FYI.

This story is over 5 years old.

Words

Neun legendäre Drum 'n' Bass Tracks, die nie veröffentlicht wurden

Wir alle wollen immer das, was wir nicht haben können. Crate Digger dürften sich für diese Drum 'n' Bass-Raritäten interessieren.
Diese Platte wurde gepresst, die neun Tracks aus ihrem Artikel nicht || Foto: imago | Blickwinkel

Wir alle wollen immer das, was wir nicht haben können. Je schwieriger etwas zu bekommen oder je kleiner die Auflage ist, desto mehr möchten wir es besitzen. Gerade auch deswegen gibt es diverse Internetforen, in denen es ausschließlich um alte Drum'n'Bass-Tracks geht, die niemals durch eine offizielle Veröffentlichung das Licht der Welt erblickten. Während sich das Genre in den 1990ern mit rasender Geschwindigkeit entwickelte, pressten viele Produzenten extrem limitierte Auflagen auf Vinyl oder Acetat und schickten diese an ausgewählte DJs, die die Demos in den Clubs ausprobierten.

Anzeige

Viele dieser White Labels kamen nie in den Handel, oft auch weil Rechte für die Samples nicht geklärt waren, oder weil sie in gerade nicht in den Trend passten. Dies trug aber nur zur Mythenbildung um diese Platten bei und machte sie gerade erst zum Objekt der Begierde für viele Drum'n'Bass-Fans. In den letzten Jahren wurde eine Handvoll dieser extrem raren Tracks von Tapes und limitierten Originalpressungen geborgen, sie avancierten zu einem beliebten Tauschmittel in der digitalen Welt.

Hier sind einige jener Tunes, die für einige Drum'n'Bass-Nerds zum Ziel ihrer Obsession wurden, ihre schon vollständige Sammlung noch vollends zu komplettieren.

Photek – „Feeling Up"

Zwei mysteriöse Einträge im Backcatalog von Grooveriders angesehenem Prototype-Label—PRO-003 und PRO-006—haben in den letzten Jahren für unglaublich viele Spekulationen gesorgt. Gerüchten zufolge steckt hinter beiden das Bass-Urgestein Photek. Während Letztere 2007 digital veröffentlicht wurde, blieben Details zu Ersterem weiterhin ungeklärt. Die A-Seite enthielt wohl „Feeling Up", das Photeks einzigartige Fähigkeiten als Drumkitmanipulator zeigt, denen auch in der digitalen Ära niemand das Wasser reichen kann.

Optical—„What's the Difference"

Anfang 1997 entwickelte sich Techstep mit einer halsbrecherischen Geschwindigkeit—das Genre hatte einfach noch keine festgesetzten Regeln entwickelt, die guten von schlechtem Geschmack trennten. Die Pioniere des Styles hatten keine Angst vor Experimenten, und während der Sound langsam erwachsen wurde, wurden unzählige Tracks getestet und schneller wieder verworfen, als ein E-MU-Sampler hochgefahren werden kann.

Anzeige

Opticals „What's the Difference" ist mit Abstand der meistdiskutierte Track aus dem Repertoire des Virus Recordings-Gründers. Dabei galt er schon seit Langem verschollen—nur ein weiteres DAT-Tape, das auf der Strecke geblieben ist. Mit dem unverkennbaren Techno-Einfluss und der verzerrten TR-909-Kick hätte sich das Teil wahrscheinlich bestens auf einer Warehouseparty in Detroit gemacht, obwohl Drum'n'Bass zu dieser Zeit noch ein fast reines London-Ding war.

LTJ Bukem—„Atmospheric Jubilancy"

15 Jahre nachdem LTJ Bukem vorgehabt hatte, diese musikalische Ausgeburt guter Laune auf seinem Good Looking Label zu veröffentlichen, ist das 1993 aufgenommene „Atmospheric Jubilancy" zu einem der großen Themen in diversen Internetforen geworden. Es ist immer noch unklar, warum Bukem sich in letzter Minute doch anders entschied und sich diese 12"-Single nur in einer Ladung superlimitierter Testpressungen materialisierte.

Dillinja—„Playtime"

Zu Dillinjas Hochzeiten behaupteten viele, er würde pro Tag einen Track raushauen—an einem schlechten Tag wohlgemerkt. Seine unveröffentlichten Songs machten als Dubplates die Runde, aber der Producer selber war selten wirklich zufrieden mit seiner Arbeit. Viele seiner Cuts durchgingen unzählige Transformationen bevor sie dann veröffentlicht wurden, in extremen Fällen warf er die Songs komplett über den Haufen und verwendete nur das Gerippe—um ein komplett neues Projekt daraus zu formen.

