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Wovor erwachsene Menschen Angst haben

Klos, Rolltreppen oder davor, die Hand aus dem Bett hängen zu lassen: Wir haben uns umgefragt, wovor erwachsene Menschen immer noch Angst haben.

Kindern muss man zu Recht noch manchmal erklären, dass es die Hexe aus Hänsel und Gretel nicht gibt, dass die Gesichtszüge beim Schielen nicht wirklich steckenbleiben und dass der Magen nicht zuklebt, wenn man Kaugummis runterschluckt. Weil es für uns Erwachsene völlig logisch ist, dass das Blödsinn ist und nicht mehr wirklich nachvollziehbar, wie man sich vor so etwas überhaupt fürchten kann.

Aber irgendwelche skurrilen Ängste nehmen wir trotzdem alle aus unserer Kindheit mit oder entwickeln sie nach einem traumatisierenden Horrorfilm, den wir eigentlich gar nicht schauen hättendürfen. Irgendeine Angst geht auch dann nicht weg, wenn sie uns zehnmal ausgeredet wurde und wir selbst schon lange ganz genau wissen, wie irrational sie ist. Wir wollten passend zu Halloween wissen, welche Ängste das sind, also haben wir nachgefragt, wovor sich erwachsene Menschen noch immer so fürchten, dass es ihnen schlaflose Nächste bereitet.

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Vor Geistern

Screenshot via YouTube.

Ich habe keine Angst vor der Dunkelheit. Ich habe Angst vor Geistern in der Dunkelheit. Ich habe auch keine Angst vor Menschen—wie etwa gruseligen Kindern oder Irrenanstalt-Patienten—sondern eher vor dem Geist dieser Menschen. Während meine Mitbewohnerin hinter den verdächtigen Geräuschen nachts einen Einbrecher vermutet, vermute ich einen Dämon aus dem Mittelalter.

Als Jugendliche hatte ich nie ein Problem mit der SAW-Reihe, so wie allen anderen Filmen, in denen Menschen anderen Menschen Dinge antun. Die Verarsche von The Ring in Scary Movie 3 hat mich aber ungelogen vier Monate nicht schlafen lassen. Warum das so ist? Weil ich vor Menschen keine Angst habe.

Ich glaube an ihre Besiegbarkeit, an ihre Güte—kurz um: Ich gehe davon aus, dass ich mich in einer brenzligen Situation retten könnte. Aber vor Geistern? Ich glaube nicht unbedingt an deren Güte und Besiegbarkeit. Oder Rationalität. Oder Menschlichkeit. Geister können wirklich böse sein und wollen nur, dass wir in Angst und Schrecken leben.

Vor Klos

Screenshot via YouTube.

Ich habe kein Problem mit Dunkelheit, in meiner Jugend am Land bin ich oft besoffen nach Hause getorkelt und hatte dabei nie ein mulmiges Gefühl. Ja gut, ich hatte als Kind richtig Angst vor Aliens, aber das hat sich mit der Zeit auch gelegt.

Mit 30 habe ich aber vor allem von einer Sache im wahrsten Sinne des Wortes Schiss, und zwar vor Klos. Also nicht direkt vor Toiletten selbst, sondern eher vor dem, was theoretisch herauskrabbeln könnte. Oder würdet ihr beim Kacken gerne von einer Ratte überrascht werden, die euch womöglich euer bestes Stück wegknabbert? Man weiß ja nie.

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In meiner Wohnung komme ich mit dieser Angst ganz gut klar, in Restaurants oder Hotels versuche ich meine Sitzzeit auf Toiletten aber immer so gering wie möglich zu halten. Wer jetzt denkt, ich sei nur ein hysterischer Schisser mit einer etwas seltsamen Phobie, sollte sich dieses Video ansehen. Willkommen im Club.

Vor Rolltreppen

Generell habe ich am meisten Angst vor Unfällen, die mir einfach so im Alltag passieren könnten—zum Beispiel, dass mich eine Bim überrollt oder ich mir mit meinem Brotmesser zwei Finger abschneide. Meine größte Angst ist jedoch viel schlimmer, nämlich, dass ich auf einer Rolltreppe hinfalle. Ich weiß nicht, wie diese Angst in meinem Kopf entstanden ist.

