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Popkultur

Wie ein 'oe24 TV'-Screenshot zur Verschwörungstheorie wurde

Nach der Amokfahrt in Münster glauben viele nicht an einen deutschen Täter. Als Beleg verwenden sie einen Screenshot von 'oe24 TV'.

Am Samstagnachmittag fuhr der 48-jährige Industriedesigner Jens R. mit seinem Auto in eine Restaurantterrasse in Münster, zwei Menschen wurden dabei getötet, viele wurden zum Teil schwer verletzt. Der Fahrer des Autos erschoss sich schließlich selbst. Schnell schrillten kollektiv die Alarmglocken, schnell dachten viele an einen weiteren islamistischen Anschlag, Beatrix von Storch von der deutschen AfD illustrierte ihre vorschnelle Schlussfolgerung passend mit einem wütenden Emoji.

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Mindestens genauso schnell folgte jedoch die Information, dass es sich beim mutmaßlichen Täter um einen Deutschen handle. Er soll die Tat alleine durchgeführt haben, ein islamistischer Hintergrund wurde ausgeschlossen. Im Laufe der Tage wurden immer mehr Details über die psychische Verfassung von Jens R. öffentlich.

Dass der Täter ein Deutscher war, scheinen viele Menschen im Internet jedoch nicht glauben zu können: Seit der Tat kursieren zahlreiche Falschmeldungen zum Täter, eine davon basiert auf einem Screenshot von oe24 TV , dem österreichischen CNN und Fernsehformat von Österreich, der österreichischen Süddeutschen Zeitung. (Wer gerade ungläubig die Augenbrauen nach oben zieht: Das ist tatsächlich das, was Wolfgang Fellner über sein Medium behauptet.)

Auf dem Screenshot ist ein dunkelhaariger Mann zu sehen, der freundlich in die Kamera blickt, darunter die Zeile "Münster: Auto rast in Menschenmenge – mehrere Tote". Seit Samstag wird der Screenshot fleißig geteilt – in rechten Gruppen und auch auf privaten Profilen. Es soll der Eindruck entstehen, es handle es sich beim abgebildeten Mann um den Täter und als würden Medien, die anderes behaupten, lügen:

Der ursprüngliche Beitrag wurde mittlerweile über 400 Mal geteilt, einige UserInnen vermuteten jedoch allein aufgrund des Alters des Täters, dass der abgebildete Mann nicht Jens R. sein kann oder warfen ein, dass Schlagzeilen, die ständig durchs Bild laufen, in Nachrichtensendungen keine Seltenheit seien.

Oe24 hat mittlerweile auf Facebook eine Stellungnahme abgegeben, in der es heißt, bei dem abgebildeten Mann handle es sich um einen unbeteiligten Telefon-Interview-Partner, der nichts mit der Amokfahrt zu tun habe.

Auch in einem Artikel bezieht die oe24-Redaktion Stellung und schreibt, dass es sich beim abgebildeten Mann um einen Ortskundigen handle – einen Wahl-Wiener, der aus Münster kommt, und zur dortigen Situation befragt wurde. Oe24 schreibt sogar von mehreren tausend Shares. Bleibt nur zu hoffen, dass dieses Statement die richtigen Menschen erreicht. Derzeit wird das Ursprungsposting jedenfalls noch geteilt, in den Gruppen wird weiterhin kommentiert, gegen "Lügenpresse" und Muslime gehetzt.

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