Wenn du die letzten Tage nicht komplett verpennt hast, dann ist dir eine Sache mit Sicherheit nicht entgangen: In der Nacht von Sonntag auf Montag wurden mal wieder die Oscars verliehen. Das interessiert doch nur irgendwelche Film-Nerds, denkst du dir jetzt bestimmt. Falsch gedacht! Die Verleihung war gerade dieses Jahr so besonders, weil es sich wohl um die letzten Academy Awards handelte, über die in normaler Nachrichtenform berichtet wird. Schon in den vergangenen beiden Jahren ließ sich nämlich beobachten, wie die Internet-Gemeinde bizarres und aufsehenerregendes Verhalten von Promis (und auch Nicht-Promis) in Sekundenschnelle in diverse Memes ummünzt. Memes sind ein eigenes Nachrichtenmedium geworden. In 15 Jahren schauen wir uns nicht mehr die Academy Awards an, sondern die Academy of Meme Awards – mit Fat Jewish und dem “Cash Me Ousside”-Mädchen auf dem roten Teppich. Die richtigen Schauspieler hängen hingegen zu Hause auf dem Sofa herum und setzen viralgehende Tweets über das ab, was sie da im TV sehen. Ein ewiger Kreislauf.
Bevor es soweit ist, müssen wir aber noch die ganzen Memes der diesjährigen Oscar-Verleihung analysieren und bewerten – schließlich wollen wir ja nicht zurückbleiben wie Neandertaler, die sich mit Grunzlauten verständigen und keine Ahnung haben, wer oder was Pepe der Frosch ist. Welches dieser Memes wird sich für immer in unser kollektives Gedächtnis einbrennen und welches wird übermorgen schon wieder vom nächsten viralen Trend abgelöst? Werfen wir einen Blick in unsere Kristallkugel! Hier sind die Nominierungen für das beste Meme der Oscars:
Videos by VICE
Sind so krasse Hände
Wie wichtig wird dieses Meme in sechs bis acht Wochen sein?
5/10
Tja, dieses Meme könnte sich auf unterschiedliche Arten entwickeln. Jetzt in diesem Moment ist es nicht unbedingt eine lebenswichtige Information, dass Nicole Kidman applaudiert wie eine von diesen Guinness-Buch-Frauen mit zwei Meter langen Fingernägeln. Eigentlich klatscht sie sogar, als würde die Zwei-Meter-Fingernagel-Guiness-Buch-Frau versuchen, eine außergewöhnlich lahmarschige Fliege zu killen. Das ist witzig, aber nichts Weltbewegendes. Doch die grazile Porzellanstatue mit makellosem Botox-Antlitz, die wir als “Nicole Kidman” kennen, wird dadurch ein bisschen menschlicher. Das könnte noch irgendwann relevant werden — zum Beispiel wenn Nicole sich als Trump-Fan zu erkennen gibt oder anfängt, zum Spaß Waisenhäuser aufzukaufen und in Hundehotels zu verwandeln. Dann nämlich können wir uns mithilfe dieses GIFs gegenseitig daran erinnern, dass Nicole auch nur ein Mensch ist und dass es aussieht, als würden zwei Löffel versuchen zu bumsen, wenn sie klatscht. Und dann wird daraus auch erneut ein Meme, mit ganz vielen Retweets. Versprochen.
Dumm ge-la-la-laufen
Wie wichtig wird dieses Meme in sechs bis acht Wochen sein?
4/10
Das große Upsie der diesjährigen Oscar-Verleihung: Emma Stones Siegerinnenkarte für die beste Hauptdarstellerin ( La La Land) ist in den falschen Händen gelandet. Warren Beatty stand kurz da wie ein tattriger Analphabet, bevor das ganze Team von La La Land den peinlichsten Auftritt seiner Karriere hinlegen durfte: Dankesreden für einen Oscar, der eigentlich den Leuten von Moonlight gehörte.
