Unsere Generation ist faul, sie kennt keine Arbeit, nur ein Suffstudium, das sich strenggenommen nicht mal als richtige Wissenschaft qualifiziert. Wir sitzen lieber an der PS4, als kurz ins Wahllokal zu gehen und wenn wir Politik machen, müssen anscheinend entweder Autos oder Flüchtlingsunterkünfte brennen. Wenn wir unseren dicken, mittelständischen Arsch mal aus dem Hotel Mama bewegen, tun wir es nur, um via Pokémon Go Autounfälle “richtiger” Erwachsener zu verursachen. Und überhaupt, nach dem Krieg war es normal, dass nur der Vater ein Schnitzel bekommen hat und die Kinder spuren mussten. Heute wollen wir alles für uns—Turnup statt Tatkraft.
Andererseits müssen wir damit fertig werden, dass die Alterspyramide in Deutschland sich nach und nach von einem Tannenbaum mit vielen 50-Jährigen zu einer griechischen Vase mit sehr kleinem Fuß entwickelt. Auf gut deutsch: Wir wenigen Jungen müssen später sehr viele ältere Leute versorgen. Das Thema Rente ist für die Generation Y vermutlich ohnehin durch und wir dürfen, bis wir sterben, Zahnrädchen in der Humankapital-Maschinerie bleiben—nix mit Kreuzworträtsel, Taubenfüttern und Boulespielen mit Schuss.
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Aber müssen die Fronten wirklich so verhärtet sein? Unsere Demographie sieht aus wie eine antike griechische Vase, aber denken deswegen alle Älteren so wie Sokrates, dass die Jugend genusssüchtig und respektlos sei? Wir haben mit älteren Menschen in Berlin über genau das gesprochen.
Michael, 70, und Josephine, 67
VICE: Gibt es etwas, was euch an der jüngeren Generation nervt?
Michael: Natürlich! Die Smartphones!
Was findet ihr an Smartphones so schlimm?
Josefine: Dass die Leute nur noch auf ihr Handy schauen. An der Hochschule bei uns haben wir es immer wieder gesehen, dass die Leute zwar nebeneinander sitzen, aber alle einzeln mit ihren Smartphones beschäftigt sind. Es überrascht mich, dass Leute wirklich mit dem Gerät vor der Nase herumlaufen und nichts von dem mitbekommen, was um sie herum passiert.
Michael: Die Kommunikation geschieht doch nur noch via Handy! Alle sitzen am Tisch rum, alle mit dem Smartphone in der Hand und dann zeigen sie einander irgendwelche Bilder oder fotografieren sich selbst—Selfies, Selfies, Selfies, danach sind die richtig süchtig.
Josefine: Das haben wir gestern schon hier in der S-Bahn nach Potsdam erlebt: Drei junge Leute, die einen Heidenspaß hatten, irgendwelche Nachrichten zu verschicken. “Schau mal, was der geantwortet hat” und so weiter.
Michael: Ich möchte etwas Positives dazu sagen: Die jungen Leute sind sehr aufmerksam, was Türen aufhalten und sowas betrifft.
Habt ihr Angst vor dem Rentenalter, jetzt, da es so viele ältere und so wenig junge Menschen in Deutschland gibt?
Josefine: Was heißt Angst? Ich kann ja nur zuschauen und nichts daran ändern.
Michael: Ich hoffe, dass die Rente zumindest bleibt, wie sie jetzt ist. Diejenigen, die nach uns kommen, werden die Kürzungen kriegen. Wir haben unsere ja schon weg.
Josefine: Ich denke, wenn du in unser Alter kommst, wird es für dich schwierig werden.
Ich weiß noch nicht mal, wann ich mal in Rente gehen kann.
Josefine: Oder ob du überhaupt Rente bekommst!
Das will ich jetzt glaube ich noch gar nicht wissen. Wollt ihr der Jugend noch etwas auf den Weg geben?
Josefine: Bleibt optimistisch für die Zukunft, das zahlt sich, denke ich, aus. Und nicht zu viel Sorgen machen, was passieren wird, denn das könnt ihr eh nicht beeinflussen.
