Miriam B. war 26 Jahre alt, als sie am Sonntag in Thailand vergewaltigt und ermordet wurde. Die deutsche Botschaft in Bangkok informierte das BKA über den Tod der Niedersächsin, der Beschuldigte, 24, soll die Tat gestanden und mit seinem Meth-Konsum erklärt haben. Dass deutsche Medien über den Fall berichten, ist nicht ungewöhnlich. Die Strategien, die Boulevard-Medien wie die Bild-Zeitung dabei anwenden, sind allerdings fragwürdig. Denn für die Zeitung ist der Mord an Miriam B. nicht nur eine Nachricht, sondern eine Gelegenheit, um Lesende zu emotionalisieren und Geld zu verdienen. Auch wenn das bedeutet, die Persönlichkeitsrechte des Opfers zu missachten.
In allen Berichten über Miriam B. nutzt Bild unverpixelte Fotos der Frau: Sie zeigen Miriam B. am Strand oder in einer Hängematte. Auf einem der Bilder sieht man die Reflexion ihres Smartphones in den Gläsern ihrer Sonnenbrille. Quelle: Miriam B.s Facebook-Account. Es ist nicht nachvollziehbar, ob die Bild-Redaktion dafür die Erlaubnis der Angehörigen eingeholt hat. Wahrscheinlicher ist: Sie hat es nicht.
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Wie der Bildblog am Montag berichtete, verwendet Bild solche Bilder “in der Regel”, ohne zu fragen. Damit komme die Zeitung oft durch, weil die Familien sich in Trauerzeiten nicht auch noch um Klagen kümmern können oder wollen, heißt es. Tatsächlich wird die Bild-Zeitung immer wieder dafür kritisiert, dass sie unverpixelte Bilder von ermordeten, verunglückten oder verdächtigen Personen veröffentlicht. Zuletzt, weil sie das Gesicht des Schwagers der vermissten Rebecca R. zeigte, der noch nicht verurteilt und wegen mangelnder Beweise freigelassen wurde.
Wer Persönlichkeitsrechte missachtet, macht sich strafbar
Man kann die Arbeitsweise der Bild geschmacklos finden oder notwendig, um mit Artikeln über Verbrechen entsprechende Emotionen hervorzurufen. Tatsache ist aber: Wer Persönlichkeitsrechte und das Recht am eigenen Bild missachtet, macht sich potentiell strafbar. Die Bild-Zeitung scheint dieses Risiko immer wieder auf sich zu nehmen – und schickt für neue Bilder im Fall Miriam B. sogar einen Reporter nach Thailand.
Am Mittwoch veröffentlicht die Zeitung Videomaterial aus einer Überwachungskamera, installiert an einer Treppe auf der Insel Ko Si Chang. Der Titel des Artikels: “Überwachungsvideo zeigt, wo Miriam auf ihren Mörder trifft”. Zuvor sahen wir bereits die Clips: “Miriams Killer kniet vor seiner Mutter” und “Das grausame Geständnis von Miriams Killer”. Alle Videos sind mit den Fotos aus B.s Facebook-Account bebildert, dem Gesicht des mutmaßlichen Täters oder seiner weinenden Mutter (von Bild auf der Polizeistation abgefangen). Bild bewirbt sie in roten Großbuchstaben und einer entmenschlichenden Sprache.
Das Verbrechen an Miriam B. ist grausam und darüber zu berichten auf keinen Fall falsch. Allein die Art der Bild-Berichterstattung lässt Zweifel aufkommen, ob die Geschichte des Opfers wichtiger ist – oder die Möglichkeit, mit ihr Aufmerksamkeit zu generieren. Die wenigsten der Bild-Artikel über Miriam B. enthalten neue Informationen zum Fall. Die detailreiche Tat-Rekonstruktion der Redaktion wirkt voyeuristisch und wenig respektvoll gegenüber der trauernden Angehörigen B.s. Oder der Getöteten selbst.
Solche Artikel mögen zu Bild gehören wie teure Taschen in einen Bunte-Style-Guide. Weniger fragwürdig macht sie das dennoch nicht. Vor rund einem Jahr hat die Zeitung mit der Abschaffung nackter “Bild-Girls” bewiesen, dass sie durchaus offen für Veränderungen ist. Vielleicht ist nun ein guter Zeitpunkt für die nächste Weiterentwicklung.
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