Faye Dunaway, so könnte man meinen, trifft hier mindestens die Hälfte der Schuld, immerhin war es Beatty, der zauderte und zögerte, während sie irgendwann den Namen La La Land raushaute. Aber meine Kristallkugel sagt mir, dass Dunaways Tritt ins Fettnäpfchen bald niemanden mehr interessieren wird.
Stattdessen ist es Warren Beatty, den diese Sekunden zur Meme-Ikone machen werden. Wie er dem Millionenpublikum langsam zu verstehen gibt, dass jetzt gleich der Siegerfilm verkündet wird, wie er immer wieder auf die Karte linst, und nochmal, und oh Scheiße, was mache ich nur … Ah, ich gebe die Karte einfach meiner Kollegin, und die darf live vor der ganzen Welt den Fehler machen. Wenn Warren Beatty alle Probleme so löst, bin ich der Erste, der bei seiner Reality-Show einschaltet und gebannt zusieht, wie er mit leicht verwirrtem Blick durch den Alltag gleitet. Ich würde bei VICE kündigen, um diese Sendung zu schauen.
Kung-Fu und Pandas
Wie wichtig wird dieses Meme in sechs bis acht Wochen sein?
Gleichzeitig 10/10 und 0/10
Jackie Chans Begleitung zur Oscar-Verleihung waren zwei Kuschelpandas. Das sprengt den Meme-Rahmen, denn Memes sind kurzlebig, vergänglich und vergessenswert. Doch Jackies Pandas sind so viel mehr. Sie fügen sich zu Grundpfeilern der Chan’schen Legende. Jackie Chan hat sich jeden Knochen mindestens eintausend Mal gebrochen und ist trotzdem einer der gelassensten, fröhlichsten Typen der Erde. Jackie Chan könnte mich auf hundert verschiedene Arten töten, bevor ich auch nur meine Finger zur Faust geballt hätte, aber gleichzeitig hat er die Ausstrahlung einer besonders lieben Schulcafeteria-Kraft, die einem schon mal zwinkernd einen Schokoriegel zusteckt, wenn die Matheprüfung wieder besonders schlimm gelaufen ist*. Jackie Chan, Panda-Botschafter, hat zwei Kuschelpandas dabei, um auf die gefährdeten Bären aufmerksam zu machen. Jackie Chan ist zu gut und rein für diese Welt, und auch für Memes. Jackie Chan ist ein Engel. Ich liebe dich, Jackie.
Suicide Squad hat einen Oscar gewonnen
Wie wichtig wird dieses Meme in sechs bis acht Wochen sein?
7/10
Suicide Squad ist das, was passiert, wenn ein Accessoire-Laden für Pop-Punk-Gören explodiert, und Will Smith irgendwie noch in das Chaos reinstolpert. Aber der Film hat einen Oscar gewonnen. Zwar keinen guten – es war der fürs Make-up oder so –, aber immerhin. Suicide Squad ist ein Oscar-prämiertes Werk. Und das wird niemals irrelevant werden, denn es bedeutet, dass auch du deine Träume wahr machen kannst. Du kannst absolut alles schaffen, was du dir vornimmst.
Ryan Gosling verzaubert eine schockierte Frau mit seinem Süßholzgeraspel
Wie wichtig wird dieses Meme in sechs bis acht Wochen sein?
0/10
Aus irgendeinem Grund hatten die Verantwortlichen der Academy Awards den Late Night-Moderator Jimmy Kimmel als Host der Veranstaltung auserkoren. Leider kann Kimmel nichts, außer sich über dumm daherredende, schlecht angezogene und ein Doppelkinn habende Passanten lustig zu machen, die sein Team auf den Straßen Hollywoods ausmacht. Aus diesem Grund hat der Moderator auch eine Busladung dieser Leute zu den Oscars eingeladen und sie mit ihren nicht passenden Shorts und Mützen auf die Bühne geholt. Die ganzen Schauspieler, Musiker und Models klatschten höflich, während die “echten” Menschen im Rampenlicht ihre Smartphones zückten und Fotos machten. Falls die reiche Oberschicht die arme Unterschicht in einer dystopischen Zukunft in einen Zoo stecken sollte, dann würde das wohl genau so aussehen.
