Foto via Flickr | Alatele fr | CC BY-SA 20
Vor Kurzem hat jemand Clubszenen großer Filme in einen unfassbar kreativen Supercut gepackt. Til Schweiger ist in diesem Zusammenschnitt trotz seiner beachtlichen Filmographie nicht aufgetaucht. Lag es an seinem immer gleichen Gesichtsausdruck oder doch am gesamten Setting? Die Zeit ist gekommen, hier endlich Antworten zu finden. Deshalb haben wir die wichtigsten Schweiger-Clubszenen und seine damit verbundenen Auftritte nach verschiedenen Kriterien bewertet.
TATORT: KOPFGELD (2014)
Crowd / Location:
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Die Szene des zweiten Til Schweiger-Tatorts spielt im „Groovedigger”, einem Club im Hamburger Rotlichtbezirk. Zwei einsame Tänzer auf dem Dancefloor werden von grünlich flackernden Lasern bestrahlt, während die meisten Gäste noch an den Bars herumhängen und sich betrinken. Dabei wird etwas rumgewackelt und verdammt angestrengt versucht, cool auszusehen—so stellen wir uns HipHop-Partys in Hamburg vor. Aus unerklärlichen Gründen ist das Klo komplett leer, bis auf den Dreck und die Schmierereien einer Disco-Toilette. Die Schießerei drückt die Stimmung mächtig, der DJ fadet langsam den Track aus und niemand hat mehr Lust zu tanzen—eine dezentes Bullshit-Aroma steigt in unsere Nasen. Bullshitfaktor: 3/10
Musik / Personal:
Tyler The Creator, Mann. Tyler ist so böse, dass er nicht mehr nach Großbritannien einreisen darf. Perfekt, um den Club als böse, zwielichtige Absteige für Crystal Meth-Dealer zu etablieren. Der erste Barkeeper ist beschäftigt und kurz angebunden—wie es eben üblich ist. Die restlichen Mitarbeiter sind so sehr mit Theke putzen beschäftigt, dass sie gar nicht mitbekommen, wie Til Stress macht, einem blonden Jüngling die Drogen klaut und ihm lautstark mit Gewalt droht. Als „Mitarbeiter” gibt es hier nur die Barkeeper—die Securitys haben wohl alle frei. Oder sich schnell umgezogen, um den Herd der Gewalt ein für alle Mal mit Maschinengewehren abzufackeln Bullshitfaktor: 4/10
Til Schweiger:
Der mundfaule Antiheld betritt den Club, als wäre er Stammkunde. An der Bar braucht er nur einen kurzen Satz, um sich unmissverständlich auszudrücken und seine Position als Club-Alpha-Männchen allen im Umkreis klar zu machen: „Ey Groove-Digger, Chef da?” Bonus für den Groovedigger-Wortwitz. Voll väterlicher Sorge sieht Til seine Tochter—die, wer hätte es gedacht, von seiner eigenen Tochter gespielt wird—mitsamt ihrem neuen Stecher. Zwei Schweigers in einem Club verdoppeln das Ansehen natürlich sofort. Doch Til wäre nicht Til, würde er es dem Bürschchen nicht zeigen, ihm seine Drogen stehlen (die er dank seines Superbullen-Spürblicks in der Innentasche der Jacke geortet hat) und dann noch den coolsten Spruch ever ablassen: „Pimmel in die Scheide, oder was?” Als die getarnten Securitys und/oder Drogenschmuggler das Feuer eröffnen, weiß Schweiger sofort was zu tun ist und sucht Deckung—eine ganz normale Partynacht für ihn. Schweigerfaktor: 12/20
Bullshitlevel gesamt: 19 Punkte
ZWEIOHRKÜKEN (2009)
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Crowd / Location:
