ob der flächendeckende Internetzugang plötzlich Sextechniken sichtbar machte, die bisher lediglich in den Köpfen der Menschen praktiziert wurden.

Und während ausgefallenere Vorlieben wie etwa der Windel-Fetisch oder Riesinnen-Pornos schnell wieder in den Nischen des Internets verschwanden, bahnte sich Bukkake seinen Weg in die westliche Kultur. Und blieb.

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Der japanische Begriff "Bukkake" bedeutet so viel wie "Der Akt des Bespritzens" und eigentlich verwenden die Japaner den Ausdruck für Nudeln. Häufiger bezeichnet man damit jedoch eine sexuelle Handlung, bei der mehrere Männer um eine Frau herumstehen, sich einen runterholen und dann auf das Gesicht der Frau ejakulieren.

Auf vielen Porno-Seiten wird behauptet, dass Bukkake im mittelalterlichen Japan ein Ritual war, bei dem ehebrecherische Frauen gedemütigt werden sollten. Das passt auch zu der allgemeinen Ansicht, dass es in Bukkake-Videos vor allem darum geht, Frauen mit einem Schwall an flüssiger Männlichkeit zu erniedrigen. Zum ersten Mal zu sehen war Bukkake im japanischen Porno "Mascot Note" aus dem Jahr 1986. Porno-Historiker sind sich einig, dass die Produzenten mithilfe dieser Sexualpraktik die strengen japanischen Zensurgesetze "umgehen" wollten, denn Genitalien dürfen in Filmen dort auch heute noch nur in verpixelter Form gezeigt werden.

Es ist jedoch nicht ganz klar, wie und wann genau Bukkake in die USA, das Mutterland der modernen Porno-Industrie, rüberschwappte. Obwohl dort die Zensurregeln nicht wirklich streng sind, schien der US-Amerikaner Gefallen an der Praktik zu finden. Heute sind auf Pornhub fast 11.500 Videos mit "Bukkake" getaggt. Und fast jede Mainstream-Porno-Darstellerin hat schon mal in einer Bukkake-Szene oder in einer Variation davon mitgewirkt.

Laut Jeff Vanzetti, dem Gründer der Internet Adult Film Database (eine Art imdb für Pornos), war das erste Werk, das Bukkake in den USA richtig etablierte, die Porno-Reihe "American Bukkake" aus dem Jahr 1998. Verantwortlich dafür waren das Unternehmen JM Productions sowie dessen Chef Jeff Mike. Zwar ist Mike selbst seit gut einem Jahrzehnt nicht mehr wirklich in der Industrie tätig, aber für uns hat er sich trotzdem noch mal an die Zeit zurückerinnert, in der er mit Bukkake in Berührung kam und in der sich die Sexualpraktik in den USA ausbreitete.

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In den 90ern leitete ich bereits ein eigenes Unternehmen, das Teil einer größeren Vertriebsfirma war. Eines Tages kam ein Kollege in mein Büro und drückte mir eine Bukkake-Videokassette aus Japan in die Hand. Ich sah mir den Film an und war völlig von den Socken.

Cumshots turnen mich weder besonders an noch besonders ab. Der Inhalt des Videos war jedoch etwas komplett Neues. Eigentlich ein total simples Prinzip, aber trotzdem geht es drunter und drüber. Man kann einfach nicht wegschauen. Die Genitalien der Darsteller waren verpixelt. Ich dachte mir: "Wow, trotz der ganzen Zensurgesetze finden die Japaner immer wieder neue Möglichkeiten, ihre Ideen kreativ umzusetzen."

Ich dachte dann eine Weile über die Sexualpraktik nach. Irgendwann ließ ich es aber einfach drauf ankommen und packte im Jahr 1998 eine Bukkake-Szene in die 21. Ausgabe meiner Videoreihe Perverted Stories. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Kerle wir dafür ans Set holten—vielleicht 15. Die Darstellerin saß einfach nur da und die Jungs spritzten auf sie ab. Nach der Veröffentlichung konnte ich mich vor positiven Fan-Briefen kaum retten. Aus diesem Grund entschied ich mich dazu, die Reihe American Bukkake ins Leben zu rufen. Der erste Film daraus erschien im Jahr 1999 und war direkt ein Riesenerfolg.

Mein Unternehmen richtet sich nach den Wünschen der Fans. Ich habe das Ganze auch nie des Geldes wegen gemacht—obwohl der finanzielle Erfolg natürlich nichts Schlechtes ist. Damals war ich auch noch ein großer Porno-Liebhaber, fand viele der Filme aber einfach nur belanglos. Ich komme aus der Punkrock-Szene und halte es deshalb immer für etwas Gutes, Grenzen zu überschreiten und anzuecken. So bin ich auch meine Produktionen angegangen. Ich wollte jetzt nicht um jeden Preis schockieren. Nein, ich wollte einfach nur, dass die Filme, auf denen mein Name steht, wirklich interessant sind.

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Bukkake-Szenen waren nicht einfach zu drehen und verglichen mit anderen Produktionen von damals auch richtig teuer. Am Anfang mussten wir uns deshalb noch auf B-Darsteller oder irgendwelche Typen verlassen, die uns einen Gefallen tun wollten und deshalb weniger Gage verlangten. Mit der Zeit wurde es aber einfacher. Wir haben zweimal im Monat eine Anzeige in der Zeitung geschaltet und außerdem eine Bukkake-Hotline eingerichtet, bei der die Anrufer den Aufnahmeort der Szene erfuhren. Irgendwie hatte das Ganze für mich einen gewissen Underground-Flair. Aber die Fans konnten so auch bei etwas mitwirken, das sie gut fanden. Sie ließen uns immer wissen, was sie sehen wollten oder was sie ändern würden. Das berücksichtigten wir dann bei den Drehs. Ich glaube, dass dieser Umstand uns dabei geholfen hat, so lange erfolgreich zu sein.

