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David gegen Goliath

Tennis-Nobody Marcus Willis hat gestern die englische Sport-Ehre wiederhergestellt

Gestern durfte der Weltranglisten-772. Willis gegen Roger Federer antreten. Das David-gegen-Goliath-Duell lockte sogar Ultras an.

Auch wenn der Ausdruck schon leicht ausgelutscht ist: Gestern wurde mal wieder ein Sportmärchen geschrieben. Oder besser gesagt: zu Ende geschrieben.

Marcus Willis, Weltranglisten-772., hat gestern in der zweiten Wimbledon-Runde gegen einen der größten Tennisspieler aller Zeiten, Roger Federer, spielen dürfen. Der 25-jährige Brite ist erwartungsgemäß glatt in drei Sätzen (6:0, 6:3, 6:4) ausgeschieden. Aber darum ging es auch gar nicht. Keiner, nicht mal die größten Optimisten auf der Welt, haben mit einem anderen Ausgang gerechnet. Für Willis ging es nur um eine Sache: Dabei sein ist alles.

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Man muss sich mal Folgendes vorstellen: Du—ein absoluter Nobody, den niemand kennt—bist kurz davor, deine Profikarriere an den Nagel zu hängen, weil weitestgehend erfolglos. Und nur wenige Monate später stehst du auf dem Centre Court beim wohl wichtigsten Tennisturnier des Jahres gegen keinen Geringeren als Roger Federer und das Publikum feiert jeden Spielgewinn von dir (und du holst immerhin sieben!), als hättest du gerade das Finale gewonnen. Ein Gänsehautmoment jagte gestern den nächsten.

Dass es überhaupt so weit kommen konnte, hat Willis nur sich selbst zu verdanken: Vor seinem ersten Aufschlag im All England Club musste er zwei Qualifikationsturniere durchlaufen. In der ersten Runde spielte er dann gegen den Litauer Recardas Berankis, immerhin Platz 54 der Weltrangliste, und besiegte ihn sensationell mit 6:3, 6:3, 6:4. Durch den Einzug in die zweite Runde hatte Willis plötzlich 50.000 Pfund sicher. Zum Vergleich: In seiner gesamten Karriere kam er bisher auf 69.500 Pfund Preisgeld. Aber viel wichtiger, er durfte gegen Federer antreten. Dass er ein Federer-Fan sein muss, sah man auch daran, dass er gestern mit einem Shirt des Schweizers gespielt hat (siehe das RF-Logo auf dem Ärmel ganz unten).

Marcus Willis is playing Roger Federer, the man whose logo is emblazoned on his shirt sleeve. — Ed McGrogan (@EdMcGrogan)June 29, 2016

Insgesamt hatte das Spiel echten Volksfestcharakter. Alle wollten das Duell Mini-David gegen Riesen-Goliath sehen. Willis lockte sogar echte Hardcore-Fans an, Tennisultras, wenn man so will.

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Marcus Willis' fans are alreay on ! — We Are Tennis (@WeAreTennis)June 29, 2016

Und Willis zeigte auch eine gute Leistung—samt dem schönsten Schlag des Spiels. Der erste Satz ging zwar mit 0:6 verloren, doch anstatt sich auch in den folgenden zwei Sätzen abschlachten zu lassen, zeigte der Brite mit Bäuchlein (noch vor Kurzem brachte er 25 Kilo mehr auf die Waage und hatte den Spitznamen Cartman—doch für seine hübsche Freundin wurde Willis zur Trainingsmaschine) Herz und Talent. Als er im zweiten Satz den ersten Punkt holte, zeigte er dem Publikum die schönste Beckerfaust.

That feeling when you win your first ever game on Centre Court…— Wimbledon (@Wimbledon)June 29, 2016

Und das feierte ihn und mit ihm.

He did it! Number 772 in the world Marcus Willis wins first game against Roger Federer — Miguel Cicenia (@TheTennisMole)June 29, 2016

Und zum Abschluss noch ein Fun Fact. Du weißt, dass gestern ein etwas anderes Tennisspiel auf dem Plan stand, wenn ESPN vergleicht, wer mehr Häuser hat:

lol at espn comparing homes — Jordan Heck (@JordanHeckFF)June 29, 2016

Danke Marcus Willis für dieses Tennis-Fest!