Wir haben uns von Jóhann Jóhannsson eine mythisch-futuristische Playlist zusammenstellen lassen

Die grau-nasse Kälte des Herbstes hat langsam auch die letzten von uns aus den matschigen Parks in die warmen vier Wände getrieben. Passend dazu hat sich uns aller isländischer Lieblingskomponist Jóhann Jóhannsson dazu bereiterklärt, uns zehn seiner Lieblingsstücke vorzustellen, die—zumindest seinem Verständnis nach—mythisch und futuristisch sind. Neben Vanillemilchshake und Pommes und Korn und Pils eine unserer Lieblingskombinationen.

Jóhannsson veröffentlicht nun schon seit Jahren großartige und von Mythen beeinflusste Musik, die sich irgendwo zwischen Drone, Minimal und funkelnder Elektronika befindet. Alben wie IBM 1401, A User’s Manual haben einen besonderen Platz im Herzen all jener gefunden, die ihre Musik gerne unheimlich und gespenstisch mögen. Sein neustes Album, Orphée, dreht sich um diesen alten Griechen, der alle mit seiner Musik in die Kiste bekommt. Mythologie genau nach unserem Geschmack.

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Neben seiner normalen Studioarbeit hat sich Jóhannsson auch noch eine zweite Karriere als Soundtrack-Komponist aufgebaut. Für seine Arbeit für Die Entdeckung der Unendlichkeit von 2014 konnte er sogar einen Golden Globe und eine Oscar-Nominierung abstauben. Außerdem arbeitet er schon seit Längerem mit dem kanadischen Regisseur Denis Villeneuve zusammen. Gemeinsam haben sie bereits drei Filme fertiggestellt—PrisonersSicario und den bald erscheinenden Science-Fiction-Streifen Arrival. Nummer vier ist gerade in der Mache, nämlich DIE FORTSETZUNG VON BLADE RUNNER. Ziemlich gut, oder?

Solange du auf den Kinostart von Arrival wartest, kannst du dich aber zurücklehnen und von Jóhannson durch ein paar der sonderbarsten Songs führen lassen, die du jemals hier auf Noisey hören wirst. Viel Spaß!

1. Current 93 – Black Ships Ate the Sky

Einer von Englands größten, lebenden Dichtern singt zusammen mit ein paar großartigen Musikern. Seine Arbeit, immer irgendwo zwischen metaphysisch und unbeschreiblich, hat mich schon immer fasziniert.

2. David Lang with Theatre of Voices – We Sit and Cry

Texte von H.C. Andersen werden in diesem Meisterwerk mit Passagen aus der Passion vermischt. Ich höre dieses Stück mindestens einmal pro Woche.

3. Meredith Monk – Vessel Suite

Sie ist eine einmalige Künstlerin. Monks Ansätze in der Vokalkomposition waren ein großer Einfluss für den Arrival-Soundtrack.

4. Cocteau Twins – Persephone

Ich liebe Treasure. Es ist eins meiner Lieblingsalben. Alle Songtitel sind Frauennamen (außer “Ivo”) und ich weiß nicht, ob Elizabeth über die mythische Persephone singt oder eine Freundin gleichen Namens aus dem Pub. Wie auch immer, das Lied ist wunderschön. In der griechischen Mythologie war Persephone die Königin der Unterwelt, eine Göttin des Todes.

5. Olivier Messiaen – Lounge a l’eternity de Jesus (from Quartet for the End of Time)

Messiaen hat sich von der Natur und dem Christentum inspirieren lassen. Ich habe aber immer das Gefühl, dass seine pagan-, seine natürliche Seite stärker war. 

6. Dieses Video von Mike Patton, in dem er das Intonarumori spielt

Der italienische Futurist Luigi Russolo war ein Vertreter des Futurismus in der Musik. Dazu hat er auch das Manifest Die Kunst der Geräusche verfasst. Er erfand neue Instrumente, um seine Musik spielen zu können. Hier ist ein Video mit Mike Patton, der eins davon ausprobiert. 

