Fotos von Life is Samazing
Arial Yoga, Prana Yoga, Körperarbeit, Grinberg-Methode, Kampfkunst, Osho Meditation, Marokkanischer Teesalon, Naturkosmetik, Soundhealing, Osteopathie, Shiatsu. Neben Downtempo, Techno und Alleinunterhaltern konnte man beim Aufwind Festival vergangenes Wochenende auch Möglichkeiten finden, etwas zu seinem inneren Friedenshaushalt beizutragen. In der Eventbeschreibung des Festivals findet man diese Wörter unter der Überschrift “Heilkünste”. Die Hälfte davon hätte ich wahrscheinlich für etwas Essbares gehalten, seit dem Aufwind weiß ich aber, dass sie viel mit Liebe, Spiritualität und erstaunlich gefährlicher Akrobatik zu tun haben. Also Arial Yoga zumindest. Wovon sie mich genau heilen sollen, muss ich mir allerdings noch ermeditieren.
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Sargnagel hat es nicht gefühlt.
Ich bin alles andere als spirituell. Das Einzige, das bei mir Einklang ist, ist meine schwarzes Gewand und meine noch schwärzere Seele. Das muss ich ändern, also habe ich die Chance genutzt, am wokesten Festival des Jahres (Fusion setzt ja aus) herauszufinden, wie Leute eigentlich glücklich werden und wie sie ihre innere Mitte finden.
Es wäre wahrscheinlich recht einfach, sich über die Eso-Seite des Festivals lustig zu machen und nichts davon mitzunehmen. Nach ein paar Gesprächen mit anderen Festivalbesuchern und einer halben Stunde in der Hängematte hab ich mich allerdings dagegen entschieden. Ich kann mit den meisten Eso-Praktiken immer noch nichts anfangen – die Gedanken, die man sich beim Yoga und Meditieren machen sollte, sind aber tatsächlich etwas, womit sich jeder beschäftigen sollte. Vielleicht mach ich nächstes Jahr schon meinen eigenen Yoga-Stand auf. Ich nenn es “Yoga für Realisten” und wir singen wissenschaftliche Texte als Mantras. Auf das Aufwind werde ich jedenfalls wieder gehen, auch wenn mich die 22:00 Uhr-Sperrstunde sehr traurig gemacht hat.
Am Ende des Artikels haben wir übrigens auch noch ein paar Fotos, die vielleicht auch diejenigen glücklich machen, die nicht dort waren.
Carmen, 31
Noisey: Was machst du, damit du glücklich bist im Leben?
Carmen: Musik hören. Ich hör ganz unterschiedliche, weil ich mag eigentlich alles. Von Reggae bis Dub alles Mögliche. Wobei ich elektronische Musik eher weniger höre, ich mag mehr instrumentale Sachen. Ich brauch das auch, um runterzukommen im Alltag.
Wie findest du deine innere Mitte?
Ich mach sehr viel Yoga und ich meditiere auch. Ich mach Kundalini-Yoga, bei dem man auch viele Mantren singt, das hat also auch wieder mit Musik zu tun.
Hattest du beim Meditieren schon irgendwelche Erkenntnisse?
Nein, noch nicht. Ich wollte im Februar Vipassana-Meditation ausprobieren, bei dem man zehn Tage schweigen muss. Das hab ich dann aber nicht gemacht und bin stattdessen nach Indien gefahren und hab dort eine Yoga-Lehrerausbildung gemacht. Die Ausbildung hab ich gemacht, weil ich mehr meditieren wollte, aber leider Probleme dabei hab, ruhig zu sitzen oder wirklich zur Ruhe zu kommen. Es gibt wahrscheinlich schon den Wunsch, zu einer Erkenntnis zu kommen, aber ich glaube, das einzig Wahre ist, sich bewusst zu sein und im Jetzt zu sein.
Welche Lebensweisheit kannst du weitergeben?
Lass dich nicht von deinem Außenumfeld beeinflussen und bleib dir selber treu. Oder um’s kürzer zu sagen: Hör auf dein Herz.
Armin, 30
Machst du Yoga oder meditierst du?
