Christina Platt nackt bei einer Show von Keys N Krates (Foto von Platts Facebook-Profil)
Die 23-jährige Christina Platt hat ihre 15 Minuten Internet-Ruhm bekommen, nachdem ein unscharfes Video von ihr viral gegangen ist, in dem sie bei einem Konzert von Keys N Krates nackt auf die Bühne springt. Das Video zeigt Jr. Flo über seine Plattenspieler gebeugt und ein kreischendes Publikum, das gierig die Klänge von GTA und Juyen Sebulbas „Hard House“ aufnimmt. Als der Beat einsetzt, springt Platt auf die Bühne, begleitet von Rufen und Pfiffen. Sie hüpft ein paar Sekunden ausgelassen mit erhobenen Armen herum, bis der Artist-Manager versucht, sie einzufangen. Was als nächstes kommt, macht aus einer wahllosen Festival-Dummheit einen Akt, der als Legende in die EDM-Geschichte eingeht: Platt kriecht unter dem DJ-Pult durch, rennt hinter den DJ, springt auf dessen Rücken und schlingt die Beine um ihn, wobei ihre wogenden Pobacken das Strobo-Licht reflektieren. Das Publikum dreht durch. Der Manager entflechtet sie letztendlich vom Rücken und hebt sie hoch, um sie von der Bühne zu tragen. Die ganze Sache dauert weniger als eine Minute.
Videos by VICE
Das Video hat sofort im Internet die Runde gemacht—eine Version, die auf der Facebook-Seite der Stanton Warriors gepostet wurde, hat über 8 Millionen Views und auf YouTube gibt es mindestens sieben verschiedene Versionen. Der Vorfall wurde auch von diversen Blogs aufgenommen, einer davon hat beängstigenderweise sogar eine Slideshow mit ihren Facebook-Fotos gepostet.
Während die meisten Leute die Vorstellung, nackt vor tausenden von schreienden Ravern zu stehen, irgendwo zwischen „einer demütigenden Erinnerung daran, mehr ins Fitnessstudio zu gehen“ und „einem höllischen Albtraum, von dem man sich nie wieder erholt“ einordnen würden, hat Platt nie auch nur den Anflug von Scham gezeigt. Und während die meisten Flitzer sich in den 15-Minuten Internet-Ruhm sonnen würden, um dann wieder in ihr normales, bekleidetes Leben zurückzukehren, hat Platt diese Aktion als Grundstein einer Flitzer-Karriere gesehen—und da wird die Geschichte interessant.
Christina Platts #TeamPlatt-Plastikarmband
Christina Platt hat sich sofort auf Social-Media-Plattformen mit #TeamPlatt gekennzeichnet, ihre Emailadresse bei Facebook veröffentlicht und Status-Updates über die Wichtigkeit von Selbstvertrauen gepostet. („Hast du dich jemals so wohl mit dir selbst gefühlt, dass du dich kneifen musstest, um sicherzugehen, dass es echt ist? Und du nicht aufwachst und nur geträumt hast?“, fragt sie in einem aktuellen Facebook-Video.) Sie hat anschließend ihre Fans ermutigt, „Team Platt“-Plastikarmbänder zu tragen, was Raver auf der ganzen Welt zu Selbstbestimmung ermutigen soll. Sie hat sogar angefangen, das #FreetheNipple-Hashtag zu nutzen, was eine feministische Bewegung ist, die von Miley Cyrus bei Instagram bekannt gemacht wurde und das Recht der Frauen, sich in der Öffentlichkeit oben ohne zu zeigen, fördern soll—etwas, was Männern schon immer machen können. Vor ein paar Tagen hat sie außerdem ein Video gepostet, in dem sie den Vorfall beim Keys n Krates-Konzert in ihrem Wohnzimmer nachgestellt hat, mit dem Text „Schauen wir mal, von wie vielen sozialen Netzwerken ich mich heute sperren lassen kann…“
Diese Kombination aus Selbstsicherheit und dickem Fell, gepaart mit unermüdlicher Eigenwerbung und Social-Media-Cleverness haben den Flitzer-Vorfall zu etwas Größerem als nur einem dummen Streich gemacht—er hat Christina Platt zu einem Symbol einer bestimmten „Fuck it“-Idee der eigenen Befreiung gemacht. Ihre 5.000 Facebook-Freunde (nur durch das Limit von Facebook begrenzt) sind begeistert von ihrem neuen Idol und bitten sie darum, dass sie deren Namen auf ihre Brüste schreibt—was sie ein paar Mal auch gemacht hat—und steigern sich in ihre gewagten Snapchats rein. Mit anderen Worten, Christina Platt hat ihre eigene persönliche Marke um die Idee des EDM-Flitzers als Bewegung aufgebaut. Wir haben mit Platt am Telefon gesprochen, um über die berüchtigte Nacht zu sprechen, ihre zweite Einlage bei einem Afroman-Konzert und was es bedeutet, im #TeamPlatt zu sein.
