Wir müssen den Wildlachs essen, um ihn zu retten

Lachs bedeutet mir unglaublich viel, mehr als ich mir je vorgestellt hätte. Deshalb esse ich nur wilden Lachs und arbeite auch in meinen Restaurants nur mit Wildlachs.

Mit 18 bin ich—relativ ahnungslos—nach Seattle gezogen, aber vom wilden Fisch hier war ich unglaublich begeistert. Mit den Jahren habe ich dann gelernt, wie er gefangen wird, wie die Bestände bewirtschaftet werden, welche Arten es gibt und welchen Einfluss zum Beispiel die Länge der Wanderung der Fische auf den Geschmack und das Fleisch haben.

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Der Lachs und seine Geschichte haben mich einfach fasziniert, und vor allem wie er das Image und die Wirtschaft des Pazifischen Nordwestens prägt, also nicht nur als Gericht, sondern auch in seiner Bedeutung für die Fischer und die Einheimischen und die Kultur der Region. Der Lachs gehört zum Pazifischen Nordwesten wie Jazz Bands zu New Orleans. Er ist Teil unserer Identität, ein Teil von uns selbst, ein natürliches Produkt, auf das wir sehr stolz sind.

Doch der Bundesstaat Washington–genauso wie Oregon, Kalifornien und British Columbia—hat diesen Teil der Identität in den letzten Jahren eher stiefmütterlich behandelt. Deshalb ist von der traditionellen Fischerei nur noch wenig übrig, wenn überhaupt. Außerhalb von Alaska gibt es wenig kommerzielle Lachsfischerei. Deshalb habe ich einen anderen Ansatz entwickelt: Wildlachs essen, um ihn zu retten. Ich habe mich viel über Zuchtlachs belesen, aber meiner Meinung nach bringt das gar nichts, eher im Gegenteil. Seit 15 Jahren serviere ich in meinen Restaurant keinen Zuchtlachs mehr. Die Fische können ja nichts sagen, also habe ich mich schlau gemacht und spreche jetzt für sie.

Um die Lachsbestände zu retten, müssen wir die wilden Lachse essen. Wer Wildlachs kauft, unterstützt damit auch eine beeindruckende traditionelle Fischindustriesowie all die Arbeitsplätze und ganze Ortschaften, die von ihr abhängen.

In jeder größeren Stadt findet man in vielen Restaurants Lachs auf der Karte, aber nur die wenigsten werden dir sagen, woher er kommt.

Natürlich braucht man auch beim Wildfang ein Management der Bestände. Ein gutes Beispiel dafür ist Bristol Bay Sockeye Salmon, weil sie nachhaltig arbeiten. Wenn man wilden Lachs aus Alaska von denen isst, erweist man auch all den Einheimischen in der Region, die den Lachs fangen, in gewisser Art seine Achtung. Dieses Fanggebiet liefert jährlich 30 bis 50 Millionen Fische, ein Rekord. Wir arbeiten mit verschiedenen Fischereiunternehmen zusammen, darunter größere wie Trident Seafoods, eines der wohl größten Fischereiunternehmen der Welt. Wir arbeiten aber auch mit lokalen Fischern zusammen, von denen jeder nur mit gültiger Zulassung arbeitet.

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Tom Douglas

In den USA ist es mit dem Lachs zur Zeit in bestimmten Gegenden katastrophal: Es gibt total viel Betrug. In jeder größeren Stadt findet man in vielen Restaurants Lachs auf der Karte, aber nur die wenigsten werden dir sagen, woher er kommt. Und wenn sie es doch tun, dann sagen sie meist nur: „Atlantischer Lachs aus Schottland” oder sowas.

„Zuchtlachs” werden sie niemals direkt sagen, auch wenn es doch wahrscheinlich genau das ist. Sie sind einfach nicht ehrlich, und das Schlimmste ist noch, dass sie sich auch überhaupt nicht informieren. Beim Fleisch achten sie genauestens darauf, ob es auch wirklich aus Weidehaltung stammt. Warum strengen sie sich beim Fisch nicht einfach genauso an?

Eins ist sicher: Wenn er wirklich wild ist, dann kostet er auch mehr. Und dann werden sie dir zum Fisch auch eine Geschichte erzählen können.

Man muss einfach keinen Zuchtlachs benutzen, wenn es nach mir ginge, sollte es ihn nicht einmal auf dem Markt geben. Denn die Lachszucht schadet auch dem Wildbestand.

Auch beim Lachs kann man verantwortungsbewusst konsumieren. Zum Beispiel gibt es verschiedene Siegel, ein guter Indikator im Supermarkt für nachhaltig gefangenen Fisch. Im Restaurant kann man bei der Bestellung fragen, woher der Fisch kommt und ob er aus Wildfang stammt. Wenn der Kellner dann zurückkommt und meint: „Ja, sicher kommt der aus Wildfang, unser Koch verwendet nur wild gefangenen Fisch.”, dann fragt man nochmal, woher genau er kommt. Oft kommen sie dann zurück und entschuldigen sich—oder sie wissen wirklich, woher der Fisch kommt.

Eins ist sicher: Wenn er wirklich wild ist, dann kostet er auch mehr. Und dann werden sie dir zum Fisch auch eine Geschichte erzählen können.Ich bin ziemlich hoffnungsvoll, was den amerikanischen Lachs betrifft.Mehr und mehr Menschen interessieren sich für das Thema und sie verstehen auch die wirtschaftlichen Aspekte.

Aufgezeichnet von Javier Cabral

Dieses Interview wurde aus Platz- und Verständnisgründen redigiert.

Tom Douglas gehören 15 Restaurants im Pazifischen Nordwesten, der Koch könnte tagelang über Lachs philosophieren. Um mehr darüber zu erfahren, schau dir auch die Dokumentation The Breach an, die er mitproduziert hat.