Armin: Eher nicht so, nein.
Hast du eine Methode, um deine innere Mitte zu finden?
Über meine innere Mitte mach ich mir relativ wenige Gedanken, außer ich bin außerhalb der inneren Mitte
Und wann bist du außerhalb deiner inneren Mitte?
Vielleicht, wenn ich zu viel fort war. Oder zu viel blöde Arbeit mache. Da hilft es, wenn man ab und zu einfach nichts macht.
Wenn du mit deinem früheren Ich reden könntest, was würdest du ihm ausrichten?
Da muss ich Spinal Tap zitieren: “Have a good time, all the time.” Aber ich hab keine Lebensweisheit. Wenn ich meinem jugendlichen Selbst einen Tipp geben müsste, dann wahrscheinlich, dass ich eh alles richtig gemacht habe, weil ich mich eigentlich meistens in der Mitte befinde.
Wie wird man glücklich, Armin?
Indem man viel mehr darüber nachdenkt, was einen glücklich macht. Und wenn man das gefunden hat, es auch so viel es geht machen.
Bashir, 20
Wie wirst du glücklich im Leben?
Bashir: Indem ich Party mache und etwas mit Freunden unternehme. Fußball spielen und sowas.
Wie findest du deine innere Mitte?
Da habe ich mir noch nicht so viele Gedanken darüber gemacht.
Vielleicht hast du sie ja schon gefunden. Bist du ausgeglichen im Leben?
Ja, schon.
Dann machst du vielleicht schon alles richtig.
Nicht alles. Ich möchte mich zum Beispiel mehr engagieren für andere Leute. Ich möchte, dass sich andere Menschen besser fühlen.
Was ist die eine Lebensweisheit, die du anderen mitgeben kannst?
Man soll Sachen richtig machen und keine halben Sachen.
Michael, 55
Was machst du, damit du glücklich wirst?
Michael: Ganz banal. Ich geh unter die Leute und trink ein oder zwei Bier. Ich mach mich dumpfer, damit ich nicht alles so mitbekomme.
Also ein bisschen Realitätsflucht.
Nein, so stimmt das auch nicht. Es stimmt deswegen nicht, weil ich mein ganzes Leben lang ein Partytiger war und mich jetzt zurückziehe. Also meine Believes sind, dass es ultimative Liebe und Unendlichkeit gibt. Das ist meine Prämisse. Aber das Leben ist natürlich eine andere Geschichte. Wenn’s Geld beim Fenster reinfliegen würde, würde ich mir leichter tun.
Also ist Arbeit für dich nicht unbedingt dein Lebensinhalt?
Ich mach das nur für meine Freiheit. Aber mit 20, 30 oder 40 hab ich das auch noch nicht gemacht. Das ist sicher von den Generationen abhängig. Wenn du einen 20- oder 60-Jährigen fragst, sagen dir die andere Gründe, warum sie arbeiten.
Warum arbeitest du?
Das ist schwierig. Damit ich nicht verhungere, glaube ich. Weil es ein Zwang ist.
Und was machst du, damit du deine Mitte findest?
Meine Glückseligkeit kommt von meinem Herzen und unabhängig von außen. Wenn ich gut drauf bin, dann gehe ich unter die Leute und lebe halt. Das ist so wie eine Momentaufnahme. Aber mich wundert es, dass Menschen rausgehen und solche Fragen wie deine stellen.
Warum das?
Weil ich mir denke, wenn du esoterische Weisheiten googelst, kriegst du Vorschläge forever. Aber das kann keiner leben. Jetzt sag ich dir, was ich wirklich glaube. Wenn jemand Fehler bei den anderen sucht, der ist schonmal am Holzweg. Du kannst tausendmillionen Fehler und Schwächen bei den anderen finden. Das ist meistens der erste Weg, um nicht bei sich selber nachzuschauen. Aber jede Regierung, jeder Staat, jedes Böse versucht das auszunutzen. Weißt du das schon?
Den Gedanken hatte ich so wahrscheinlich noch nicht.