7. Geinoh Yamashirogumi – Falling As Flowers Do – Dying A Glorious Death

Ein außergewöhnliches japanisches Ensemble, das vor allem dafür bekannt ist, die Filmmusik für den Anime-Klassiker Akira geschrieben zu haben. Ich mochte ihre Musik für Akira, aber habe mir nie die anderen Platten angehört. Als ein Freund mich darauf hinwies, dass er Echos davon in meiner Musik für Arrivalerkennt, habe ich mich durch ihre komplette Discographie gehört und ein paar großartige und einzigartige Stücke entdeckt. Als ich anfing, für Arrvial zu schreiben, hatte ich übrigens seit 15 Jahren nicht mehr Akira gehört. Ich verstehe aber in gewisser Weise schon, was er meint.

8. Alvin Lucier – Music on a Long Thin Wire 1

Die Beschreibung des Komponisten persönlich: “Mir kam die Idee für Music on a Long Thin Wire 1977. Der Physiker John Trefny und ich lehrten einen Kurs in Musik-Akustik an der Wesleyan und hatten eine moderne Version des Pythagoras-Monochord aufgebaut. Wir zogen einen kurzen Metalldraht über einen Labortisch und platzierten einen Elektromagnet über einem Ende. Ein Audio-Oszillator trieb den Draht an. Das Wechselspiel zwischen dem Kraftfeld des Magneten und der Frequenz und Lautstärke des Oszillators brachte den Draht derart zum schwingen, dass es mit bloßem Auge zu erkennen war.

“Ich war fasziniert von diesem Aufbau und begann, mir auszumalen, wie ein sehr langes Monochord, das man auf einer Konzertbühne oder in einem Galerieraum installiert, klingen würde. Ich wusste, dass es sich sich großartig anhören würde. Ich entschied mich also dazu, eins zu bauen. Ich kaufte mir ein paar metallische Klaviersaiten und bestellte bei der Edmund Scientific Company eine Ladung Klammern und einen Hufeisenmagneten. Nach ein paar Wochen des Experimentierens entwarf ich ein tragbares Instrument, dessen Länge verstellbar war und somit in verschieden große Räume passte.”

Das ist Musik als reine Physik. Futuristischer geht es nicht! Die mehrschichtigen, anschlagslosen Klavierdrones, die ich mit einer 16-Spur Bandmaschine für Arrival kreiert habe, waren zum Teil von diesem Stück inspiriert. Allerdings sind beide sehr unterschiedlich ausgeführt und meins nicht ansatzweise so tiefgreifend wie das von Lucier.

9. Pan Sonic – Johdin

Pan Sonic klingen, als würden sie die Musik der Zukunft mit den elektronischen Instrumenten der Vergangenheit machen. Dieser Track von ihrer LP Aaltopiiri ist über 15 Jahre alt, aber klingt immer noch futuristisch—nicht zuletzt dank ihres minimalistischen Ansatzes, in dem die einfachste Lösung in der Regel zum effektivsten Ergebnis führt. 

10. Joan La Barbara

Joan ist eine der originellsten Avantgarde-Vokalistinnen überhaupt—eine Künstlerin, die die musikalischen Möglichkeiten der Stimme wahrscheinlich mehr erweitert hat als sonst irgendjemand. Man kann in einigen ihren frühen Aufnahmen sogar Vorboten der Black-Metal-Gesangsstile heraushören. John Cage, Morton Feldman, Robert Ashley und Philip Glass haben allesamt Stücke für sie geschrieben. Sie war so nett, mich einen kleinen Ausschnitt aus ihrer Komposition “Erin” für Arrival verwenden zu lassen. Ich habe es in einen komplett anderen Kontext gesetzt, aber ihre Herangehensweise an Gesang war definitiv ein großer Einfluss auf die Filmmusik von Arrival.

Orphée ist bereits im Plattenladen deines Vertrauens erhältlich und der Arrival OST erscheint am 11. November. Beide Alben bei Deutsche Grammophon. Jóhann Jóhannsson tourt auch etwas durch Europa.

Header: Pressefoto. Dieser Artikel ist zuerst auf THUMP erschienen.

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