Pilzesammeln ist mittlerweile zu einem echten Trend geworden, denn es hat sich eine ganze Bewegung hin zu Essen aus der freien Natur entwickelt. Die Menschen wollen wissen, woher ihr Essen kommt und entscheiden sich daher für lieber für einen Ausflug in die Pilze als nur eine normale Wanderung am Wochenende.
Nordkalifornien ist dabei die Destination für Pilzfans. Viel Regen, viel Nebel und ein lockerer Waldboden machen diese Gegend zu einem idealen Nährboden für schmackhafte Pilze. Doch sie sind nur schwer zu finden—zumindest die legalen.
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In der San Francisco Bay Area gibt es nur zwei Gebiete, in denen man Pilze sammeln darf: die Naturschutzgebiete Point Reyes National Seashore und Salt Point State Park. Und in beiden herrschen strenge Regeln: Im Salt-Point-Park darf jeder nur 2,2 Kilo Pilze pro Tag sammeln, im Point-Reyes-Naturschutzgebiet sind die Sammelgebiete scharf eingegrenzt.
Aber der langjährige Pilzsammler und ausgebildete Koch Patrick Hamilton meint, dass diese Maßnahmen nichts bringen. Er fordert, dass man in mehr Gebieten in Kalifornien Pilze sammeln dürfen soll.
„Ich möchte, dass mehr Naturschutzgebiete das Pilzesammeln zulassen, damit die bereits bestehenden Sammelgebiete entlastet werden”, meint er. „Es schadet den Pilzen ja nicht, wenn man sie erntet. Was wirklich einen Einfluss auf die Pilze hat sind die Bedingungen, damit sich die Pilzfrucht entwickeln kann, die Boden- und Lufttemperatur und die Nährstoffe.”
Pilze wachsen in einem Myzel, einem Zellengeflecht im Boden, das einem Spinnennetz ähnelt, erklärt mir Patrick. Diese Myzelien sind nicht gefährdet, wenn man die Pilze erntet. Wissenschaftliche Studien haben zudem bewiesen, dass das Sammeln von Pilzen keinen Einfluss auf zukünftige Erträge hat.
„In Russland gibt es Gegenden, in denen seit Hunderten von Jahren Pilze gesammelt werden und es gibt immer noch welche”, meint er.
Natürlich muss man auch berücksichtigen, dass der Waldboden niedergetrampelt wird und sich der Boden verdichtet, dieses Problem könnte man aber lösen, wenn man mehr Parks öffnen würde, meint Patrick. Zumindest in der Bucht von San Francisco würden so die Naturschutzgebiet Point Reyes und Salt Point entlastet werden, die mittlerweile vor Pilzsammlern nur so wimmeln.
Um die Pilzbestände auch in Zukunft zu erhalten, ist vor allem der Wald als Ökosystem wichtig. Bestimmte Pilze wachsen zusammen in einer Art Lebensgemeinschaft mit bestimmten Bäumen.
Als ich mit Patrick Hamilton vier Stunden lang im Salt-Point-Park war, haben wir vor allem Coccoli-Pilze (Amanita calyptroderma) und Steinpilze gesammelt. Coccoli-Pilze erkennt man an ihrem Hut, der ein bisschen wie ein Hamburger-Patty aussieht, und an ihren hellen Lamellen, gerade auch die Italiener lieben sie. Sie wachsen in der Nähe von Tanoak-Bäumen und Erdbeerbäumen, doch Pilzanfänger aufgepasst: Die Coccoli sind zwar essbar, aber zur Familie der Amanitaceae, der Wulstlingsverwandten, gehören auch einige der gefährlichsten Pilze.
Hamiltons Tipp: Iss niemals einen Pilz, bei dem du dir nicht sicher bist.
Steinpilze findet man oft in der Nähe von Laubbäumen.Wegen ihres braunen Huts, der dem Waldboden ziemlich ähnlich sieht, sind sie etwas schwerer zu finden.
Nach unserem Ausflug ist mein Rucksack voll mit Pilzen. Bei dieser Auswahl würde jeder Koch aus der Bay Area vor Neid erblassen, denn weder Steinpilze noch Coccoli-Pilze kann man züchten. Sie gehören zu den Ektomykorrhizen, das heißt, dass sie zum Wachsen die Wurzeln bestimmter Pflanzen brauchen.
Hamilton meint auch, dass die Dürre in Kalifornien einen größeren Einfluss auf diese Pilznetzwerke hatte als Menschen. Wenn es nicht regnet, trocknen die Myzelien aus, was natürlich das Wachstum der Pilze beeinflusst.
Was die Pilzvielfalt wirklich bedroht, sind Klimaschwankungen und die Folgen zu vieler umherlaufender Menschen, nicht das Pilzesammeln an sich.
„Es gibt keine guten, gerechtfertigten Gründe gegen das Pilzesammeln”, meint Hamilton. „Pauschale Verbote sind sinnlos.”