Popkultur

Wir haben Leute mit Vokuhila gefragt, warum sie Vokuhila tragen

In Italien heißt die Frisur “Haare nach deutscher Art”, in Deutschland sagen wir schlicht “Vokuhila” – vorne kurz, hinten lang. Die goldene Ära des Haarschnitts war in den 1980ern, als Männer wie David Hasselhoff, Chuck Norris und Rudi Völler (nur echt mit Oliba) mit Hinterkopflocken zu Helden wurden und Nena mitsamt asymmetrischen Zotteln die Charts eroberte. In jüngeren Jahrzehnten ist die Vokuhila in Deutschland eher verpönt. Aber vor allem in Spanien wurde der Nackenspoiler nie so richtig zum Unding.

Das hat vermutlich historische Gründe: In Spanien kennt man die Vokuhila auch als “Borroka-Haarschnitt“, nach dem Kale Borroka, dem organisierten Straßenkampf der baskischen Unabhängigkeitsbewegung. Viele Vertreter der Bewegung trugen die Frisur, um ihre rebellische Haltung auszudrücken. Auch die Mercheros, ein nomadische Randgruppe in Spanien, haben diesen Stil im Landesbewusstsein mit Freiheit, Unabhängigkeit und Rebellion verknüpft. Das Baskenland mit seiner Metropole Bilbao ist bis heute eine Hochburg der ikonischen 80er-Jahre-Matte.

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Wir haben junge Vokuhila-Träger gefragt, wie sie zu ihrer vorurteilsbelasteten Unisex-Frisur stehen.

Ein Mann mit Brille und Vokuhila-Frisur
Foto: Javier González

RICARDO LEÓN, 24, STUDENT UND STOLZER VOKUHILA-TRÄGER

VICE: Warum trägst du eine Vokuhila, Ricardo?
Ricardo: Weil ich den Style mag. Ich liebe die 80er, und damals war dieser Haarschnitt viel verbreiteter, als die Leute heute denken.

Wofür steht für dich eine Vokuhila?
Eigentlich nicht viel. Es ist einfach nur ein Haarschnitt wie alle anderen Haarschnitte. Ist ja nicht so, als würde ich mich auf einmal frei und erfolgreich fühlen, nur weil ich hinten die Matte im Nacken spüre.

Ein Mann mit Vokuhila-Frisur, von hinten fotografiert
Foto: Javier González

Wie findest du es, das viele Vokuhilas für lächerlich halten?
Ich finde es schade, dass so viele Leute negativ auf Vokuhilas reagieren. Menschen haben mich schon beschimpft, andere starren einfach nur und lachen mich hinter meinem Rücken aus. Dadurch ist mir klargeworden, wie krass die Leute über andere urteilen. Es ist egal, was ich anhabe, was ich sage oder wie ich mich benehme – für manche werde ich immer aussehen wie ein Außenseiter oder “Junkie”. Aber Nicht-Spanier sagen mir häufiger, ich würde aussehen wie Pablo Escobar.

Eine Frau mit Vokuhila-Frisur
Foto mit freundlicher Genehmigung von Angela Huete

ANGELA HUETE, 21, PR-FRAU UND STYLISTIN

VICE: Hi Angela, hast du die Vokuhila aus einem bestimmten Grund?
Angela: Um ehrlich zu sein, nein. Das war nichts, worüber ich groß nachgegrübelt habe. Ich hatte kurze Haare und habe den Haarschnitt rauswachsen lassen.

Wie fühlst du dich damit?
Ich finde das sehr bequem. Es ist praktisch im Winter, weil die Haare schnell trocknen.

Denkst du, die Frisur hat einen Einfluss darauf, wie andere dich sehen?
Kommt auf die Situation an. Dieser Haarschnitt kann dich sexy aussehen lassen, aber sobald du eine Jogginganzug anziehst, siehst du aus wie ein 12-jähriger Gangster.

Macht dich deine Vokuhila optisch maskuliner oder femininer?
Es gibt heutzutage keinen Stil mehr, der entweder feminin oder maskulin ist. Aber wenn man nach dieser traditionellen Vorstellung geht, nach der Frauen lange Haare und Männer kurze haben, dann ist mein Haarschnitt wohl genau dazwischen – von hinten wie eine Frau, von vorn wie ein Mann.

Ein Mann mit Vokuhila-Frisur
Foto: Pol Rodellar

ALVERD GUAL-CIBEIRA, 26, MUSIKER

VICE: Denkst du, die meisten Menschen mit Vokuhila tragen die Frisur ironisch?
Alverd: Also, ich falle schon mal in diese Kategorie. Ich finde es sehr interessant, sich solche kulturellen Elemente anzueignen. Für mich ist das ein Weg, meine radikale, punkige Seite nach außen zu kehren. Außerdem mag ich, dass die Vokuhila weder Männern noch Frauen gehört. Diese Grenze verwische ich gern.

Verhalten sich Menschen dir gegenüber anders, seit du diese Frisur trägst?
Ja. Ich musste schon häufiger die Frage beantworten, warum ich versuchen würde, wie eine Frau auszusehen. Aber dasselbe passiert Frauen mit Vokuhila – bei ihnen gilt der Haarschnitt dann auf einmal wieder als etwas, das eigentlich für Männer ist.

Stört dich das?
Das sind nur dumme Stereotype. Ich weiß auch, dass ich schon ein paar Leute von ihren Vorurteilen und stereotypen Vorstellungen abgebracht habe. Ich muss sagen, das ist ein gutes Gefühl.

Eine Frau mit Vokuhila-Frisur
Foto von Ahida Agirre

AHIDA AGIRRE, 29, MODEDESIGNERIN

VICE: Wie kam es zu deiner Vokuhila, Ahida?
Ahida: Eines Tages wollte ich einfach meinen Look komplett verändern. Und das habe ich mir dann ausgesucht.

Hattest du dafür eine Inspiration?
Ich war in Bilbao, die baskischen Frauen haben mich dazu inspiriert. Dort ist die Vokuhila wirklich sehr präsent. Auch Kinder tragen sie.

Gehört die Vokuhila zu einer bestimmten Bevölkerungsgruppe? Ist das eine Frisur für Randgruppen wie die Mercheros, für “Assis”, oder hat sie längst eine ganz andere Bedeutung?
Historisch betrachtet haben Männer und Frauen aus vielen verschiedenen Bewegungen und Subkulturen Vokuhila getragen, und ich finde es schön zu sehen, dass mehr junge Leute das für sich beanspruchen. In Spanien gibt es wirklich viele Jugendliche mit Vokuhila, vor allem in Bilbao.

Zeigt dieser Trend, dass Jugendliche die alten Schönheitsvorstellungen an den Nagel hängen?
Ich würde mich freuen, wenn es nicht einfach ein Trend bleibt. Trends langweilen mich schnell – ich möchte was, das von Dauer ist, und ich denke, die Vokuhila ist hier, um zu bleiben.

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