Noisey: Hey Christina! Erzähl uns, was bei dem Keys N Krates-Konzert passiert ist.
Christina Platt: Ich habe gehört, dass sie in der Stadt sind und habe mir gesagt, dass ich das auf keinen Fall verpassen will. Ich bin ein großer Fan. Wir sind recht spät hin, so gegen ein Uhr nachts. Der Laden war relativ klein und ziemlich voll. Ich habe gesagt: „Ich will auf die Bühne, ich will mich ausziehen.“ Also hat mich ein Typ mit VIP-Zugang bis zur Bühne gebracht und ich habe mich ausgezogen und bin auf die Bühne gesprungen. Ich liebe Jr. Flow, ich wollte ihn unbedingt umarmen, Spaß haben und keine große Sache daraus machen. Der Manager der Band hat mich verfolgt und sie haben mich zum Haupteingang getragen, da wo du bezahlst, um reinzukommen. Sie waren sehr nett und wollten mich nicht nackt auf die Straße setzen. Sie haben mich bleiben lassen und ihre Jacken ausgezogen, damit mich keiner nackt sieht. Dann haben sie mich wieder reingehen lassen und ich habe mit dem Crowdsurfing angefangen. Das war lustig, weil niemand eine nackte Frau beim Crowdsurfing erwartet, was kannst du also anderes machen als deine Hände hochnehmen und sie zu tragen?
Was ging dir durch den Kopf, als du dich ausgezogen hast?
Die Musik ist so gut, ich will näher dran. Warum hängen diese dummen Klamotten an mir fest, das stört mich, das hält mich zurück. So kannst du kannst nicht vernünftig tanzen! Nackt zu tanzen ist überwältigend. Es ist ein tolles Gefühl.
Bist du beim Keys N Krates-Konzert zum ersten Mal geflitzt?
Nein, das erste Mal war beim Life in Color-Festival in Miami vor ein paar Monaten. Ich bin nicht so aus mir rausgegangen wie bei Keys N Krates, weil dort so viele Leute waren. Aber es war befreiend.
Woher kommt der Mut, so etwas zu tun?
Früher, in der High School, war ich total schüchtern und depressiv. Ich habe geritzt und die ganze Zeit schwarz getragen oder mitten im Sommer einen Sweater, um meinen Körper zu verstecken. Dann habe ich angefangen, Sport zu machen und Gewicht verloren. Als ich mich das erste Mal ausgezogen habe, war ich zum ersten Mal wirklich zufrieden mit mir selbst. Die ganzen letzten Nacktaktionen haben mich sehr selbstbewusst gemacht.
Du bist auch vor Kurzem bei einem Afroman-Konzert geflitzt, richtig?
Ja! Ein paar meiner Freunde haben eine Band und kennen ihn persönlich, weil sie mit ihm aufgenommen haben. Sie haben versucht, mir das auszureden—„,mach nicht das Gleiche nochmal, die Leute wollen etwas anderes.“ Nachdem Afroman gespielt hat, hat er versucht, bei seinem Tour-Van die Straße zu überqueren, also bin ich mit einem befreundeten Fotografen zu ihm gerannt, haben ihm das Video gezeigt und ich habe ihm die Geschichte erzählt. Ich habe gefragt: „Macht es dir was aus, wenn ich mich nackt mit dir fotografieren lasse?“ Und er hat gesagt „Nein, kein Problem.“ Also haben wir das Bild gemacht.
Hast du dich seither nochmal irgendwo ausgezogen?
Ich habe letztes Wochenende im Amphitheater in Tampa versucht, das Gleiche zu machen und nackt zum DJ auf die Bühne zu springen. Aber es hat nicht geklappt, weil die Bühne sehr hoch ist. Ich musste also meine Klamotten ausziehen, auf einen Mülleimer steigen und dann auf die Bühne. Der Mistkübel ist bei dieser Aktion aber zusammen mit mir umgefallen, danach hat die Security mich ziemlich schnell gepackt und recht unsanft behandelt.
Was meinst du mit unsanft?
