November ist ein ziemlich großartiger Monat, eingequetscht zwischen dem euphorischen Hoch zu Halloween und dem Stress der Adventszeit. Aber vor allem: Mein absoluter Lieblingstag des gesamten Jahrs fällt in diesen Monat, der Beaujolais-Nouveau-Tag.
Der Tag des Beaujolais Nouveau findet jedes Jahr am dritten Donnerstag im November statt und markiert den ersten Tag, an dem der Beaujolais Nouveau, auch Beaujolais Primeur genannt, verkauft wird. Das klingt nicht besonders spannend, bis man realisiert, dass diese Weine im Sommer desselben Jahres erst gelesen wurden. Genau, also zwei oder drei Monate davor. Irgendwie sind in einer Zwischensaison plötzlich 30 Millionen Flaschen Beaujolais bereit, von uns getrunken zu werden. Trotz dieser Meisterleistung ist die Bedeutung des Tag des Beaujolais Nouveau umstritten. Einerseits ist es Tradition. Der Nouveau wurde als junger Wein hergestellt, um das Ende der Weinlese zu feiern. Andererseits hat der Weinhersteller Georges Duboeuf ihn zu einem sehr erfolgreichen Marketinginstrument verwandelt, um Unmengen von diesem massenproduzierten Wein zu verkaufen. Achtet mal darauf: In den nächsten Wochen werden überall seine blumigen Etiketten sehen. Wie ich dazu stehe? Mir ist das völlig egal, denn jeder Vorwand, meine Lieblingsweinregion zu zelebrieren, ist ein guter.
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Obwohl der Nouveau das Rampenlicht für sich beansprucht, hat die Weinregion Beaujolais das ganze Jahr noch viel mehr zu bieten. Von Beaujolais über Villages zu Cru, Beaujolais ist eine Gamay-Jukebox voll von anregend grünen, fröhlichen Liedchen. Obwohl sie unwiderstehlich spaßig und durststillend sind mit einer fruchtigen Einfachheit, verstecken sich darin auch einige Komplexitäten.Beaujolais ist die Aufregung des Rock’n’Rolls, aber auch die Verträumtheit des Stehblues, bei dem man das Bedürfnis bekommt, sich seines Pudelrocks zu entledigen. Von blumigem Falsett zu Heidelbeer-Baritonen—Beaujolais hat alles.
Beaujolais: Ein leichter, säuerlicher Wein mit wenig Tannin, dafür mit viel Kirsche und Cranberry. Er stammt oft von weniger bekannten Weingütern und wird pauschal als „Beaujolais” gekennzeichnet. Wie bei jeder breiten AOC-Definition gelten diese Weine als qualitativ minderwertiger, aber einige meiner Lieblingsflaschen waren Beaujolais AOC. Ein Beaujolais kann dünn sein und an Geschmack abgebaut haben, ein anderer kann sehr schlank mit kräftigem Aroma sein. Die Unterschiede sind von Produzent zu Produzent sehr groß, deshalb sage ich immer: „Beurteilt einen Beauj’ nicht nach seinem AOC-Siegel.”
Beaujolais Nouveau: Die extrem junge Version des Beaujolais. Sie sind die One-Hit-Wonder der Weinwelt und durch die schnelle Herstellung können manche weine mehr wie ein billiges Kirschbonbon mit nur einem Aroma als nach Wein schmecken. Ein guter Nouveau schmeckt aber ziemlich gut. Kennt ihr das Emoji mit dem Kegel, aus dem Konfetti rauskommt? So schmeckt ein guter Nouveau, aber mit ein paar Erdbeeren und Bananen. Ja, Bananen. Ich weiß nicht, warum, aber er riecht nach Banane und schmeckt, als könnte man 14 Flaschen davon trinken, was man wahrscheinlich auch könnte, weil genau dafür ist er eigentlich gemacht worden: für den Massenkonsum.
Beaujolais-Villages: Beaujolais aus den 39 gesegneten Beaujolais-Dörfern wird allgemein als qualitativ hochwertig angesehen. Was macht diese Dörfer besser, als die anderen nicht geweihten 57? Ihr (eigentlich) schlechter Boden. Er ist voller Granit und anderem Zeug, das eigentlich gar nicht gut für die Reben ist, weil sie sagen würden, wenn sie sprechen könnten: „Alter, ich kann in Sand nicht wachsen, verdammt!” Das Gute daran ist aber, dass sie es trotzdem tun und kleinere, geschmacksintensivere Trauben tragen. Beaujolais-Villages ist immer noch so wunderbar süffig wie Beaujolais, hat aber noch eine zusätzlich mineralische Dimension, intensivere Fruchtaromen, einen Hauch von Pfeffer und eine samtigere Textur.
Beaujolais Crus: DAS RICHTIG GUTE ZEUG. In den Crus—den zehn Dörfern über den knorrigen Granithängen—werden die teuersten Beaujolais-Weine produziert. Sie sind die „Unchained Melody“s der Region. Ergreifend und sentimental geschmeidig, das sind die Weine, bei denen man sich denkt: „Scheiße, bin ich verliebt? Ich meine, wir hatten so viel Spaß … and times goes by so slowly, and time can do to much. [winselt]” Das ist die Sache mit diesen Weinen—sie werden von allen Beaujolais-Weinen am längsten gelagert, bis zu fünf Jahre. Dadurch werden sie intensiver, würziger und samtiger mit Noten von Pfirsich, Birnen und Veilchen. „Are you still miiiiiii-iiii-iiiiine?“, fragst du dich, während du in der Dunkelheit über deinem letzten Glas schluchzt.
Auch wenn du dir denkst „Scheiß auf Nouveau, blöder Marketingschwindel!”, hat Beaujolais noch viel mehr zu bieten. Das Gute daran ist, ihr müsst gar nicht bis zum dritten Donnerstag im November warten. Ihr könnt ihn einfach jeden Donnerstag trinken, wie ich.