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“Wir müssen die Spielregeln ändern”: Die Tech-Elite warnt vor ihren eigenen Erfindungen

Der Mann, der den Like-Button miterfunden hat, würde sozialen Medien heute wohl einen Daumen nach unten geben. Justin Rosenstein hat einst dazu beigetragen, dass Facebook so aussieht, wie wir es heute kennen. Jetzt wendet er sich mit anderen Entwicklern aus dem Silicon Valley öffentlich gegen sein eigenes Werk.

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Likes auf Facebook sind ein “Pseudo-Vergnügen”, ebenso hohl wie verführerisch, sagte Rosenstein jüngst dem Guardian . Nun ist er Teil einer Aktivistengruppe namens “Center for Humane Technology“, die soziale Medien reformieren wollen. “Da gibt es ein unsichtbares Problem, das die ganze Gesellschaft betrifft”, schreiben sie auf ihrer Website.

Die Mitglieder der Gruppe haben früher selbst Karriere bei den größten Tech-Konzernen gemacht: Roger McNamee war Berater von Facebook-Chef Mark Zuckerberg und hatte bereits im Jahr 2007 in das wachsende Netzwerk investiert. Geschäftsführer Tristan Harris war unter anderem Produktmanager für Google. Aza Raskin war für das Nutzererlebnis beim Firefox-Entwickler Mozilla zuständig.

Stress, Angstgefühle, weniger Schlaf

Als Technik-Pessimisten wollen sich die Entwickler aber nicht outen. “Leute hatten schon immer Angst, dass neue Technologie der Gesellschaft schadet”, gestehen sie auf ihrer Website ein. Aber diesmal sei alles anders. Soziale Medien beeinflussen uns 24 Stunden am Tag, heißt es weiter, kontrollieren den Kontakt zu unseren Freunden und verfeinern ihren Einfluss auf uns mit riesigen Datenmengen.

Der Wettkampf um unsere Aufmerksamkeit “erhöht Stress und Angstgefühle und verkürzt den Schlaf”, warnen die Entwickler. Viele Nutzer würden sich eher um Likes und Shares kümmern als um Begegnungen von Angesicht zu Angesicht. Und weil sich in sozialen Medien Wut und falsche Fakten besonders gut verbreiten, sei letztlich sogar die Demokratie in Gefahr.

Zumindest die letzte These ist mit Vorsicht zu genießen: Wissenschaftlich eindeutig bestätigt ist die negative Wirkung sozialer Medien auf die politische Ordnung derzeit nicht. In den USA, wo am meisten über die Wechselwirkung zwischen Social Media und Politik debattiert wurde, relativieren einige Forscher mittlerweile den Einfluss der Plattformen. So gilt zumindest der Stellenwert von Fake News für die Wahl von Donald Trump als US-Präsident als umstritten. Eine neue Datenanalyse der Universitäten von Princeton, Dartmouth und Exeter zeigt beispielsweise: Während des US-Wahlkampfs hat sich nur eine kleine Gruppe von Nutzern intensiv mit Fake News beschäftigt.

Auch zur Bundestagswahl in Deutschland haben Fake News und manipulative Online-Kampagnen eine geringe Rolle gespielt, obwohl unter anderem Trolle und AfD-Fans auf Plattformen wie Twitter, Reddit oder 4Chan entsprechende Pläne geschmiedet haben.

Social Apps vom Homescreen verbannen

Zeit zum Umdenken ist trotzdem, glaubt das Team vom “Center for Humane Technology”. Die großen Tech-Plattformen sollten entgegen ihrer Geschäftsmodelle handeln und Nutzer weniger stark an den Bildschirm binden, fordern die Aktivisten. Hilfe dabei verspricht sich die Gruppe vonseiten der Politik und will entsprechende Lobbyarbeit leisten.


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Für alle, die gleich aktiv werden möchten, hat das “Center for Humane Technology” eine Liste an Tricks parat. “Take control” ist das Motto, mit denen Nutzer sich dem Kampf um ihre Aufmerksamkeit zumindest ein Stück weit selbst entziehen können. Hier eine kleine Zusammenfassung:

  • Verbanne Social Media-Apps wie Facebook oder Instagram von deinem Startbildschirm, um nicht gedankenverloren darauf zu tippen. Oft wirkt das kleine, rote Notification-Symbol neben dem Facebook-Icon als Trigger.
  • Stelle die Smartphone-Anzeige auf Graustufen. Auch die bunten Signalfarben der App-Icons wecken unsere Aufmerksamkeit.
  • Stelle die Notifications von Apps grundsätzlich ab – außer persönliche Chat-Nachrichten von Bekannten und Freunden.
  • Für besonders Mutige: Verbanne Dienste wie Facebook oder Twitter ganz vom Smartphone und nutze sie nur zuhause am Computer
  • Verwende am Computer besondere Tools, um etwa “Empfohlene Videos” auf YouTube und den Newsfeed auf Facebook auszublenden.

Facebook-Gruppe für Facebook-Kritiker

So ganz haben sich die Aktivisten von der Macht der sozialen Netzwerke übrigens noch nicht befreien können: Sie laden Interessierte nämlich unter anderem dazu ein, zum Diskutieren einer Gruppe beizutreten – und zwar auf Facebook. Dort erhalten die Beiträge der erklärten Like-Button-Kritiker sogar regelmäßig Likes.

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