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Paris

Britische Frühstückskultur in Paris

Zugegeben ist es keine neue Geschichte, wenn Kreative ihren Job an den Nagel hängen und anfangen Brot zu backen oder Eier zu pochieren. Nico und Sarah sind aber so sympathisch und trauten sich ein britisches Frühstückslokal in Paris zu eröffnen. Also...
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In der Rue Lucien Sampai befindet sich das Café Hollybelly von Barista Nico und der Köchin Sarah, das sich ganz auf die angelsächsische Frühstückskultur spezialisiert hat.

REZEPT: Holybellys knusprige Hash Browns

Die zwei Pariser wurden während ihrer Zeit in Melbourne zu Anbetern der Kaffee- und Frühstückskultur. Es öffnete ihnen die Augen, dass qualitativ hochwertiges Essen auch in einer coolen, entspannten Café-Atmosphäre serviert werden kann. Denn aus Paris kennen sie das nicht, zu steif kann sie sein, die Stadt der Liebe.

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„Als wir zurück nach Paris zogen, dachten wir uns: Warum nehmen wir nicht das, was uns in Australien gefallen hat und machen unser Zuhause damit ein kleines Stück besser?", sagt Nico. Ein gewisses Risiko bestand immer. Frühstück zwischen 9 und 12 Uhr in einer Stadt anzubieten, die bekannt dafür ist, ein Morgenmuffel zu sein und nicht viel auf jegliche Mahlzeiten vor dem Mittag zu geben—ob das gut gehen kann?

Ihre Freunde, Familie und vor allem die Bank entgegneten ihnen mit Skepsis. Am Ende erreichten sie jedoch ihr Ziel und seit ihrer Eröffnung im September sind sie erfolgreicher, als es ihnen je einer zugetraut hätte.

Trotz des Widerstands weigerten sie sich, von ihrer Idee abzukommen, eine Philosophie, der sie teils ihren Erfolg zuschreiben. „Wenn man Kompromisse eingeht, wird daraus nur eine verfälschte Version der ursprünglichen Idee", reflektiert Nico, während er aber gleichzeitig anerkennt, dass es nicht immer einfach ist, den Status Quo in Paris zu hinterfragen. Manchmal prallen immer noch Kulturen aufeinander, wenn Kunden das Lokal betreten und die formelle Etikette anderer Pariser Etablissements erwarten.

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„Wir haben sehr viele Stammkunden. Das ist für uns ein Zeichen, dass wir etwas richtig machen." Eine Café im 10. Arrondissement, das von zwei ehemaligen Designern betrieben wird, ist für viele der Inbegriff der Bobo-Kultur, Sarah sagt jedoch: „Ich freue mich, auch ältere Leute in unserem Lokal zu sehen. Wir wollten eine Atmosphäre schaffen, in der sich die Leute wohlfühlen."

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Das Vertrauen ihrer Kunden und ihren Ruf haben sie sich durch die konstant hohe Qualität ihres Essens und ihrer Getränke aufgebaut. Deshalb fühlt sich Sarah auch wohl dabei, nichts auf der Karte auszutuaschen: „Ich möchte, dass die Leute mir vertrauen. Auch wenn sie Blumenkohl nicht so gerne mögen, er aber auf der Karte steht, sollen sie sich sicher sein können, dass er trotzdem gut schmecken wird."

„Gutes Essen braucht Zeit", sagt Sarah, als sie davon erzählt, was sie von ihrem Mentor Andrew Gale, dem Besitzer und Koch des Duchess of Spotswood, gelernt hat. Jeden Monat ändert sie die Karte und passt sie an die Jahreszeit an. Dadurch entsteht für sie genau die richtige Balance zwischen neue Dinge ausprobieren und bekannte perfektionieren.

Nachdem sie es geschafft haben, die hartnäckigen Pariser zum Frühstücken zu bringen, will sich Sarah mehr auf die Mittagskarte konzentrieren. Sie möchte vermeiden, dass das Holybelly nur als „das Café mit den Pancakes"—ihre Spezialität—bekannt wird.

Sarahs Herz schlägt aber für die Frühstückskarte. „Das wird mich nie langweilen", sagt sie zu mir. „Es ist etwas sehr Besonderes, die erste Mahlzeit des Tages für jemanden zu kochen. Wenn das Frühstück nicht gut ist, startet man einfach mit dem falschen Fuß in den Tag."

Sie nimmt ihre Aufgabe sehr ernst und erzählt mir, dass sie ein ganzes Jahr daran arbeitete, das Rezept für ihre Hash Browns zu perfektionieren: „Kartoffeln! Die sind so launisch! Je nach Jahreszeit sind sie immer anders." Was so einfach scheint, ist eigentlich ziemlich kompliziert.

Nico hat das am eignen Leib erlebt. An einem freien Morgen gingen die beiden ins Café und er bereitete für sie britisches Frühstück zu: „Sie so, schieb das Brot in den Ofen, vergiss die Eier nicht, pass auf den Speck auf, deine Bohnen brennen an. Ich dachte mir nur, Das ist ja verrückt. Und da waren nur wir zwei, kein Service, kein Druck, keine Bestellungen, die warteten. Es ist definitiv nicht so einfach, wie es aussieht!"