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Kunst

Zu schön, um essbar zu sein: Diese Künstlerin stellt süße Skulpturen her

Kristiane Kegelmann mag es, wenn ihre Kreationen zerstört werden.

Kristiane Kegelmann hat einen sonderbaren Beruf. Sie macht Kunst aus Gebäck. Skulpturen, große und kleine, die sie in mühevoller Arbeit herstellt und am Ende zerstört werden, weil sie gegessen werden sollen. Ihre Ausbildung hat sie in München gemacht, danach war sie Konditorin in Salzburg, Wien und Sydney, jetzt arbeitet sie als Künstlerin in Berlin. Sie wollte sich mit den Kompromissen des Konditoren-Berufs nicht mehr abgeben, sie wollte kreativ arbeiten. Sie wollte Dinge herstellen, die überraschend aussehen und hervorragend schmecken. S" gesprochen, wie sie ihre Arbeit nennt.

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MUNCHIES: Hallo Kristiane. Was ist eigentlich dein Job? Kristiane Kegelmann: Ich spiele mit Essen. Also das, was einem als Kind eigentlich verboten wird. Ich spiele auch mit Reizen, der Wahrnehmung und verschiedenen Materialien. Meine Installationen sind essbar. Das merkt man allerdings nicht sofort, sondern erst mit der Zeit. Der Betrachter soll die Installation anfassen, zerstören, konsumieren. Die wenigsten Menschen können das – der Respekt ist einfach zu groß. Bei anderen kommt dagegen eine Zerstörungslust zum Vorschein. Das Werk ist eben erst fertig, wenn es zerstört ist.

Wie kam es dazu, dass du Patissière geworden bist? Und dazu Bildhauerin? Ich arbeitete immer schon gerne mit den Händen und so wurde ich Patissiermeisterin. Nach vielen Jahren im Beruf wollte ich noch kreativer arbeiten. Ich hatte schon immer Zugang zu Design, Kunst und Kultur hatte, da entschied ich mich zu Bildhauerei. Ich nahm nebenbei an Seminaren teil und fing dann an zu experimentieren. Mein Wissen über mein Material und – ja – über Statik macht so viele Dinge möglich!

Machst du Essen oder Kunst? Beides. Denn es geht sowohl um den geschmacklichen als auch den künstlerischen Anspruch. Ich selbst liebe Essen. Ich suche auch nach dem perfekten Geschmack. Nichts von mir gibt es ein zweites Mal, jedes Projekt hat ein vorhersehbares Ende. Ich verwende ausschließlich hochwertige, meist biologische Zutaten und weiß, wo diese herkommen. Mir ist es wichtig, dass ich hinter allen Bestandteilen meines Werkes stehen kann, deshalb lege ich auf solche Elemente hohen Wert.

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Was meinst du, wenn du „Zuckerstücke" sagst? Zuckerstücke ist ein Überbegriff, der meine Projekte betitelt. Auch wenn ich eher wenig mit Zucker arbeite. Das Wort führt beide Elemente meiner Arbeit zusammen: das Dessert – „Zucker" – und das Objekt – „Stück". Meine Pralinen kombinieren das am besten. Anfangs waren sie eine kleine essbare Visitenkarte von mir, sie kamen aber so gut an, dass ich sie als mein exklusives Produkt aufgenommen habe, das bestellt werden kann.

Ich frage für alle Instagram-Freunde: Muss Essen gut bzw. perfekt aussehen? Ich glaube, das kommt ganz drauf an. Was bedeutet ein perfektes Aussehen? Für mich ist ein perfektes Aussehen ein Gesamtbild. Gerichte brauchen Charakter und müssen wiedererkennbar sein. Heute kann man viele Teller kaum von anderen unterscheiden, selbst wenn es „schön" aussieht. Sie haben keinen eigenen Stil.

Warum arbeitest du nicht in einem Restaurant? Da ich frei arbeiten möchte. Ich liebe es zwar, gut essen zu gehen und ein tolles Dessert aufgetischt zu bekommen. Aber ich selbst arbeite lieber in meinen eigenen Strukturen und kann immer wieder andere Ideen inszenieren. Es gibt keinen Rahmen, sondern die Freiheit, etwas komplett Absurdes oder absolut Außergewöhnliches zu erschaffen. Etwas, was nicht auf einen Teller passt. Ich mag es ganz einfach, Grenzen zu überschreiten.

Worin liegt die Schönheit deiner Kunst? Die Schönheit der Vergänglichkeit. Anfangs ist es wunderbar anzuschauen, später folgt die Schönheit der Zerstörung. Und dann folgt ein sinnlicher Genuss, der ist kostbar.

Danke für das Gespräch.

Von Kristiane wird man lernen können, wenn man will. Sie wird Workshops geben, sobald sie ihr Studio umgebaut hat. Ab Ende Februar geht das los. Am 16.2.17 startet sie noch eine kleine Kickstarter-Kampagne, um ihr beim Umbau des Studios zu helfen: „Wer daran mitwirken möchte und meine Arbeit unterstützen möchte, kann dies hier tun."

Am 6.3.2017 ab 18 Uhr wird die Eröffnung des neuen Studios gefeiert.