Ich möchte wissen, wie die Apps angenommen werden, wer sie nutzt und inwiefern sich die Sexarbeit verändert, wenn Prostitution so einfach ist wie die Bedienung einer App. Tech Crunch und viele andere Reviews von Peppr sehen in den Apps einen Schritt zu mehr Selbstbestimmung für Sexarbeiter_innen. Und auch Poppenreiter selbst „will den Markt erschüttern", indem sie Zwischenhändler und Vermittler überflüssig macht und Angebot und Nachfrage, Sexarbeiter_innen und Freier direkt per Smartphone zusammenbringt. Längst hat die App einen festen Spitznamen: „das Uber für Escorts."Ich habe aus Spaß gesagt: „Na, dann zahl doch" und so hat es angefangen.
Wer wüsste das besser, als die Menschen, die die App nutzen? Also begebe ich mich auf die Suche. Bei Peppr angemeldet, stelle ich erst mal fest, dass es hier überschaubar zugeht. Ich zähle circa 120 Anbieter_innen in ganz Deutschland, vor allem aus Berlin. Sehr vereinzelt bieten sich auch ein paar Typen an. So richtig viel ist hier nicht los.
Nach Straßenstrich sieht es auch nicht aus: Die Preise beginnen bei 100 Euro aufwärts. Ich kontaktiere nach dem Zufallsprinzip einige der „Pepprs". Um den Kontakt herzustellen, muss ich schon mal angeben, wie lange ich sie buchen möchte, oder ob ich Extras, wie zum Beispiel einen Fetisch, bedient haben möchte. Klar will ich ein Extra: Ich will ein Interview. Dann werden 10 Euro Vermittlungsgebühr, die Peppr bekommt, von meiner Kreditkarte abgebucht — und meine Nachricht wird zugestellt.Toni und Eleni erklären sich schließlich zu einem Treffen bereit. Unter der Bedingung, dass wir nicht ihre echten Namen nennen und keine Fotos machen, die ihre Identität preisgeben könnten.Eleni arbeitet fest angestellt in einer Agentur und verdient sich durch Peppr Geld dazu. Für Reisen und gutes Essen, wie mir die 26-Jährige, die in Berlin lebt, erzählt. Sie ist einer dieser Menschen, deren Augen immer lachen. Sie lädt mich zu sich nach Hause ein, kocht Nudeln und wir trinken Rotwein. Die Wohnung ist definitiv keine Edelescort-Wohnung, eher eine Studenten-WG. Auf dem Tisch liegt der „Atlas der Globalisierung".„Es gibt diese Louis-Vuitton-Häschen, es gibt professionelle Sexarbeiter_innen und es gibt diejenigen, für die der Sex der Elefant im Raum ist."
Wie oft hast du Aufträge, die per App gebucht werden?Ich habe momentan zwei Stammkunden, die kontaktieren mich ohne App. Dazu zwei bis drei Treffen im Monat, die über die App zustande kommen. Ich würde die ganze Sexgeschichte nie hauptberuflich machen, weil ich nicht will, dass ich davon abhängig werde. Wenn ich es machen müsste, könnte ich keine freien Entscheidungen treffen.Ich gehe ja auch nicht einfach in irgendein Hotelzimmer, sondern gehe vorher immer mit den Typen trinken oder essen und gebe mir die Möglichkeit zu sagen: ich gehe mit oder nicht.So pitcht die App an Kunden: Peppr.it möchte das Lieferando-Prinzip auf die Prostitution übertragen
Gibt es Wünsche, die du ablehnst?Auf jeden Fall. Das ist das gute an Peppr, da kann ich schon vorher klar machen, was ich nicht will. Ich würde sagen, ich gehe relativ weit, aber klar gibt es Grenzen.Was ist der Unterschied zwischen seekingarrangement.com und Peppr?Seekingarrangement ist eine amerikanische Seite und dort sind recht wenig Europäer. Es ist eben dieses Sugardaddy/Sugarbaby-Ding.„Meine Kunden sind keine gelangweilten Hausfrauen, die sich aus Frustration einen Hausfreund suchen, im Gegenteil."
Würdest du aufhören, wenn Sexarbeit verboten wäre?Ich kann mir nicht vorstellen, wie ein Verbot kontrolliert werden sollte. Gerade dieses Sugardaddy-Ding, wo zum Teil kein Geld fließt, sondern er dir einen Flug bezahlt oder eine Handtasche kauft.In vielen Ländern ist explizit auch die Annahme von Gegenständen gegen Sex verboten.Na, dann sag ich einfach, dass der Typ meine Affäre ist. Wie will man das denn beweisen? Aber, um auf deine Frage zurückzukommen: Ich könnte es schon lassen.Hast du Angst davor, geoutet zu werden?Meine Eltern wissen das, so schlimm wäre es nicht. Aber ich würde es schon vermeiden wollen.Tatsächlich hat mich heute jemand auf Facebook angeschrieben und meinte: ich weiß, was du machst und auch wo du arbeitest. Google Bildersuche. Ich hatte bei seekingarrangement.com ein Bild, das ich mal bei Facebook benutzt habe. Berlin ist eine arschkleine Stadt, und man muss echt aufpassen. Das ist ja schon bei Tinder so, da hast du alle fünf Minuten jemanden, den du kennst.„Nach Steuern verdiene ich rund 2.000 bis 3.000 Euro im Monat. Aber Geld selbst ist mir gar nicht so wichtig."
Sehr sehr selten geht es bei den Dates um Sex. Meistens geht es eher darum, ein temporärer Freund zu sein, um Kuscheln und Gespräche. Ich mag das. Zwanglos mal etwas ganz anderes machen, mit einer Person, die ich sonst nie treffen würde. So fing das an.Moment mal, es geht nicht um Sex? Es gibt wirklich bezahlte Dates?Ja, na klar. Wirklich, für mich ist es nur eine kleine Zahl der Dates, bei denen es um Sex geht. Es kann sein, dass ich eine Frau siebenmal treffe, bevor es zum Sex kommt. Manchmal weiß ich, sie will es, aber es ist ihr unangenehm und ich muss sie fast ermutigen: „Hey, ich habe schon mal eine Vagina gesehen, kein Problem." Die Grenze ist fließend.„Selten geht es bei den Dates um Sex. Meistens geht es eher darum, ein temporärer Freund zu sein, um Kuscheln und Gespräche."
Wie viel verdienst du im Schnitt und was machst du mit dem Geld?Ein Date dauert meist vier Stunden à 100 Euro. Ich versteuere die Einnahmen und würde sagen, nach Steuer wären es dann 2.000 bis 3.000 im Monat. Aber Geld ist mir gar nicht so wichtig. Ich habe mir letztens ein Fahrrad gekauft. Sachen für meine Wohnung. Ich mache Kunst und das Material dafür ist teuer. Den Rest spare ich für die Zukunft. Mehr Geld heißt eben auch: mehr Möglichkeiten.Hast du schon mal andere Apps oder Webseiten genutzt?Nein, vorher habe ich mit einer Agentur gearbeitet.Was ist besser?Apps. Definitiv. Ich habe zum Beispiel einen Freund, der das Booking managet. Durch die App kann er sich für mich ausgeben, die Frauen erst mal auschecken und entscheiden, ob die Anfragen ernst gemeint sind. Bei einer Agentur musst du dich sehr aufwendig bewerben und eine Anmeldegebühr bezahlen. Ich habe den Eindruck, alleine von den Gebühren leben viele Agenturen.„Altlinke hassen Peppr. Ich finde, Apps sind einfach eine weitere Option, abseits von Großraumbordellen, Straßenprostitution und Escort-Agenturen."