Sie haben mich splitternackt auf die Straße gesetzt, mitten in ein Straßenfest, was gerade im Gange war. All diese Leute haben Fotos und Videos gemacht. Zunächst war ich beschämt. Diese Security-Leute hatten keinen Anstand—sie haben mir Hausverbot erteilt. Aber dann haben die Leute gesagt: „Heilige Scheiße, das ist das Keys N Krates-Mädchen, das ihr Ding macht!“
Ich bin splitternackt in sechs Polizisten gerannt und dachte mir, dass nichts Gutes passiert. Aber die Polizisten haben nur gesagt: „Was machst du hier nackt?“. Letztendlich kam der Besitzer des Amphitheaters, Paul, mit einem Polizisten raus und hat gesagt: „Das ist einfach das, was sie macht.“ Er hat mir Hausverbot aussprechen lassen, aber ich wurde nicht festgenommen oder so. Da war ein unheimlicher Typ, der alles gefilmt hat. Die Polizisten haben ihm gesagt: „Entweder verschwindest du hier oder wir nehmen dich fest.“ Einige Leute haben gesagt: „Yo, magst du vielleicht Wasser und ein T-Shirt.“ Also ging alles gut aus.
Ich habe ein Video von dir gesehen, in dem man dich nackt beim Crowdsurfen sieht und die Leute dich überall anfassen. Was ist das für ein Gefühl, wenn das passiert?
Ich finde es OK, wenn Leute meine Brüste anfassen. Wenn sie versuchen, mehr zu machen, finde ich das ekelhaft. Ich bin keine gewalttätige Person, also versuche ich sie nur zurechtzuweisen. Ich weiß nicht. Niemand hat jemals einen Finger da rein gesteckt!
Was bedeutet die #FreetheNipple-Bewegung für dich?
Zuerst war es ein Witz. Einer meiner Freunde hat gesagt: „Hast du dieses Video gesehen? Es heißt Free the Nipple.“ Aber dann haben [Free the Nipple] sich über Instagram bei mir gemeldet und wollten, dass ich sie unterstütze. Ich persönlich weiß nicht, worum es bei der Bewegung geht. Ich denke, es geht darum, die Freiheit zu haben, sich auszuziehen?
Ich habe bei Facebook gesehen, dass du Tickets an Leute verkaufst, damit du ihren Namen auf deine Brüste schreibst?
Oh mein Gott, Michelle! Das war ein Witz! So viele Leute versuchen mich dazu zu bringen, das zu machen, also habe ich einfach gesagt, dass sie ein Ticket für eine Auslosung kaufen müssen. [Lacht]
Ich wette, es gibt tausende Typen, die versuchen, dich anzumachen und dich nerven.
Viele Typen, viele. Ich habe tausende ungelesene Nachrichten. Sie sind alle aus einem anderen Bundesstaat. Viele von ihnen sind wirklich cool, ich erzähle ihnen meine Geschichte und meine Ansichten und sie verstehen es. Ich habe das Gefühl, dass ich eine Menge Freunde gewonnen habe.
Wer sind deine Lieblings-DJs?
RL Grime und Keys N Krates!
Du hast dir vor Kurzem ein Tattoo machen lassen, auf dem steht „shred the clothes that keep us labeled“. Was bedeutet das?
Ich habe das mal gesagt und dann gedacht: „Wow, das ist wirklich gut, das muss ich aufschreiben und mit tätowieren lassen.“ Die Leute kümmern sich um so viele materialistische Dinge. Zum Beispiel was sie tragen: Oh, du trägst Forever 21? Du musst Gucci tragen. Lasst uns unser Leben ohne Etikette leben, lasst uns uns in unserer Haut wohlfühlen, in der wir uns befinden.
Was ist die schlimmste Kritik, die du jemals über dich gehört hast?
Ich kann diese Artikel nicht ausstehen, in denen über mich gelästert wird und die all diese hasserfüllten Dinge sagen. Niemand hat mich je dazu befragt. Sie haben ihre eigene Meinung über mich—dass ich nur Aufmerksamkeit will, dass ich eine Schlampe bin, mich fingern lasse. Es ist verdammt absurd, aber die Leute glauben es. Ich mag die Bekanntheit, versteh mich nicht falsch, aber ich denke flitzen macht so viel Spaß—es ist so befreiend. Die Leute sind so unsicher wegen sich selbst und öffentliche Nacktheit hat so einen schlechten Ruf. Es ist 2015, wenn jemand nackt rumlaufen will, wo ist das Problem?
Was gehört zu den netten Dingen, die Leute über dich sagen?
Sie loben meinen Mut und meine Scheiß-egal-Einstellung. Es gibt ein Label in Orlando, Florida, das eine Team-Platt-Kollektion machen wird. Ich will Merchandise und Plastikarmbänder machen, um die Botschaft zu verkünden. Ich will das Meiste aus meiner Situation rausholen.
Michelle Lhooq ist Redakteurin bei THUMP und passionierte Anziehsachen-Trägerin – @MichelleLhooq
Dieser Artikel ist vorab auf THUMP erschienen.
**