Es ist ein mausgrauer Sommertag. Hin und wieder schleicht eine Brise über den ruhigen Landwehrkanal. Dann kräuselt sich das Wasser für einen Moment. Bewaffnet mit Seil und Magneten stehen wir an der Kaimauer. An uns vorbei ziehen Tourigruppen. Manchmal zeigen sie auf uns. Bleiben stehen. Zücken ihr Handy. Und flüstern irgendwas davon, wie alternativ und besonders Berlin doch ist. Unser XXL-Magnet am knallroten Seil scheint willkommenes Fotomotiv für Brückentagsberliner.
Mit einem Magneten im Fluss angeln und schauen, was dran hängen bleibt – mag vielleicht seltsam klingen. Dabei ist Magnetfischen längst ein Trend. Tausende von Videos auf YouTube zeigen Gestalten in Outdoor-Montur, die gespannt ihren Magneten aus dem Wasser ziehen. Die Beute: viel Müll. Aber manchmal werden Waffen, Fahrräder oder sogar Tresore aus den Gewässern gezogen. Immer wieder werden Granaten oder auch Bomben geborgen. Auch deshalb wird Magnetfischen nicht gerne gesehen, denn die rechtliche Lage ist unklar. Laut unserer Recherche ist es weder verboten noch erlaubt. Für uns ein Grund mehr, es auszuprobieren. Deshalb werfen wir den Magneten in die Spree, den Landwehrkanal und den Westhafen.Meist ziehen wir den Magneten aus dem süffig-brauen Wasser, ohne dass was dran hängt – bis auf massenweise Kronkorken. Wer Magnetfischen geht, braucht also Geduld – und abgehärtete Fingerspitzen. Wenn man die Kronkorken vom Magneten popelt, dann lernt man übrigens, dass auch Menschen, die Biozisch oder Vegalino trinken, ihre Kronenkorken ins Wasser werfen. Vergiss alle deine Vorurteile!
Kronkorken
Kleinkram
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Verstärker
Anker
Fahrradschlösser
Fahrrad
Erst haben wir die Gestalten in Outdoor-Montur belächelt, die am Wochenende zum nächstbesten Kanal fahren und nach ihrem Glück angeln. Doch wir haben begonnen, sie zu verstehen. Wir haben verstanden, dass man beim Magnetfischen wohl nie wirkliche Reichtümer an die Oberfläche zieht. Dafür angelt man Geschichten.Folge VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.