Die Schwäche der Menschen wird brutal ausgenutzt. Wenn ich weiß, dass du abhängig von Burger bist, schick ich sie dir nach Hause. Du kannst die Leute zu Konsumenten machen und damit abhängig. Man soll nicht mehr denken und die Produkte kaufen. Und lieben soll man auch niemanden mehr. Weil Liebe würde etwas in Frage stellen. Die meisten Menschen fangen ja erst an zu denken, wenn sie Kinder kriegen.
Gibt es eine Lebensweisheit, die du weitergeben kannst?
Pass auf, ich mach es schnell, damit ich ins Kommerzbild reinpasse: Wenn du Angst hast, schau es dir an und versuch es zu überwinden.
In Kalifornien sind sie uns schon einen Schritt voraus:
Sylvia, 37
Was machst du, damit du glücklich bist im Leben?
Sylvia: Mir mit den richtigen Menschen die richtigen Freizeitangebote aussuchen. Zum Beispiel selber Pflanzen anbauen, Seifenblasen machen, andere zum Lachen bringen, mit Freunden abchillen.
Die Seifenblasen machst du ja auch professionell, wie oft bist du da unterwegs?
So oft, wie es geht. Man kann mich auf Kindergeburtstagen, Hochzeiten oder Festivals buchen. Aber ich geh auch auf die Straße und mach Straßenkunst – also Buskern. Daher kommt auch mein Tattoo. Ich hab auch das Buskersfestival am Karlsplatz mitorganisiert zum Beispiel.
Welche Lebensweisheit kannst du weitergeben?
Versprich nichts, was du nicht halten kannst.
Hast du schon öfter Versprechen gebrochen?
Ich? Nein. Wenn ich ein Versprechen mache, dann weiß ich, dass ich sie halte.
Hast du schonmal jemanden angelogen?
Natürlich. Wer sagt, er hätte es nicht gemacht, der lügt.
Soll man Leute anlügen?
Man sollte es vermeiden, aber ich denke Notlügen oder die feinen kleinen Lügen sind kultiviert und werden angenommen. Man weiß, dass man angelogen wird und man nimmt es hin, weil es sich für einen selber auch besser anfühlt. Aber große Lügen sind richtig scheiße. Freunde anzulügen, geht gar nicht.
Letzte Frage: Wie findest du deine innere Mitte?
Gute Frage. In der Natur auf jeden Fall. Irgendwo im Wald im Grünen spazieren, wo keine Menschen sind, ist das allerbeste. Ich hab auch ein Selbsterntefeld und das gibt eine Ruhe, gegen den Stress den man sich selber aufhalst. Du kommst dabei nicht dazu, über Scheiße nachzudenken und das bringt eigentlich die wahre Ruhe. Alles andere sind nur Hilfsmittel. Aber Natur ist etwas, das tatsächlich Ruhe bringt und eine innere Entspanntheit auslöst.
Verena, 23
Wie findest du deine innere Mitte?
Verena: Gar nicht. Ich glaube, die gibt es gar nicht. Seine innere Mitte zu finden, das ist ein ewiger Weg, der nie zu Ende ist.
Wie trägt man dem Weg etwas bei?
Ja, meditieren wahrscheinlich.
Und meditierst du?
Nein. Aber das wäre der Weg, wahrscheinlich.
Was macht dich glücklich?
Keine Ahnung. Das frag ich mich seit Tagen. Man kann das ja nicht so allgemein sagen, das hängt ja immer vom Moment ab. Sonne macht mich glücklich. Aber auch nicht immer, sondern nur dann, wenn ich nur an die Sonne denke und wie geil sie gerade ist.
Wenn du jemandem eine Lebensweisheit mitgeben könntest, welche wäre das?
Das sind so Sachen, die man schon hundertmal gesagt hat und sich einfach so sagen lassen und man vielleicht nie so richtig meint. Mir fällt jetzt zum Beispiel ein: einfach machen. Aber die Umsetzung ist schwierig. Wie soll ich einfach machen? Das ist so eine Weisheit, die wissen wir alle, die hilft uns aber nicht.
In der Theorie wär’s zumindest eine schöne Weisheit. Danke.
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