Ryan Gosling, der alte Charmeur und selbst ein wandelndes Meme, hat sich schließlich zu den “echten” Menschen gesellt. Dabei stellte er sich ganz zärtlich und leise flüsternd einer der Damen auf der Bühne vor. Das Foto, das dabei entstand, war natürlich Wasser auf die Mühlen der Meme-Schöpfer:
Aber wirst du dich in 45 Minuten noch an dieses Foto erinnern? Auf keinen Fall. Du wirst dir das Bild nicht mal dann in Erinnerung rufen können, wenn Terroristen dir eine Autobatterie an die Nippel anschließen. Deshalb solltest du diesen Moment der Belustigung lieber richtig auskosten.
Taraji P. Henson als ein “Bitch, please!” in Fleisch und Blut
Wie wichtig wird dieses Meme in sechs bis acht Wochen sein?
10/10
Wir haben einen Gewinner. Mir war gar nicht bewusst, dass das menschliche Gesicht so viel Verachtung auf einmal ausdrücken kann. Ich fühle mich wegen einer Frage verurteilt, die ich gar nicht gestellt habe. Wenn ich mir dieses GIF anschaue, dann schlägt mein Herz schneller und ich fühle mich wieder wie ein kleiner Junge, der etwas angestellt hat. Das ist das Oscar-Meme, an das wir uns noch sehr lange erinnern werden. Es wird die Liste der Reaktions-GIFs nämlich erstmal dominieren. Besser wird’s nicht. Vielen Dank, liebe Oscars 2017, für dieses Geschenk an die Meme-Generation.
*Apropos: Wenn es einen Film mit Jackie Chan gäbe, der Mein Freund in der Cafeteria hieße, würde ich ihn mir sofort anschauen. Ich stelle mir das so vor: Chan muss das Verhältnis zu seinen Enkeln kitten und beschließt, eine Art Kindergartencop/Mrs. Doubtfire-Mashup abzuziehen. Er geht undercover als Cafeteria-Dame und kämpft um die Gunst der Kleinen. Sie finden ihn aber nicht cool und trauen ihm auch nicht über den Weg, bis es mal zu einem Missgeschick in der Küche kommt und er deswegen die Essenstabletts selbst an die Tische liefern muss. Er bringt die ungeduldigen Kinder zum Staunen, indem er alle Tabletts mit perfekten Kung-Fu-Tritten an die Plätze kickt (Soundtrack: “Who Let the Dogs Out?” von Baha Men). Nach diesem fröhlichen Start entdeckt Jackie allerdings eine dunkle Verschwörung: Der Schuldirektor (Zach Galifianakis) steckt mit einem Mafia-Boss (Ruby Rose) unter einer Decke und wäscht durch die Schule Geld oder betreibt Schwarzhandel mit Lesefibeln oder so. Jackie und die Kinder können als einzige diesen heimtückischen Plan durchkreuzen, also bringt Jackie den Kleinen in einer Reihe von Montagen Kung-Fu bei. Außerdem ist da noch der Hausmeister der Schule (Kevin James), der nicht erkennt, dass unter Jackies Verkleidung ein schweigsamer 62-jähriger Opa steckt, und der extrem heiß auf die Cafeteria-Kraft wird.
OK, die Details stehen zwar noch nicht ganz, aber dafür verkaufe ich die Filmrechte auch besonders günstig. Interessenten können gerne 500.000 Euro an VICE schicken, zu Händen von Joel Golby. Übrigens gibt es eine Stelle, an der Jackie einen besonders muskelbepackten Jason Statham (Mafioso, der sich als Vater eines Schulkinds ausgibt) so hart in die Eier tritt, dass ihm die Stoppeln vom Kinn fliegen. DJ Khaled macht den Rap für den Abspann. Bitte produziert diesen Film.