Grotesker Demonstrationszug fordert McAfee als Internet-Minister

FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Grotesker Demonstrationszug fordert McAfee als Internet-Minister

Ihre Forderung—„Make the internet safe again“—ist unmissverständlich. Wer hinter der Demo steckt, bleibt jedoch ein Rätsel.

Bild: Jake Offenhartz | Motherboard

Donald Trumps Ernennungen seiner Ministerriege haben insbesondere in den USA in der vergangenen Woche die Schlagzeilen bestimmt. Einige Personalentscheidungen waren vorhersehbar, andere sorgten in der Öffentlichkeit für Empörung. Trotz der Kritik an all den Kandidaten, die in den vergangenen Wochen diskutiert wurden, dürfte kein Vorschlag so viel Kopfschütteln ausgelöst haben wie die Forderung, die eine kleine Gruppe in einer überschaubaren Demonstration Anfang Dezember vor den Trump Towers erhob. Ihre unmissverständliche Forderung an den künftigen US-Präsidenten: „Donald Trump soll an die Sicherheit Amerikas denken und John McAfee, den qualifiziertesten Experten, zu unserem Cybersecurity-Zaren ernennen."

Anzeige

Folgt Motherboard auf Facebook, Instagram, Snapchat und Twitter

Die Demonstration soll von einer Gruppe, die sich dem Hacker-Kollektiv Anonymous zurechnet, organisiert worden sein. Die Demo war Teil einer öffentlichen Kampagne, die kurioserweise darauf abzielt „die USA vor Hackern zu schützen". Auf der Kundgebung stimmten die Demonstranten abwechselnd die Parolen „Make the internet safe again" und „We want McAfee" an. Nebenbei verteilten sie Flyer an die überraschten Passanten, auf denen die einzigartigen Qualifikationen des Software-Magnaten herausgestellt wurden. Obwohl scheinbar nicht alle Demonstranten mit Anonymous in Verbindung standen, trugen viele die obligatorische Guy Fawkes-Maske.

Stephanie Lee (rechts) and Mary Blake | Bild: Jake Offenhartz | Motherboard

„Wir haben unsere Leidenschaft für Cybersecurity erst kürzlich entdeckt", erklärte Stephanie Lee, die an der Demonstration teilnahm, gegenüber Motherboard. Die Seniorin hatte auf Facebook von dem Protest gelesen und sich kurzerhand entschlossen, mit einer Freundin vorbeizuschauen. Die beiden Damen fanden, dass sie am richtigen Ort seien, um ihre Besorgnis über russische Hacker-Angriffe zum Ausdruck zu bringen. Gleichzeitig schienen beide sehr von der Idee angetan, John McAfee als Verantwortlichen für alle Internet-Angelegenheiten in die Regierung zu holen. „Der Viren-Typ", erklärte Lee, „genau den brauchen wir jetzt."

Doch McAfee, der vor fast 30 Jahren die gleichnamige Antiviren-Software erfand, ist viel mehr als nur dieser „Viren-Typ". Im Jahre 2012 wurde gegen McAfee in seinem damaligen Wohnort in Belize wegen Mordes ermittelt, was dazu führte, dass er sich die folgenden zwei Jahre auf der Flucht befand. Seitdem hat er sich vergeblich als US-Präsidentschaftskandidat der Libertären Partei beworben, sich mit hanebüchenden Tech-Enten in die Schlagzeilen manövriert und war Gegenstand einer Dokumentation, die McAfee mit Vergewaltigungen und Mord in Verbindung brachte.

Anzeige

Bild: Jake Offenhartz | Motherboard

Auch wenn all diese Aktivitäten ihn vielleicht noch nicht zwangsläufig für eine Nominierung in der Trump-Regierung disqualifizieren würde, sind die Anstrengungen der McAfee-Demonstranten aus einem anderen Grund vergeblich: McAfee hat gar kein Interesse an dem Job—und hat das bereits der Welt mitgeteilt. Am Telefon verlas der Cyber-Tycoon gegenüber Motherboard ein vorgefertigtes Statement, in dem er begründete, warum er das hypothetische Angebot ablehnen würde.

„Ich bin der Meinung, dass die US-Regierung total veraltet ist. Die Entscheidungen werden von starren Gesetzen und Prozessen bestimmt, Innovation und Kreativität wird hier nicht anerkannt—tatsächlich halte ich die Regierung für völlig funktionsunfähig", erklärte McAfee. „Die Regierung braucht einen 35-jährigen Hacker mit Eiern aus Stahl, der nichts zu verlieren hat."

McAfee hätte da auch gleich zwei Empfehlungen parat: Chris Roberts und Eddie Mize. Roberts ist am besten für seinen vermeintlichen Hack einer sich im Flug befindlichen Passagiermaschine bekannt, der die Maschine angeblich vom Kurs abbrachte. Mize dagegen könnte laut McAfee „jeden" über Nacht „an die Spitze der Most-Wanted-Liste des FBIs setzen".

„So sieht die Realität aus", meinte der Antiviren-Milliardär weiter. „Ihr müsst begreifen, wie mächtig Hacker sind und das ist auch das erste, was Trump lernen muss. Es gibt nichts, was ein guter Hacker nicht schaffen kann."

Anzeige

Die Demonstranten ließen sich jedoch von der Information, dass McAfee an dem Posten gar kein Interesse hat, nicht beirren. Nach unserem Telefongespräch war die Gruppe bereits deutlich geschrumpft und die wenigen verbliebenen Aktivisten schienen sich an die Empfehlung der Organisatoren zu halten, nicht mit der Presse zu sprechen. Die Erwähnung der von McAfee empfohlenen Hacker löste jedoch vereinzelt zustimmendes Nicken aus—auch wenn dieses durch die Masken nur schwer zu erkennen war.

Schließlich brach ein Musiker und Organisator aus New Jersey das Schweigen: „Wir wünschen uns einfach nur jemanden, der dieses Universum versteht."

Bereits einige Wochen vor der Protest-Aktion hatte der Twitter Account @YourAnonNews einen Link zu einem Newsweek-Artikel über die Bewegung zur McAfee-Nominierung gepostet sowie die folgende Nachricht, die der Bewegung unterstellte, ein Fake zu sein:

„VORSICHT BETRUG: Uns sind keine Anonymous-Gruppen bekannt, die diesen Ego-Trip von @officialmcafee unterstützen, der von @ihazcandy inszeniert wurde."

FRAUD ALERT: We know of no Anonymous groups supporting @officialmcafee ego stroke, orchestrated by @ihazcandy. https://t.co/B04gzIvnJG
— Anonymous (@YourAnonNews) November 25, 2016

Bei @ihazcandy handelt es sich Berichten zufolge um einen Freund von McAfee. Am Telefon stritt McAfee jedoch ab, die Demonstranten vor dem Trump Tower bezahlt zu haben: „Falls diese Demonstranten wirklich von jemandem gekauft wurden, habe ich keine Ahnung, wer dahinter steckt, denn ich habe weder das Geld dafür noch irgendwelche Informationen darüber. Ich habe bereits mehrfach öffentlich gesagt, dass ich kein Interesse habe, mehr gibt es da nicht zu sagen."