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Wir haben die Reality-Show 'Nacktes Überleben' gesehen, damit du es nicht tun musst

Die Teilnehmer der Sat.1-Show mussten ihren ganzen Besitz abgeben – auch die Unterhosen. Also holten sie ihre Penisse und Brüste raus und bastelten sich Betten und Kleidung aus Klopapier.

Titelfoto: Sat.1 | Ben Pakalski

Wir haben zehn Paar Sneaker rumstehen, kaufen zu viel Joghurt, der dann im Kühlschrank verschimmelt, und dank IKEA immer mehr Geschirr, das wir nicht brauchen. Als Gegenbewegung boomt gerade der Minimalismus. Das Ziel: mit so wenig Besitz wie möglich auskommen. Aber was macht uns zufriedener? Verschwenderischer Konsum in Endlosschleife oder die Challenge eines bescheidenen Lebens mit nur 100 Gegenständen? Mit dem "großen TV-Experiment" Nacktes Überleben will Sat.1 diese Frage beantworten. In der Sendung von Mittwochabend verzichten sechs Menschen einen Monat lang auf ihren Besitz: Michael (37), Single aus Warburg; Marcel (36), Martin (26) und Claire (24), die in einer WG in Solingen leben; Carmen (43) und Christian (30), ein Pärchen aus Glottertal.

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Zu Beginn der Show schlagen Möbelpacker bei den Teilnehmern auf und räumen ihre Wohnungen leer. Entsafter, Hanteln, Smartphones und Sofas landen in einem Container, der nur wenige hundert Meter von der Wohnung entfernt steht. Als Martin seinen vorerst "letzten Post" auf Facebook abschickt, erklingt im Hintergrund traurige Klaviermusik.

Das Konzept: Pro Tag darf jeder Teilnehmer einen Gegenstand aus dem Container zurückholen. So soll sich zeigen, was der Mensch wirklich zum Leben braucht.

Wir haben uns das Ganze für euch angeschaut und haben dabei einiges gelernt.

Foto: Sat.1 | Willi Weber

Erstmal Pimmel zeigen, weil: Unterhose = Konsum

Nichts wurde von Sat.1 im Vorfeld so sehr beworben wie das Nacktsein der Teilnehmer. In jedem Trailer, auf jedem Plakat und sogar im Namen: nackte Haut. Tatsächlich dauert es nicht lange, da baumelt Christians Penis in seiner Wohnung. Alle Möbel sind raus, also wandert auch die Unterhose in den Pappkarton. Während sich Christian und Carmen in der leeren Wohnung entkleiden, hält Sat.1 die Kamera drauf. Das Absurde: Die Teilnehmer bekommen ausreichend Essen, fließend Warmwasser, Kernseife, Zahnpasta und Toilettenpapier. Aber gerade die fehlende Unterhose und das Nacktsein sollen den Konsumverzicht lehren. Wer Brüste und Penis raushängen lässt, den interessiert das neueste iPhone nicht. Wenn sich der Konsumwahn doch nur so einfach bekämpfen ließe.

Hauptsache, du besitzt Klopapier

Michael baut sich in der ersten Nacht, die er nackt in seiner Wohnung verbringen muss, ein Bett aus Klopapier – sprich, er rollt einfach alles Klopapier auf dem Boden aus und legt sich darauf. Die Nacht sei trotzdem "schweinehart, schweinekalt" gewesen, flucht er.

Christian und Carmen hingegen wickeln sich Toilettenpapier um die Füße – als Schuhwerk für den eiskalten Weg zum Container.

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Die 24-jährige Claire aus der 3er-WG schämt sich beim Ausziehen – sie steht im kahlen Wohnzimmer, ihre beiden nackten Mitbewohner schauen ihr von hinten zu. Vor der Kamera versteckt sie sich hinter einem Pappkarton. "Ich hätte mich gerne neben sie gestellt und nochmal ausgezogen, als Unterstützung", sagt Mitbewohner Marcel. Das nächste Bild zeigt sie dann in der Badewanne, wie sie sich Klopapier um die Brüste wickelt. Ihr Mitbewohner Martin tröstet sie: "Du wirst schon sehen, letztendlich gucken sie dir alle in deine richtigen Augen." Aber dann sagt er auch: "Es ist gut, dass Claire jetzt was an hat, auch wenn es nur Toilettenpapier ist."

Wie du siehst, Klopapier ist für Minimalisten das A und O.

Der Jumpsuit ist das Kleidungsstück der Konsumkritik

In den ersten Tagen rennen die Teilnehmer nackt zu ihren Containern und holen neben Bettdecken und Matratzen vor allem ein hässliches Kleidungsstück heraus, dessen Sinn uns jetzt erst erschließt: den Einteiler. Statt Schuhe, Hose und Socken separat zu sammeln, beendet der Jumpsuit das Nacktsein auf einen Schlag – und gilt dabei nur als ein Teil! Damit ist der Jumpsuit die Uniform der Minimalisten, die glorreiche Erfindung der konsumkritischen Kleidung.

Kein Besitz ist auch keine Lösung

Die erste lahme Erkenntnis tritt nach fast zwei Wochen ein, als alle Teilnehmer wieder über eine Matratze, eine Bettdecke, einen Jumpsuit, Handtücher, Fernseher, Handys, Schuhe und Autoschlüssel verfügen. "Wir haben jetzt alles, was man zum Leben braucht", sagt Martin, und meint damit auch: Ihr anderen habt zu viel Kram, den ihr nicht braucht.

Am Ende sind dann aber alle doch sehr froh, dass das Experiment vorbei ist. Natürlich werden ein paar Kartons aus dem Container zu Second-Hand-Läden gefahren, weil man ja jetzt gemerkt hat, dass man gar nicht so viel zum Leben braucht.

Carmen umarmt glücklich ihren Entsafter. Michael empfindet sein Leben jetzt als luxuriöser. Claire sagt, sie wolle ihr Handy weniger benutzen. "Das Experiment, so hart es auch war, hat Zufriedenheit neu definiert", sagt die Stimme aus dem Off.

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