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Welcher Innenarchitekt auch immer diesen Club entworfen hat, gehört verklagt. Die Kanzel in der Mitte des Raums muss für den DJ sehr anstrengend sein, da er ständig umherwirbeln muss, um den kompletten Dancefloor im Auge zu haben. Und wieso zur Hölle ist das Frauenklo komplett in weiß und voller Vorhänge? Jeder Mensch, den wir kennen, würde sich damit seine Hände abwischen. Die Crowd befindet sich in einer Großraumdisco, die Crowd sieht nach Großraumdisco aus, die Crowd tanzt Großraumdisco. Da wird schonmal völlig sinnfrei gejubelt und auf der Toilette über versaute Witze gelacht, einfach um dazuzugehören—zu wem oder was wissen wir auch nicht. Aus unerfindlichen Gründen sind alle Räume nur weiß beleuchtet. Bullshitfaktor: 7/10
Musik / Personal:
Welcher Club voller schicker Besucher hat 2009 solchen Trance gespielt? Immerhin passt Matthias Schweighöfer mit seinem Unterhemd perfekt zur Musik. Haben die Securitys an der Tür deswegen ein Auge zugedrückt und ihn reingelassen? Oder wurde er einfach zusammen mit Til Schweiger durchgewunken? Während die Barkeeperin bereits nach einer Sekunde fragt, ob man etwas trinken möchte, ist der DJ nicht mit umherwirbeln beschäftigt, sondern beobachtet Schweighöfer bei seinem Flirtspiel—als hätte er das als DJ noch nie erlebt. Bullshitfaktor: 5/10
Til Schweiger:
OK, wir können verstehen, dass Til und seine Freundin genervt sind. Eine alte Weisheit besagt: „Gehe nie mit deiner Freundin in einen Club mit absurd hoher Frauenrate.” Eine weitere Regel lautet: „Sprich nie mit deiner Ex über Sex, wenn deine Frau in der Nähe ist.” Leider hat dem Frauenheld das wohl keiner gesagt, weshalb er beide Fehler auf einmal begeht. Kurz nachdem seine Freundin aufs Klo verschwunden ist, hüpft er wie ein Gummiball auf und ab, bis er von seiner Ex angequatscht wird und sich ihre Nummer geben lässt. Uncool, Til. Schweigerfaktor: 8/20
Bullshitlevel gesamt: 20 Punkte
DER BEWEGTE MANN (1994)
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Crowd / Location:
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Da es sich hier offensichtlich um eine schwul-lesbische Party aus den 90ern handelt, sind alle Outfits angemessen—inklusive der Lack & Leder-Gang an der Bar. Die Lichteffekte verbreiten ein lockeres Partyflair und der Club ist gerammelt voll. Dabei ist es doch gerade erst 11 Uhr. Dennoch ist die Tanzfläche schon ordentlich voll, die Leute feiern ausgelassen und haben die Nacht ihres Lebens. Das einzige Dekor, das uns Sorgen macht, ist das Aquarium. In einem Club, in dem betrunkene Leute Glasflaschen und Gläser in der Hand haben, ist so ein 200-Liter-Tank vielleicht keine so gute Idee. Die meisten Fragen wirft allerdings die Männertoilette auf: Wieso sind die Pissoirs beleuchtet? Wieso ist alles so sauber und nichts mit Edding vollgeschmiert? Wieso ist niemand da und konsumiert Drogen aller Art oder hat in den Kabinen wilden, hemmungslosen Sex? Wieso hört man plötzlich die Musik nicht mehr? Bullshitfaktor: 4/10
Musik / Personal:
Vielleicht kocht die Stimmung um diese frühe Uhrzeit schon wegen der begnadeten Musikauswahl. Dem Partyvolk wird vom DJ jede Menge Happy-Go-Lucky-Rave-Smiley-Techno um die Ohren geklatscht. Den DJ scheint es zwar zu geben, allerdings steht dieser an der vergitterten Bar hinter der Lack & Leder-Gang—ein Anblick wie im Tresor. Falls das aber doch nur der Barkeeper ist, hat er anscheinend recht wenig zu tun, außer ausdruckslos in die Ferne starren und leicht nach links und rechts wippen. Bullshitfaktor: 2/10
Til Schweiger:
Unser Til ist nun mal ein bewegter Mann. Und er ist ein echter Mann. Im Unterhemd, das er sich von Matthias Schweighöfer geliehen hat, zeigt er seinen definierten Bizeps, lässt sich mal schnell die Zigarette anzünden und stellt sich in der Toilette an das mittlere Stehklo. Dabei weiß doch jeder Mann, dass man sich am Klo so hinstellt, dass möglichst viel Platz zu anderen Partypinklern bleibt—bei einem leeren Klo also nach ganz links oder rechts. Und natürlich, egal wo Til ist: Sogar in diesem leeren, stillen Örtchen wird der einsame Til fies angebaggert und möchte danach sofort nach Hause. Um 11 Uhr. Spielverderber! Schweigerfaktor: 6/20
Bullshitlevel gesamt: 12 Punkte
ONE WAY (2006)
Crowd / Location:
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Wow, wer hätte gedacht, dass die Clubszene in einem Action-Film in einer Großraumdisco gedreht wird? Erstaunlich finden wir hier den Einsatz von Licht- und Nebelmaschinen—eines der wenigen guten Beispiele für Clubs in Filmen. Aber in den Köpfen von Filmproduzenten wäre ein Club ja kein Club ohne die halbnackten Tänzerinnen, die darauf hoffen, endlich entdeckt zu werden und ihre Schauspiel-/Modelkarriere zu starten. Alle anderen sind durchgehend damit beschäftigt, zu jubeln und ihre Arme immer und immer wieder in die Luft zu werfen. Die Bar ist extrem realistisch umgesetzt, denn sie ist rappelvoll. Bullshitfaktor: 4/10
Musik / Personal:
Trance aus den 2000ern macht heutzutage eine ziemlich schlechte Figur—damals aber auch schon. Niemand weiß so wirklich, wo der DJ ist und das ist auch gut so, schließlich soll er nur die Musik machen und nicht wie Calvin Harris auf einem EDM-Festival angebetet werden. Das Barpersonal ist nicht nur hochintelligent, sondern auch superschnell. Til muss nur kurz nicken und bekommt einen Drink, den die Barkeeperin bereits vor seinem Erscheinen gemixt hat—dank ihrer Vorahnung und Menschenkenntnis. Natürlich muss man als Protagonist an der Theke nichts bezahlen (oder war das so eine Flatrate-Party?). Doch nicht nur die Leute hinter der Bar sind erste Sahne, die Security schafft es, Brennpunkte innerhalb weniger Sekunden zu erreichen. Und das ohne, dass es jemand meldet. Til Schweiger können sie zwar nur schwer im Zaum halten, aber er ist eben auch Til Schweiger. Bullshitfaktor: 8/10
Til Schweiger:
Typisch Til. Die Musik gefällt ihm nicht, Spaß hat er seinem einzigen Gesichtsausdruck nach zu urteilen auch nicht. Wenigstens bekommt er einen Gratisdrink und trifft irgendeinen Typen aus dem VIP-Bereich. Doch statt diese Chance zu nutzen und sich auch hinter die rote Kordel zu begeben, macht er das, was er am Besten kann: stänkern. Er beginnt eine kleine Schlägerei, wird von Securitys gepackt, kann sich aber aufgrund seiner geballten Manpower wieder losreissen und nochmal draufhauen. Ach Til, wenn einer schon am Boden liegt, wird nicht mehr nachgetreten. Schweigerfaktor: 22/20
Bullshitlevel gesamt: 34 Punkte
MANTA, MANTA (1991)
Crowd / Location:
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Bei den Männern sieht man hier verdammt viele Nerds mit Hemd und Krawatte—so scheinen Mantafahrer den Rest der Welt zu sehen. Es wird eine Mischung aus unbeholfenem Discofox und Twist getanzt, bevor unvermittelt eine essentielle Frage auftaucht: Ist das eine Disco oder ein Stripclub? Im Backstage machen sich gerade einige Frauen schön (also nuttig), als eine ominöse Bühne aus dem Nichts auftaucht. Der Betreiber unterbricht vollen Ernstes den gutlaufenden Clubbetrieb, damit sich alle Leute—inklusive der Frauen—Teilnehmerinnen eines Wet-T-Shirt-Contests ansehen. Doch leider werden die Shirts nicht durchsichtig, was ist da los? Kein einziger Nippel erblickt das Licht des Clubs. Das können die sogar am Ballermann noch besser. Bullshitfaktor: 3/10
