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Wir haben Nicht-Singles gefragt, warum sie Dating-Apps benutzen

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Marta, 38, lernte auf Tinder einen Mann kennen und wurde sofort misstrauisch. Er rief sie immer nur aus dem Büro an und schrieb ihr ausschließlich über die App. Seine Telefonnummer wollte er ihr nicht geben. “Nach einer Weile fand ich zufällig heraus, dass wir ein paar gemeinsame Freunde hatten”, sagt sie. “Er war verheiratet und hatte zwei Kinder.” Zum Glück hatte sie sich emotional nicht zu sehr in die Beziehung hineingesteigert.

Wir alle wissen, dass ein bisschen gesundes Misstrauen bei Dating-Apps eh nie verkehrt ist. Aber neben den offensichtlichen Dingen wie Alter und Aussehen gibt es noch eine Sache, bei der einige Userinnen und User nicht hundertprozentig ehrlich sind: ihrem Beziehungsstatus.

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Und tatsächlich gaben 2015 bei einer Umfrage unter 47.000 Tinder-Usern satte 42 Prozent der Befragten an, nicht Single zu sein. 30 Prozent waren verheiratet, 12 Prozent in einer Beziehung. Andere Studien beziffern den Anteil der verpartnerten Personen auf Dating-Apps sogar auf zwei Drittel.

Auch die 27-jährige Francesca hat damit schon eine unschöne Erfahrung gemacht. “Er wollte, dass wir uns nur über Telegram schreiben – er habe Probleme mit WhatsApp”, sagt sie. Nach Monaten des Datens fand Francesca heraus, dass er verlobt war. “Er rief mich verzweifelt an und bat mich, seiner Verlobten nichts zu sagen. Ich habe sie schließlich kontaktiert und sie hat mit ihm Schluss gemacht.”

Beide Geschichten erreichten mich über meine Instagram-Community Match and the City, in der sich alles Beziehungen und Dating-Apps dreht. Das Schema bei solchen Storys ist fast immer dasselbe: Menschen, die bereits in einer Beziehung sind, versuchen, getrennte Kommunikationskanäle mit den Personen zu unterhalten, die sie über die Apps kennengelernt haben. Dafür erfinden sie irgendwelche Ausreden.

Aber warum machen Menschen das? Warum melden sich Nicht-Singles bei Dating-Apps an? Ein Grund, der immer wieder auftaucht: Fernbeziehungen.

Luca, 35, installierte sich Bumble, als er für die Arbeit ins Ausland zog. Seine Freundin daheim in Italien weiß nichts davon. “Wir sehen uns kaum, nur wenn ich nach Hause komme”, sagt er. “Sex ist ein großes Problem geworden. Ich weiß nicht, wie sie reagieren würde, wenn sie es herausfände, aber ich benutze die App sehr diskret.”

Viele andere nannten als Grund den Wunsch, mit anderen Leuten zu schlafen, ohne in ihrer Beziehung den Mut aufbringen zu können, darüber zu sprechen.

Eine Person verrät bei Not Gonna Lie (NGL), einer von Instagram unterstützten Plattform, bei der man anonyme Beiträge verfassen kann, dass sie Dating-Apps benutzt habe, als ihre Freundin verreist war. “Ich wollte den Nervenkitzel erleben, den ich schon lange nicht mehr gespürt hatte”, schreibt sie. “Ich habe sie geliebt, aber ich wollte unbedingt mit jemand anderem schlafen. Das Karma hat es mir aber heimgezahlt: Ich wurde von einer Freundin von ihr auf der App erwischt.”

Es ist aber auch so, dass eine konventionelle Beziehung nicht für jeden funktioniert. “Was die Liebe angeht, bin ich mit meinem Partner zufrieden, aber ich will nicht nur mit ihm Sex haben”, schreibt eine weitere anonyme Person. “Ich glaube nicht an Monogamie, ich denke, das ist nur ein Zwang, der uns von unserer Gesellschaft und Kultur diktiert wird.”

Der Wunsch nach neuen Sexualkontakten ist nur menschlich. Problematisch wird es, wenn man ihn in der Beziehung nicht äußert. Ehrlichkeit und Kommunikation sind unerlässlich. Alles andere führt nur zu Verletzungen. Wir können in dieser Hinsicht eine Menge von Menschen in offenen und polyamoren Beziehungen lernen.

“Wir bei Tinder haben unsere Mitglieder immer ermutigt, ihr Profil vollständig auszufüllen und so transparent und authentisch wie möglich zu sein”, sagt Vicente Balbastre, Communications Lead für Südeuropa. “Vor allem die ‘Explore’-Funktion regt dazu an, sich so zu zeigen, wie man wirklich ist, ohne Filter. Um Leute zu treffen, die tatsächlich die gleichen Interessen haben.” Tinder nennt das “Hardballing”, was bedeutet, dass man im Profil offen schreibt, wonach man genau sucht.

2018 untersuchte eine Studie, warum Menschen in Beziehungen Tinder nutzen. Die Hauptgründe sind demnach die Suche nach Gelegenheitssex oder ein Überblick über den Dating-Markt, um den eigenen Wert einschätzen zu können. Nicht-Singles sind laut der Studie auch eher passiv auf der App unterwegs und lassen sich öfter von anderen anschreiben. Etwa die Hälfte der befragten Nicht-Singles gab an, sich tatsächlich mit jemandem getroffen zu haben, während die andere Hälfte nicht das Bedürfnis verspürt hatte, ihrer Neugierde nachzugehen.

Die Studie endet mit einer Frage: Wären Leute, die über Tinder fremdgegangen sind, auch so fremdgegangen? Erhöht die Gestaltung der Apps also das Potenzial für Seitensprünge? Obwohl das nicht der Schwerpunkt der Arbeit war, schließen die Forschenden darauf, dass Dating-Apps wahrscheinlich beim Fremdgehen helfen.

Tatsächlich verleiten die süchtig machenden Funktionen der Dating-Apps – vor allem das Swipen und die hohe Gewichtung von Fotos – dazu, sie als Unterhaltungsmedium zu benutzen. Außerdem erleichtern sie spontane Treffen und zeigen, wie potenziell endlos der Datingpool ist. Das macht es schwieriger, sich auf eine einzige Person einzulassen.

Technologie und menschliches Verhalten sind mittlerweile so eng miteinander verwoben, dass es eigentlich sinnlos ist, zu fragen, ob jemand auch in einer Welt ohne Dating-Apps fremdgehen würde. Menschen haben schon immer Schwierigkeiten gehabt, monogam zu leben, und das wird auch so bleiben. Egal, welches Märchen von der wahren Liebe die Gesellschaft uns aufdrängt.

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