Karl-Heinz, 69
VICE: Fandest du deine Generation politischer als meine?
Karl-Heinz: Das ist schwer. Vielleicht ja. Ich bin geborener DDR-Bürger und würde bejahen, dass wir aktiver in der politischen Arbeit waren. Wobei die Jugend heute ja nicht unpolitisch ist. Ich sehe es an meinen Enkelkindern, die sich mit der Situation mit den Geflüchteten auseinandersetzen. Schon aus den Schulen heraus bringen die sich da aktiv mit ein. Wir sind eine Kleinstadt und da ist es ein größeres Reizthema als zum Beispiel in Berlin. Die Jugend bringt sich da definitiv mehr ein als die ältere Generation.
Würdest du sagen, dass deine Generation mehr arbeiten musste als die junge Generation?
Das würde ich nicht so sagen, auch wenn viele es tun. Auch die Jugend hat ihre Aufgaben und versucht sie zu lösen, genau so wie wir.
Möchtest du der Jugend einen Rat geben?
Ja: Immer nach vorne gucken, das Tagesgeschäft mitnehmen. Nicht nach hinten, das Leben ist trotz vieler Tiefen immernoch lebenswert.
Andreas, 70
VICE: Hat es die heutige Jugend zu gut?
Andreas: Wenn ich mich nur in meinem Freundeskreis umschaue, hat keines der Kinder, bevor sie mit dem Studium fertig sind, auch nur eine Mark oder einen Euro verdient, außer vielleicht meiner Tochter mit ihren Promotions. Wir haben früher alle möglichen Jobs gemacht, als Werkstudierende, während der Semesterferien, noch an der Schule. Das haben die alle nicht gemacht. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, will ich aber gar nicht werten. Ich meine, die Realität holt die jungen Menschen ja ein, wenn sie mit ihrer Ausbildung fertig sind. Dass es der Jugend heute zu gut gehe, ist ja nur eine materielle Wertung. Das heißt noch nicht, dass sie sich besser fühlen oder dass es ums Herz besser bestellt ist. Wir hatten viel weniger, aber wir haben nichts vermisst. Manchmal war es zu Hause recht karg, aber wir waren glücklich.
Spürst du einen Konflikt zwischen deiner Generation und der jüngeren?Andreas: Meine Tochter ist 28, zwischen ihr und mir sehe ich keine Konflikte. Aber es wird sicher welche geben, die mir vielleicht nicht so gegenwärtig sind.
Man müsste mehr Politik in Hinblick auf die Zukunft der Jugend betreiben. Das beste Beispiel ist das Vereinigte Königreich: Die alten Säcke haben alle für den Brexit gestimmt und die Jugend für den Verbleib.
Findest du rückblickend deine Generation politischer als meine?
Wenn ich mich mit meiner Tochter vergleiche mit Sicherheit. Wenn ich sehe, was sie liest und was ich lese, finde ich sie und ihren Freund politisch völlig desinteressiert. Aber das lässt sich so nicht verallgemeinern.
MARION, 52
VICE: Stört dich was an den jungen Leuten?
Ich persönlich kann da absolut keine Kritik äußern. Ich staune, wie engagiert und vor allem interessiert die Jugend ist.
Findest du, wir sind apolitisch geworden?
Nein, der Meinung bin ich nicht. Ich sehe ja, wie politisch aktiv meine eigenen Kinder sind. Ich finde sogar, dass sie wesentlich engagierter sind als wir früher. Dass es auch welche gibt, die nicht zur Wahl gehen—so etwas gab es schon immer. Aber ich gehe nicht davon aus, dass die heute die Mehrheit bilden.
Ich habe auch das Gefühl, dass mehr Jugendliche wählen gehen.
Und auch, dass sie kritischer sind. Das ist gut so! Man muss nicht immer einer Meinung sein. Aber man muss sich für das Tagesgeschehen interessieren. Und den Eindruck, dass 18- bis 25-Jährige sich nicht um diese Welt scheren, habe ich nicht.
Lukas rennt gerne mit seinem Smartphone und Twitter vor der Nase durch die Gegend.