Musik / Personal:
In der Disco hört man Disco—mit möglichst viel Vocoder auf dem Gesang. Dazu lässt es sich aber auch heutzutage noch gut tanzen, wenn der Abend nicht mehr ganz so jung ist und der Alkoholpegel steigt. Der Türsteher schafft es, wie im wahren Leben, gerade so einen geraden Satz herauszupressen: „Mmmmhallesklaa!“ Wir können uns gut vorstellen, wie seine Absagen an der Pforte zum Club aussehen. “Eeeeehdieschuhe?“ “Aaaaahlsoheutenich!“ und „Pffffff…neeein!“ Der Clubbesitzer spricht zwar fließender, hat aber nicht sonderlich mehr Grips als seine Angestellten. Man parkt seinen teuren Ferrari nicht direkt vor dem Eingang! Wenn man sich so ein Auto leisten kann, könnte man sich dann nicht auch jemanden leisten, der es in sicherer Distanz von besoffenen Autopinklern, Spiegelabtretern und Lackzerkratzern parkt? Wir wissen es nicht. Bullshitfaktor: 4/10
Til Schweiger:
Bevor er überhaupt an der Tür war, hat er Hausverbot bekommen und betrinkt sich am Currywursttand mit Jägermeister—wir gratulieren dem Türsteher. Schweigerfaktor: 0/20
Bullshitlevel gesamt: 7 Punkte
Bonus: MÄNNERHERZEN (2009)
Na gut, das ist kein Club, aber auch auf Hauspartys kann man gut feiern.
Crowd / Location:
Von den 23 Menschen, die im Bild auftauchen, sind 20 weiblich. Diese Frauen sehen natürlich alle gut aus, sind dünn und kratzen wahrscheinlich grade so an der Intelligenzgrenze um ihre Schauspiel/Modelkarriere, zusammen mit den Frauen aus One Way, zu beginnen. Für eine Hausparty hat Til auf jeden Fall ordentlich Platz in seiner Villa zur Verfügung und den bunten Mustern an der Wand zufolge wurde irgendwo an der Decke eine Discokugel oder ein kleiner Moving Head installiert—schönes Ambiente mit wenig Aufwand. Bullshitfaktor: 2/10
Musik / Personal:
„Get Sexy Right Now” sollte für sich selbst sprechen. Sugababes sind auf einer Partymusikstufe mit Nelly Furtado und Rihanna—anspruchslos, sowie zum Betrinken und Aneinanderreiben perfekt geeignet. Personal gibt es nicht wirklich, außer dem Gastgeber Til Schweiger. Bullshitfaktor: 4/10
Til Schweiger:
Komisch, dass Til in den 54 Sekunden nicht vier mal angegraben wird. Dafür gleitet er mit fünf Frauen wie eine Ballkönigin die Treppe herunter. Heute hat er mal keine Lust auf Ärger, er lädt seinen Nachbarn sogar zum Feiern und Trinken ein. Wer hätte gedacht, dass Til auch ganz cool auf einer Party sein kann—er muss sie nur selbst veranstalten. Schweigerfaktor: 3/20
Bullshitlevel gesamt: 9 Punkte
Also Til, Kopf hoch! Manchmal ist es ja gar nicht so schlimm. Leg vielleicht halb so viel Herzblut in die Clubszenen wie in deinen wichtigen Beitrag zur aktuellen Flüchtlingsdebatte und wir können den nächsten Schritt in der Filmgeschichte gehen. Dann klappt’s auch mit einem Feature im nächsten Clubszenen-Supercut.
Vincent feiert zwar nicht mit Til Schweiger, dafür hat er Twitter.
Dieser Artikel ist vorab bei unseren Kollegen von THUMP erschienen.
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