Illustration: Zoe Ligon

Die japanischen Bukkake-Szenen waren unseren weit überlegen, weil bei uns maximal 10 bis 15 Typen mitmachten. Dabei hätten es 20, 30 oder 40 sein sollen. Im Laufe der Zeit wurden es aber auch bei uns immer mehr—weil die Fans das verlangten. Hier kam immer das Mundpropaganda-Prinzip zum Tragen: Irgendjemand wusste, wo der Dreh stattfand, und lud einen Kumpel ein, der dann wieder einem anderem Bekannten Bescheid sagte und so weiter. Wir mussten außerdem häufig das Studio wechseln, weil die Betreiber aufgrund der ganzen Typen, die auf dem Parkplatz rumhangen, sauer wurden. Ihnen war die ganze Sache wohl einfach nicht geheuer.

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Wenn man eine Darstellerin von einer Szene überzeugen will, die es so noch nie gegeben hat, dann muss man sich geschickt anstellen, um sie nicht zu verschrecken. Nach einer Weile sind die Frauen dann aber tatsächlich auf uns zugekommen und wollten von sich aus teilnehmen. Wahrscheinlich, um die Fans glücklich zu machen. Irgendwann musste ich sogar eine Warteliste anlegen. So etwas hat es bei keiner anderen Porno-Serie gegeben, die wir jemals produziert haben.

Schließlich mussten wir aber auch mal etwas Abwechslung reinbringen. Immer, wenn mir dann etwas Außergewöhnliches einfiel, habe ich es direkt aufgeschrieben und beim nächsten Bukkake-Dreh umgesetzt. So kam es auch zur Spermabombe—also einer Art Wasserbombe, bloß eben mit Ejakulat gefüllt. Aber auch das nutzte sich schnell ab und wir brauchten wieder etwas Frisches. Hier halfen uns oftmals die Fans weiter und mein Regisseur Jim Powers brachte sich ebenfalls mit ein. Einmal trug die Darstellerin beim Dreh zum Beispiel eine Taucherbrille ohne Gläser und das Sperma hat sich dann komplett im Augenbereich angesammelt. Das war schon ziemlich hart.

Wir haben echt viele verschiedene Sachen ausprobiert—unter anderem auch Sperma auf Essen, das dann die Darstellerinnen aufaßen. Je ekliger die Szene, desto besser fanden sie die Zuschauer—diesen Eindruck hatte ich zumindest.

Die ganze Essens-Geschichte sagte mir aber schon bald nicht mehr zu und deshalb fingen wir mit Gokkun-Sachen an. Dabei ejakulieren die Männer in einen Behälter, den die Darstellerinnen austrinken. Nach 20 oder 30 American Bukkake-Videos war es aber auch nicht mehr so einfach, immer wieder mit neuen Ideen um die Ecke zu kommen. Als ich dann von der Gokkun-Praktik erfuhr, dachte ich mir: "Hey, wir können hier doch eine American Gokkun-Reihe mit Schlucken starten und gleichzeitig die American Bukkake-Serie mit den Facials fortführen." Zack, doppelter Profit. Da wir bereits einen großen Darsteller-Pool hatten, drehten wir dann nicht mehr nur noch alle zwei Wochen, sondern jede Woche.

Ende der 90er, Anfang der 2000er versuchten die Produktionsfirmen ständig, sich gegenseitig zu übertreffen. Deshalb dachte ich auch, dass der Markt mit Bukkake-Filmen überschwemmt wird. Mit dieser Annahme lag ich falsch und ich habe keine Ahnung, wieso. Bei den wenigen Unternehmen, die überhaupt solche Szenen drehten, waren dann auch nur maximal fünf oder sechs Typen dabei. Und nachdem man mich dann wegen Obszönität fast vor Gericht gezerrt hatte, traute sich niemand mehr an Bukkake-Szenen ran.

Ab und an bekomme ich immer noch E-Mails von Fans, die mich anflehen, wieder mehr Bukkake- und Gokkun-Videos zu drehen.

Man geht oft davon aus, dass Pornografen irgendwelche Typen sind, die auf alles scheißen. Dabei ist das genaue Gegenteil der Fall. Das sind alles Feiglinge, die schön auf Nummer sicher gehen und nur das machen, was gerade angesagt ist. Das habe ich jedoch nie getan. Und mir war es auch immer egal, ob ich für irgendeine meiner Produktionen in Schwierigkeiten geraten könnte.

Die heutige Porno-Industrie gibt mir gar nichts mehr. Dort lässt sich auch kein Geld mehr verdienen. Trotzdem bekomme ich ab und an immer noch E-Mails von Fans, die mich anflehen, wieder mehr Bukkake- und Gokkun-Videos zu drehen. Da inzwischen jedoch alles gleich auf irgendwelchen kostenlosen Tube-Websites hochgeladen wird, lässt sich nichts mehr verkaufen. Ich werde also mit Sicherheit kein Geld aus dem Fenster werfen, nur um geschätzt drei Leute glücklich zu machen.