So isst man Hoden richtig

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Innereien

So isst man Hoden richtig

Klöten, Eier, Nüsse, Kronjuwelen – nennt sie, wie ihr wollt, sie schmecken fantastisch.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Niederländisch bei MUNCHIES NL.

Morgens um halb zehn im Zug Richtung Leeuwarden, ich habe mir zwei gekochte Eier mitgenommen. Während ich so genussvoll in das erste reinbeiße, wird mir klar, dass ich heute auch noch andere Eier essen werde. Ich schlucke. Später werde ich mich mit Willem Schaafsma treffen, um Hoden zu kochen.

Und nur ein paar Stunden später stehe ich in seiner Küche. Er nimmt zwei Hoden aus einer Plastiktüte. Ich schlucke noch einmal.„Wow, die sind aber groß", sage ich laut. „Die sehen aus wie Schwänze!" Willem lacht und meint: „Ja, das sind Stierhoden, die sind nun mal groß. Stiere sind allgemein gut bestückt."

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Willem kocht im Eindeloos in Leeuwarden. Sein Vater war Bauer, deshalb hat Willem schon als kleines Kind Innereien gegessen. Hoden gibt es bei ihm regelmäßig. „Eigentlich verrückt, dass wir Bries, also den Thymus, essen, aber Hoden nicht. Die schmecken unglaublich gut! Ein bisschen wie Bries, nur leckerer."


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Das findet auch Restaurantleiter Jorrit: „Man erwartet es nicht unbedingt, aber sie sind ziemlich schmackhaft. An die Vorstellung muss man sich nur erst ein bisschen gewöhnen." Ich schaue mir die Stierhoden noch einmal an und dann zweifelnd zu den beiden Jungs. Na, das werden wir sehen.

Zuerst säubert Willem die Hoden. „Er wird von zwei Schichten geschützt", erklärt er. Er macht einen Schnitt in die äußere Haut und rollt sie wie ein Kondom ab. Die zweite Schicht liegt fest um das Fleisch. Zum Entfernen schneidet er den Rand mit einem scharfen Messer ein und fährt dann von unten nach oben durch die Membran. Das Fleisch schabt er dann noch vorsichtig ab. Ohne die Haut ist der Stierhoden jetzt gelblich bis orange und fühlt sich ganz weich und wabbelig an und riecht sogar ziemlich frisch.

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Später schauen wir bei Klaas Walburg, einem Fleischer im westfriesischen Dorf Tzum, vorbei. Zu Recherchezwecken müssen wir natürlich auch Hoden von einem Ziegenbock zubereiten „Manche Schlachter schmeißen die Eier einfach weg", erzählt Willem. Klaas hat die Hoden extra für uns eingefroren, außerdem wirft sich Willem noch zwei junge Ziegenböcke über die Schulter und schmeißt sie in unseren Kofferraum. Zurück im Auto frage ich ihn, wie viel ein Hoden kostet. „Nichts", meint Willem. „Die sind kostenlos. Normalerweise muss der Fleischer pro Kilo Abfall zahlen."

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Zurück im Restaurant säubert er die jungen Böcke und bereitet sie dann vor. Als ich so nebenbei erwähne, dass ich noch nie Bries gegessen habe, legt er es mir beiseite. Dann nimmt er die mittlerweile aufgetauten Hoden aus der Plastiktüte: Die sind kleiner, heller und fester als die Stierhoden. „Das sind die kleinsten Eier, die ich je gesehen habe", meint Willem und zeigt auf die zwei Mini-Hoden. „In der Dusche im Fitnessstudio hätte man die bestimmt ausgelacht", meint er lachend.

„Azubis nennen sie auch verrückte Pilze", erzählt er. „Die Neuen bekommen bei uns oft Pasta mit Hoden, was wir ihnen natürlich nicht verraten. Dann sagen sie: ,Das sind aber seltsame Pilze.'", lacht er. „Aber eigentlich gefällt es ihnen." Willem säubert sie genauso wie die Stierhoden, ohne Haut sind sie leicht rosa.

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Er schneidet die Hoden in Scheiben. „Man kann sie unterschiedlich zubereiten: Entweder man pochiert sie zuerst, genauso wie Bries, und brät sie dann kurz. Oder man macht ein Ragout daraus, man darf sie nur nicht zu lange garen." Er bevorzugt die Hoden gebraten. Je nachdem, wie dick die Scheiben sind, reicht eine halbe Minute. „Dazu passen auch ein paar Pilze oder Sellerie. Ich kombiniere sie gern mit erdigen Aromen." Er setzt eine Pfanne auf den Herd, gibt etwas Öl hinein und dann ein paar Hodenscheiben. Einmal gewendet, dann kommt Butter dazu und schon stellt er sie mir vor die Nase. „Na los, einfach probieren." Ich muss schlucken. Ich habe soeben meinen ersten Hoden gegessen.

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Eigentlich sehen sie ein bisschen aus wie runde Scheiben gebratenes Frühstücksfleisch, auch die Konsistenz ist ähnlich. Außen knusprig und braun, innen schön weich und fleischig. Die Stierhoden sind etwas süßer als die vom Ziegenbock. „Das kann man mit nichts vergleichen", meine ich. „Ja, vielleicht ein bisschen mit Bries", antwortet Willem. Stimmt. Die Konsistenz ist zwar anders, Hoden sind zarter als Bries, aber der Geschmack ist fast gleich. „Super lecker", meine ich. So knusprig gebraten schmecken Eier echt gut.