Ich mache meine Cocktails nicht für jeden Gast einzeln – aus gutem Grund
Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung vom Salazar

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craft cocktails

Ich mache meine Cocktails nicht für jeden Gast einzeln – aus gutem Grund

„Wir bereiten unsere Cocktails in großen Mengen vor. Das heißt aber nicht, dass sie irgendwie schlechter schmecken.“

Die Cocktailkarte sollte die Küche eines Restaurants widerspiegeln und perfekt ergänzen.

Beim Salazar in Frogtown in L.A., einem Restaurant mit nordmexikanischer Küche und einem riesigen Außenbereich, habe ich versucht, auf den typischen Elemente der mexikanischen Küche—Rauchigkeit und Einfachheit—aufzubauen. Ich versuche, einfache Cocktails mit weniger Alkohol zu machen—mehr brauchte es hier nicht.

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Hier gibt es keine Cocktailwissenschaft.

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Margaritas im Salazar

Wenn man an ein einfaches mexikanisches Barbecue denkt, kommen einem keine ausgefallenen Drinks in den Sinn, sondern eher solche wie Margaritas, Palomas, Micheladas oder eben Bier. Ich bereite die Margarita in großen Mengen vor, damit ich einen fast unbegrenzten Vorrat für unsere durstigen Kunden parat habe. In unserem Laden sollen sich die Leute aus dem Viertel einfach gemütlich treffen können, das heißt eben oft auch, dass die Karte einfach sein muss. Klar kann man probieren, teure, experimentelle Cocktails für je 15 Dollar zu verkaufen, aber irgendwann kommt doch wieder zu denGrundlagen zurück: einfache, erfrischende und nicht zu teure Cocktails für unter zehn Dollar. Jedes Viertel braucht einen Laden, wo man solche Drinks bekommen kann.

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Tacos mit selbst gemachten Weizentortillas im Salazar

Wir bereiten die Cocktails in großen Mengen vor. In der ersten Woche nach unserer Eröffnung haben wir gut 190 Liter Margaritas und über 110 Liter Horchata ausgeschenkt. Mexikanische Aguas Frescas sind einfach so vielseitig … Wenn man mal so darüber nachdenkt, sind das eigentlich alles alkoholfreie Cocktails. Da muss man dann nur noch den richtigen Alkohol hinzugeben.

Aber wenn wir jedes Getränk einzeln zubereiten würden, wäre das ziemlich zeitintensiv, wir würden Kunden verlieren und am Ende eben Geld. Wir wussten, dass bei uns nicht ein paar Dutzend, sondern ein paar Hundert Leute täglich vorbeischauen würden. Um es einfach zu sagen: Jeden Drink einzeln zu machen wäre einfach keine kluge Entscheidung gewesen. Außerdem liegt das Restaurant in Los Angeles und hier hat bekanntlich niemand Zeit oder Geduld. Ich habe in genug Restaurants in Kalifornien gearbeitet, um zu wissen, dass die Kunden ihre Bestellung schnell wollen. Wenn du es schaffst, ihnen in den ersten fünf Minuten den Drink zu servieren, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie während ihres Essens noch mehr zu trinken bestellen—und das ist doch das Ziel eines Restaurants oder einer Bar. Müssen sie aber auf jeden Drink 20 Minuten warten, denken sie sich eher: „Ich hab' keine Zeit, um noch mal zu warten…"—und bestellen am Ende nur ein Getränk.

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Ein Michelada vom Salazar

Von unseren alkoholischen Aguas Frescas bereiten wir immer 30 Liter vor. Das heißt aber nicht, dass sie irgendwie schlechter schmecken. Ich probiere jede neue Ladung, bevor sie an die Kunden geht. Anfangs ist es mir richtig schwer gefallen, nicht jeden Cocktail einzeln zu mixen. Das widersprach allem, was ich gelernt habe. Ich habe mein ganzes Leben lang als Barkeeper gearbeitet und wie wild den Shaker geschüttelt. Im Salazar bleibt mir allerdings nichts anderes übrig und das ist vollkommen in Ordnung für mich.

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Das Salazar

Trotzdem kann man auch bei großen Mengen den Drink raffiniert herstellen. Den langkörnigen Jasminreis für unsere Horchatas rösten wir zuerst, lassen ihn über Nacht stehen und zermahlen ihn am nächsten Morgen, sodass wir daraus mit einem Nussmilchbeutel quasi unsere eigene Reismilch machen. Mein Gewinn ist jetzt nicht bahnbrechend, weil ich konsequent nur frischgepresste Säfte nehme und auf beste Qualität achte. Langsam und mit Beharrlichkeit kommt man auch ans Ziel.Ich will ja, dass mein Laden länger überlebt und bin nicht nur auf schnelles Geld aus.

Außerdem sind solche Cocktails in großen Mengen auch immer gleich, da kann eigentlich nichts schief gehen und jeder Kunde bekommt den Drink so, wie er sein soll. Da macht man fast nie was falsch. Und es hält die Kosten gering, weil man nicht so viel Personal braucht.

Wenn ihr eine bessere Margarita für neun Dollar in L.A. finden könnt, sagt mir bitte Bescheid. Die Gastroszene entwickelt sich immer weiter. Die Zeit, die die Kunden auf einen Drink warten wollen, wird weniger. Die Leute wollen Craft Cocktails und zwar sofort.

Und ich versuche, mich daran anzupassen und ihnen das zu ermöglichen.

Aufgezeichnet von Javier Cabral

Dieses Interview wurde aus Platz- und Verständnisgründen redigiert.

Aaron Melendrez leitet die Bar des Salazar, eines neuen mexikanischen Restaurants in L.A. Mehr Informationen auf ihrer Website.