Anzeige

So widerfuhr es auch „Playtime", das am Ende als sein viel gepriesener Remix von Hives „Ultrasonic Sound" erschien. Während sich die Drumrolls in beiden Versionen sehr ähneln, arbeitet „Playtime" mit einer leicht unterschiedlichen Bassline und komplett verschiedenen Vocals. So pingelig er auch war, selbst das schlechteste Material von Dillinja würde heutzutage—fast wie vor 15 Jahren—jeden Dancefloor zum Kochen bringen.

Bad Company—„Splint"

„Splint", der von DJ Trace aus der Versenkung gehoben wurde, hatten Bad Company wahrscheinlich aufgenommen, als sie an ihrem Debüt Inside The Machine arbeiteten. Der Track ist wegen seiner Funkyness geradezu ansteckend und fängt super den Sound ein, den die Gruppe immer verfolgt hat. In Stücke wie „Splint" packten Bad Company noch mal eine ordentliche Portion Groove und Soul, anstatt sich einfach nur in den „dark" und „heavy" Ebenen zu verrennen, die einen Großteil ihres Sounds ausmachten.

Nasty Habits—„Drums 2000"

In den letzten 20 Jahren wurde Doc Scotts fragwürdige Hardcore-Breakbeat-Hymne „Here Come The Drumz" unzählige male geremixt. 2001 ließen Metalheadz eine aufgemotzte, Percussion-lastige Version über die Platinum Breakz 3-Compilation auf die Menschheit los, aber einer der wirklich interessanten Remixe blieb dann doch einer kleinen Gruppe Auserwählter vorbehalten.

Diese Version von Drumz, der eigentlich auf Docs Label 31 Records auf der B-Seite zu Goldies Remix von „Liquid Fingers" erscheinen sollte, steht ganz in der Tradition des Hardcore-Revivals, das 2001 dank John B und Total Science wieder in Drum'n'Bass Einzug gefunden hat. Das einzige Set, das mir bislang untergekommen ist und die wilden Piano Stabs und die bedrohliche Leadspur dieser Rarität enthält, findest du hier.

Anzeige

Calibre—„Cream"

Calibre gehörte in den frühen 2000ern zur Speerspitze der Liquidfunk-Bewegung und produzierte hunderte Tracks, die es niemals in die Ladenregale schafften. Viele davon schickte er an erstklassige DJs wie Fabio, LTJ Bukem und Bailey und an verschiedene Labels.

Während einige davon veröffentlicht wurden, tauchten andere—wie auch „Cream"—nur sporadisch in Club- und Radiomixen auf. Aber lass dich davon nicht an der Nase herumführen. Das hier ist ein wirklich herzerwärmender Roller, der der Drum'n'Bass-Formel ein melodisches Bukett hinzufügt—und das zu einer Zeit, als die düsteren Sounds von Techstep noch en vogue waren.

Trace—„Definition of Living (Amen Edit)"

Dieser Track, der 1993 auf LTJ Bukems Yaman Series-Tape auftauchte, brachte die brodelnden Sounds von Hardcore Breakbeat auf die Bildfläche—und zwar zu einem Zeitpunkt als das Genre vor allem damit beschäftigt war, die Geschwindigkeit der Tracks anzuziehen. In diesem Edit werden Cuts des Amen Break in unterschiedlichen Tempi neben-, über- und untereinander abgespielt, wodurch sich die Drumspur zu einem gnadenlosen Strudel entwickelt.

Dieser Track testete die technischen Grenzen der Sampler und Sequenzer aus, landete letztendlich aber auch im DAT-Nirwana. Als Trostpreis gibt es eine zahmere, reduziertere Version ohne den Amen Break, die Trace vor einem Jahr auf Soundcloud zum kostenlosen Download bereitgestellt hat.

Nick Minieri ist ein wandelndes Drum'n'Bass Lexikon und Redakteur von Beantown Boogiedown. Du kannst ihm auf Twitter folgen: @nickdawg

Anzeige

**

Folgt THUMP auf Facebook und Twitter.

MEHR VON THUMP

„Ich höre nur noch Technik in der Musik, aber kaum Seele"—Goldie im Interview

„Ich bin wieder ein OG"—Goldie zu 20 Jahren Metalheadz und die Verwandlung von ‚Timeless' in Orchestermusik.

Zehn Dokus über elektronische Musik, die du wahrscheinlich noch nie gesehen hast

Kuschelbedürftige Hooligans, drei-Tage-Wach-Sessions und ein verkaterter Luciano. Und welche sind deine Lieblings-Dokus?

Die zehn besten Dance-Musik-Zitate aller Zeiten

Fantastische Weisheiten von Frankie Knuckles, Jeff Mills, Björk, Deadmau5 und anderen.