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Barkultur

An alle Bartender: Bitte benutzt eure Jigger

Drinks haben aus einem Grund ein Rezept. Das ist oft der Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Drink.

Du bist Barkeeper? Ja? Cool. Dann bist du einer dieser Superhelden, die ihr Wochenende opfern, um für einen Hungerlohn immer haargenau so nüchtern zu bleiben, dass es gerade noch so klappt, all den traurigen Gestalten der Nacht noch ihre Drinks zu machen. Und genau da liegt auch schon das Problem. Die maßlose Selbstüberschätzung, die mit dem Genuss alkoholhaltiger Erfrischungsgetränke einher geht, macht nämlich auch vor der routiniertesten Tresen-Fachkraft keinen Halt.

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Und wie das nach dem fünften Bourbon-Shot dann nun mal so ist, denkt man dann plötzlich, man hätte tatsächlich Superkräfte. Manchmal denkt man, man könne super gut klettern. Kann man nicht. Ein anderes mal ist man überzeugt, man hätte plötzlich den Charme von George Clooney, gepaart mit der Ausstrahlung eines James Dean. Hat man nicht. Und beim nächsten mal ist man dann wieder der Meinung, dass genau diese Worte, in dieser SMS, zu genau diesem Zeitpunkt, so viel Zauberkraft in sich tragen, dass deine Ex schneller zurück zu dir ins Bett gekrochen kommt als Harry Potter „Expelliarmus" schmettern kann. Kommt sie nicht.

Barkeeper haben die schlechte Angewohnheit, mit steigendem Pegel zu denken, sie könnten tatsächlich mit bloßem Auge erkennen, wie viele Milliliter da gerade aus dieser Flasche tröpfeln. Können sie nicht.

Ich meine, klar, es gibt auch Menschen mit absolutem Gehör. Aber Ohren sind nicht die Augen und ich glaube nicht, dass du 3,5 von 4 cl unterscheiden kannst und so was wie doppelt hören gibt es auch nicht. Doppelt sehen hingegen schon. Ich weiß, das tut jetzt weh. Ich habe in meinem Leben schon zu viele verhunzte Whiskey Sours getrunken, um das noch länger ertragen zu können. Tut mir diesen einen Gefallen. Benutzt eure Jigger. Bitte. Denn genau dafür sind sie da. Deshalb mixt man Drinks auch nach Rezepten. Weil sich da jemand mal was bei gedacht hat. Ich weiß, es sieht viel cooler aus und ich habe mich auch schon selbst dabei erwischt, wie ich die Schnapsflasche einen ganzen Meter höher als den Shaker haltend, Drinks gemixt habe. Seht es mir nach, ich habe geflirtet. Aber nach der kurzen Freude über die abgefahrenen Skills dieses fleischgewordenen Halbgottes (Das „Besoffen-Ich", bester Mann), der gerade zwischen dir und deinem wohlverdienten Drink steht, folgt jedes mal die Ernüchterung – auch wenn das vielleicht hier das falsche Wort ist. Tut euch selbst einen Gefallen und erspart euch die traurigen Gesichter. Hebt euch eure Moves für die Longdrinks auf. Da freut sich der Gast, wenn statt fünf acht cl drin sind. Aber niemals bei einem Cocktail. 0,3 cl Zuckersirup zu viel reichen und aus deinem Lieblingsdrink wird eine ekelhaft süße Pampe. Das macht einfach keinen Spaß.

Die Lösung könnte einfacher nicht sein. Diese kleinen metallischen Messbecher, eine Seite zwei cl, die andere vier. Davon stehen bei euch in der Bar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit welche rum. Wenn du dann noch das genaue Rezept für deine Drinks beherrschst, am Ende vielleicht sogar noch kurz abschmeckst: Herzlichen Glückwunsch! Die Welt wird schon bald ein besserer Ort sein.