Howling: “Zwischen den Stühlen sitzt es sich bequem”
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Howling: “Zwischen den Stühlen sitzt es sich bequem”

Frank Wiedemann hat mit uns über die neue Tour seiner Band Howling mit Ry X, die dritte Ausgabe des Sacred Ground Festivals und Âme gesprochen.

Innervisions ist und bleibt eines der einflussreichsten Labels aus Berlin. Seit über zehn Jahren arbeiten die drei Labelgründer Dixon, Kristian Beyer und Frank Wiedemann – Letztere zusammen besser bekannt als Âme – hart dafür.

Waren die vielfältigen Acts auf dem Label früher noch vor allem für melodischen Techno nach Kölner Rezept bekannt, so sind ihr Baustellen mittlerweile meist dort, wo die Grenzen zwischen elektronischer Musik, Pop, Folk und Ambient eingerissen werden. Besonders wichtig für diese Stoßrichtung: Das gemeinsame Projekt Howling von Frank Wiedemann und dem australischen Folksänger Ry X. Und die arbeiten gerade nicht nur an ihrem zweiten Album, sondern kommen jetzt erstmal auf Deutschlandtour. Eine dritte Ausgabe ihres Sacred Ground Festivals steht auch wieder an: Gerade hat man mit einem B2B-Set von Robag Wruhme und Gunjah die Bestätigungen abgeschlossen.

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Auch auf THUMP: Floating Points live in einer THUMP Session:


Deswegen verschlägt es uns in das Innervisions-Loft unweit des Kreuzberger Bergmann-Kiezes, wo wir Wiedemann zwischen haufenweise Platten für einen frisch gegründeten Vertrieb, einer rasant wachsenden Booking-Agentur und stapelweise Vintage-Synthesizern zum Gespräch treffen. Er ist natürlich busy. Gut, dass er trotzdem noch etwas Zeit übrig hat.

THUMP: Hi Frank, wie geht es dir? Gerade im Stress?
Frank Wiedemann: Sehr gut! Ich könnte ein paar mehr Ruhepausen zwischendurch gebrauchen, aber alles super. Viele Gigs, viele Baustellen, viele Sachen zu entscheiden, viele Sachen zu machen, viel Studio und viel alles.

So wie es wahrscheinlich die letzten Jahre durchgehend war, oder?
Ja und nein – das hat sich alles erst die letzten Jahre so entwickelt. Komischerweise wird es immer mehr. Das ist zwar schön, denn anscheinend macht man irgendwas richtig. Aber eigentlich sollte man natürlich auch Zeit für sich haben, nur die habe ich gerade nicht so richtig.

Auch weil du neue Musik machst. Im Mai habt ihr als Howling das neue Stück "Phases" herausgebracht. Wie ist der Track entstanden?
Auf Tour, wie die meisten Sachen bei uns – zumindest die ersten Ideen. "Phases" spielen wir jetzt schon seit einiger Zeit live und dachten, es wäre jetzt Zeit, das auch herauszubringen und nicht noch auf das Album zu warten. Wir mögen diese "Guerilla-Taktik". Es ist ja heutzutage in dem Business so, dass die Leute immer noch darauf warten, dass ein Album herauskommt, und dann geht die Presse los und so weiter. Aber am Ende geht es oftmals auf einem Album auch nur um die eine Single, deswegen haben wir uns das Album jetzt erst mal gespart. (lacht)

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Aber in eurem Biz ist die 12inch eigentlich noch die Standardwährung, oder?
Die Frage ist, welches Business wir mit Howling sind. Sind wir im Club-Business, dann wäre das so. Oder sind wir Band-Business, dann ist das Album die Währung. Da sitzen wir wohl zwischen den Stühlen. Und hier sitzt es sich bequem.

Wie unterscheidet sich die Arbeit an Howling von der an Âme heute?
Als Âme können wir mit sehr kompakten Live- und DJ-Sets in der Welt unterwegs sein. Das ist anders, als mit einer Band. Da ist alles viel aufwendiger, viel teurer. Und du musst mehr proben. Kristian (von Âme) und Ry sind zwei recht unterschiedliche Menschen, mit denen auch die Arbeit sehr unterschiedlich ist. Aber ich freue mich natürlich darüber, in verschiedenen Projekten Musik machen zu dürfen.

Ry und du, ihr veranstaltet dieses Jahr ja auch zum dritten Mal das Sacred Ground Festival. Wie bringt ihr diese Ansätze auf einen Nenner?
Bei Sacred Ground versuchen wir die verschiedenen musikalischen Welten, aus denen Ry und ich kommen, zusammenzubringen. Da sitzen dann mittags die Familien auf der Wiese und irgendwann im Laufe des Nachmittags fangen dann die ersten an, zu tanzen. Das schöne ist, dass wirklich eine Vermischung der verschiedenen "Lebensformen" stattfindet - also Familien bis hin zu den Partygängern. Manche Leute kommen wegen der akustisch spielenden Bands und finden dann interessant, was in der elektronischen Musik passiert. Oder umgekehrt.

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War das die ursprüngliche Idee?
Ganz ursprünglich hatten Ry und ich mal gezählt, an wie vielen Bands wir beide teilhaben. Aus Spaß haben wir dann gesagt: Das könnte ja schon ein Festival sein. So ist die Idee geboren worden. Beim allerersten vor drei Jahren waren es wirklich nur Freunde von uns und Freunde von Freunden. Du kannst es dir vielleicht so vorstellen wie die Ursprungsidee vom Montreux Jazz Festival. Da war es so, dass Leonard Cohen gespielt hat und einen halben Tag später trat dann Chick Corea auf. Die beiden würden sich im normalen Leben vermutlich nie über den Weg laufen, aber auf so einem Festival hört man sich das natürlich an. Und nach Montreux sind die Musiker auch jahrelang gekommen, auch wenn sie nicht gespielt haben. Einfach wegen der Konzerte und der entspannten Atmosphäre.

Und Sacred Ground ist also auch eines dieser Festivals von Musikern für Musiker?
Genau, unter anderem. Bestenfalls spielen dann halt auch immer mehrere Leute gemeinsam. Als ich letztes Jahr gespielt habe, war natürlich Ry dabei, aber dann kamen spontan noch Mathew Jonson sowie Patrick O'Laoghaire von I Have A Tribe dazu. Man lernt sich zwangsläufig kennen, denn wir haben ja keine krassen Backstage-Bereiche oder Security. Es soll eben sehr familiär und klein sein. Und ist es auch. Hoffentlich. Noch. Lange.

Howling live
27.06. Köln – Gloria
28.06. München – Blitz Club
21.07. Brüssow – Sacred Ground Festival

Beim Sacred Ground im uckermärkischen Brüssow spielen vom 21. bis 23. Juli u.a. RocketNumberNine, Schwarzmann, Ry X, Fort Romeau, Âme (DJ), Alex.Do, Robag Wruhme, Gigi Masin und Howling. Das gesamte Line-up findest du auf der Festival-Webseite. Die Tickets kosten aktuell etwas weniger als 90€.

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