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Rassismus

Die FIFA hat die Arbeitsgruppe für Anti-Rassismus eingestellt, weil die Arbeit getan sei

Leider kein Witz: Die FIFA löst ihre Task Force für Anti-Rassismus auf, weil die „temporäre Mission vollständig erfüllt" sei. Dabei haben sich alleine im WM-Gastgeberland Russland die rassistischen Vorfälle verdoppelt.
Foto: Imago

Rassismus hat in Russlands Fußball derzeit Hochkonjunktur. In der Saison 2014/2015 zählten das in Moskau ansässige SOVA Center und das mit der Uefa verbundene FARE-Netzwerk 92 diskriminierende Vorfälle von russischen Fans in und um die Stadien herum. In den zwei Spielzeiten zuvor gab es zusammengerechnet lediglich 83 Vorfälle. Das ist vor allem interessant, weil in weniger als zwei Jahren die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland stattfindet und die FIFA nun ihre Task Force zur Bekämpfung von Rassismus aufgelöst hat. Der wahnwitzige Grund: Die Arbeit der Anti-Rassismus-Task-Force sei abgeschlossen.

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Die FIFA schrieb laut The Guardian den Mitgliedern der Task Force, dass sie „ihre temporäre Mission vollständig erfüllt" habe und „hiermit aufgelöst und nicht mehr in Betrieb ist." Man würde am liebsten die dumme Frage stellen: Gibt es nun also keinen Rassismus mehr in den Stadien oder wie? Für die Mitglieder der Anti-Rassismus-Arbeitsgruppe klingt dieser Schritt zwar auch nach einem schlechten Scherz, doch irgendwie hatte man scheinbar damit gerechnet. „Ich wünschte, ich könnte sagen, dass ich von der Entscheidung schockiert sei, aber leider bin ich es nicht", erklärte Task-Force-Mitglied Osasu Obayiuwana am Sonntag laut The Guardian. Für ihn ist klar: „Das Problem des Rassismus im Fußball bleibt ein brennendes, sehr ernstes und aktuelles, das eine ständige Aufmerksamkeit benötigt."

Der Afrikaner sieht vor allem mit Blick auf die WM in Russland nötige Anti-Rassismus-Arbeit. „Ich persönlich glaube, es gibt immer noch eine Menge sehr ernsthafter Arbeit für die Task Force übrig, die zu tun ist. Die WM 2018 in Russland ist eine solche Sache. Aber es ist offensichtlich, dass die Direktion der FIFA da eine andere Position einnimmt." Die Task Force wurde erst im Jahr 2013 vom damaligen FIFA-Präsidenten Sepp Blatter ins Leben gerufen und lief unter der Leitung von seinem Vizepräsident Jeffrey Webb—bis dieser im Jahr 2015 wegen der Korruptionsermittlungen gegen die FIFA verhaftet wurde. Webb wurde vor einem Jahr vom kongolesischen Verbandspräsident Constant Omari als Vorsitzender der Arbeitsgruppe ersetzt—der aber scheinbar gar nicht so viel Interesse an der Anti-Rassismus-Arbeit gehabt hatte.

„Wir haben nicht eine einzige Sitzung unter seinem Vorsitz gemacht", sagte Obayiuwana. „Ich schrieb ihm, mehr als einmal, um zu fragen, wann eine Sitzung stattfinden wird. Aber ich bekam nie eine Antwort von ihm." Obayiuwana, der Journalist und Rechtsanwalt ist, erhielt den Brief über das Ende der Task Force am Freitag von der FIFA. Der deutsche Sozialwissenschaftler Gerd Dembowski, der früher bei diversen Projekten wie dem Bündnis Aktiver Fußballfans (BAFF), FARE (Football Against Racism in Europe) oder der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) arbeitete und heute bei der FIFA Manager für Vielfalt und Anti-Diskriminierung ist, erklärte den Schritt des Weltverbandes: „Die FIFA-Task-Force gegen Rassismus und Diskriminierung wurde auf temporärer Basis eingerichtet, um Empfehlungen für die Fifa zu entwickeln." Laut Dembowski brauche es scheinbar nun keine Empfehlungen mehr. „Wir freuen uns deshalb, dass alle von der Task Force informierten Empfehlungen umgesetzt wurden und alle sich daraus ergebenden Projekte im Gange sind."

Dabei verwies der Weltverband auf die Einführung eines Antidiskriminierungsüberwachungssystems bei den Spielen oder die Einführung eines „Good Practice Guides". Ob das jedoch helfen wird, den immer noch grassierenden Rassismus in den Stadien der Welt zu verringern, ist mehr als fraglich. Spätestens in weniger als neun Monaten—wenn mit dem Confederations Cup in Russland die Generalprobe für die WM stattfindet—wissen wir, ob die Arbeit der Task Force für Anti-Rassismus wirklich abgeschlossen ist. Spoiler: Ist sie bestimmt nicht.