Der US-Nachrichtenseite The Intercept sind interne Nachrichten einer privaten WikiLeaks-Twittergruppe zugespielt worden. Die Chats bestätigen unter anderem die ideologische Nähe zwischen WikiLeaks und der republikanischen Partei ein Jahr vor dem US-Präsidentschaftswahlkampf 2016.
Zwar war bisher bekannt, dass WikiLeaks die damalige Kandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, mit mehreren zeitlich geschickt lancierten Leaks vor der US-Wahl geschadet hatte. Doch die internen Twitter-Chats zeigen: Die Whistleblower-Plattform beschränkte sich nicht nur darauf, Daten zu veröffentlichen – sie gab treuen Anhängern auch Tipps, wie eine politisch effektive Troll-Kampagne funktioniert.
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Das geleakte Archiv enthält über 11.000 Nachrichten aus der Zeit zwischen Mai und November 2015. Über zehn Prozent der Beiträge stammen von WikiLeaks. Die Plattform ist Beobachtern zufolge fest in der Hand von Julian Assange. Auch The Intercept vermutet deshalb, dass die im Namen von WikiLeaks geschriebenen Nachrichten tatsächlich von Assange persönlich geschrieben worden sind – beweisen lässt sich das aber nicht.
Was in den Chats von WikiLeaks steht
Die Chats belegen, dass die Unterstützung Trumps durch WikiLeaks und dessen Chef Assange von langer Hand geplant war und nicht erst in der Endphase des US-Wahlkampfs 2016 entstanden ist. “Wir denken, es wäre viel besser, wenn die Republikaner gewinnen”, schreibt WikiLeaks in eine private Twitter-Gruppe am 19. November 2015, die sich laut Selbstbeschreibung aus den loyalsten Unterstützern der Plattform zusammensetzt. In dieser Zeit war Trump noch kein republikanischer Präsidentschaftskandidat und musste sich noch gegen aussichtsreiche Kandidaten wie Jeb Bush, Ben Carson oder Marco Rubio durchsetzen. Es war noch ein halbes Jahr hin, bis Trumps schärfster innerparteilicher Konkurrent für die Kandidatur, Ted Cruz, das Handtuch warf. Über die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton schrieb WikiLeaks: “[Hillary] ist eine intelligente, gut vernetze, sadistische Soziopathin.”
Geleakt hat die Chats laut Intercept der frühere WikiLeaks-Unterstützer mit dem Pseudonym Hazelpress. Er habe die Twitter-Gruppe ursprünglich ins Leben gerufen, später jedoch mit dem WikiLeaks-Chef Julian Assange aufgrund dessen Anbiederung an die Trump-Kampagne gebrochen. “WikiLeaks behauptet, eine neutrale Organisation zu sein, die für Transparenz steht”, so Hazelpress gegenüber dem Intercept. Die Schützenhilfe für Trump spreche jedoch für das Gegenteil.
Wikileaks gibt Anleitung zum Trollen
Die geleakten Chats zeigen auch, wie WikiLeaks seinen Followern Tipps zum effektiveren Trollen gibt. “Sei der Troll, den du in der Welt sehen willst”, gibt der WikiLeaks-Account seinen Anhängern als allgemeinen Ratschlag mit.
“Du könntest einfach deinen Account-Namen ändern und als Profilbild eine hübsche Blondine nehmen”, rät WikiLeaks in einer Twitter-Nachricht. Auf die Frage eines Unterstützers, welchen Sinn das habe, antwortet der WikiLeaks-Account: “Bilder von attraktiven Frauen bringen renitente Männergruppen dazu, sich zu öffnen.” Falls das nicht klappen sollte: “Mach’ einen neuen Account.” Gemeint ist ein Fake-Account.
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Ein paar Zeilen weiter heißt es: “Nimm’ eine tote Schauspielerin, wenn du dich juristisch absichern willst, denn das Bild repräsentiert ein Statement, keine Person.” “Hahahaha”, antwortet ein Anhänger in der privaten Twitter-Gruppe amüsiert. Doch er scheint zu hadern, ob er den Tipp zum Troll-Account wirklich annehmen soll. “Mein Problem ist, ich will nicht so tun, als wäre ich jemand anderes.” Trotzdem, sei es “eine gute Idee für zukünftige Kampagnen.” Welche “zukünftige Kampagne” der WikiLeaks-Anhänger damit meinte, ist unklar. Geschrieben wurde die Nachricht am 18. Juni 2015.
In einem anderen Beispiel bittet WikiLeaks die Gruppe, “diesen BBC-Journalisten zu trollen”. Gemeint war der Journalist Chris Cook, der sich zu diesem Zeitpunkt mit der Plattform auf Twitter anlegte.
Neben dem direkten Draht zur Trump-Kampagne über Donald Trump Jr., hatte WikiLeaks sich auch vor der US-Wahl an die amerikanische Alt Right angenähert. So verteidigte die Plattform etwa den konservativen Troll und Ikone der Alt Right, Milo Yiannopoulos, der eine Schauspielerin wiederholt sexistisch beleidigt hatte. Nachdem dieser von Twitter gesperrt wurde, kritisierte WikiLeaks das Netzwerk für dessen “Feudaljustiz” und “drohte” mit der Gründung eines alternativen Netzwerks. Auch als WikiLeaks die Clinton-E-Mails veröffentlichte, gehörte die Alt Right zu den lautstärksten Unterstützern, die die Daten in den sozialen Netzwerken verbreiteten.
Auf Anfrage von The Intercept hat sich WikiLeaks bisher nicht zu dem Leak geäußert.
Update (15. Februar; 15:30): In einer früheren Version dieses Artikels hatten wir zusätzliche Passagen aus den Chat-Nachrichten eingefügt. Für eine bessere Lesbarkeit haben wir diese nun gekürzt.