Ich glaube mich aber zu erinnern, dass ich als Kind einmal gesehen habe, wie in einem Einkaufszentrum ein Kind auf einer Rolltreppe gestürzt ist und völlig blutüberströmt war. Ob diese Geschichte überhaupt wahr ist, weiß ich nicht. Und ja, ich weiß, dass das alles sehr nach X-Factor klingt, aber allein bei der Vorstellung, dass ich auf eine der spitzen Rolltreppen-Kanten fallen könnte, lässt mich zusammenzucken.

Die nächste Stufe in meinem Horrorszenario ist dann, dass meine Haare von der Treppe eingezogen werden. Und als wäre das nicht schon genug, habe ich vor kurzem erfahren, dass in den Untiefen des Internets ein Video existiert, auf dem eine chinesische Frau mit ihrem Kind auf der obersten Treppe einer Rolltreppe steht, die plötzlich nach unten bricht. Sie wird vom Innenleben des Monsters zerfleischt, schafft es aber noch, ihr Kind nach oben zu werfen und ihm so das Leben zu retten. Mein Leben als Rolltreppenfahrerin ist dann wohl vorbei.

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Vor Werwölfen

Foto: Flickr | Sascha Erni, .rb | CC by 2.0

Bevor ihr irgendetwas sagt: Ich weiß natürlich, dass es Blödsinn ist, Angst vor Werwölfen zu haben. Eigentlich. Was ich nämlich auch weiß und die meisten gern vergessen: Wenn es Werwölfe wirklich geben sollte, wäre es total vernünftig, sich vor ihnen zu fürchten. Ich sage nicht, dass ich das glaube; ich glaube ja auch nicht an Zombies, intelligente Rassisten oder irgendwelche anderen Märchenfiguren. Aber man muss nur die Grundannahme „Werwölfe sind echt" akzeptieren, um sich völlig zu recht vor ihnen in die Shorts zu ludeln.

Als Kind hatte ich gefühlt so ziemlich jede Nacht einen Albtraum, der mit Werwölfen zu tun hatte. In diesen Träumen lief einige Zeit alles normal, bis plötzlich alle Menschen verschwanden, alles um mich herum langsamer wurde und ich alleine in einer verlassenen Landschaft (oder einem Vorzimmer oder auf dem Gang) stand. In der irgendwo ein Werwolf lauerte. Diese Träume waren also nicht nur über Werwölfe, sondern über Werwölfe in einer postapokalyptischen Ödnis, durch die ich wie in I, Robot gejagt wurde. Wer dabei keine Angst bekommt, der kann keinen besonders ausgeprägten Überlebensinstinkt haben.

Davor, die Hand aus dem Bett hängen zu lassen

Screenshot aus Scary Movie 2

Manchmal ist die perfekte Liegeposition eine, bei der der Arm nicht unter der Decke ist. Weil es zwar gut ist, dass der ganze restliche Körper unter der Decke ist, der Arm oder Fuß aber draußen sein müssen, weil man sonst nicht die perfekte Temperatur hinbekommt. Ich hänge meinen Arm dann manchmal auf der Seite vom Bett runter und dann fällt mir ein, dass unter dem Bett jemand oder etwas sein könnte, das mich jetzt am Arm unters Bett in ein Paralleluniversum zerrt oder mich gleich unter dem Bett zerfleischt.

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Ich ermahne mich dann immer kurz selbst: „Jetzt reichts aber, du bist erwachsen und sowas passiert in der Realität nicht," denke mir dann aber gleichzeitig „why risk it?" und verstecke meinen Arm schnell wieder unter der Decke, die mich vor feindlichen Attacken schützt. Dann rast mein Herz noch ein paar Minuten und ich schlafe schwitzend ein.

Vor Krampussen

Foto: VICE Media

Ich weiß nicht, was ich hier erklären muss. Krampusse sind Monster, die dich mit Peitschen jagen und verprügeln. Wer das nicht unheimlich findet, hat keinen Überlebenstrieb.

Vor bestimmter Musik

Die meisten TV-Serien, vor denen ich als Kind Schiss hatte, sind rückblickend nicht einmal halb so angsteinflößend, wie ich sie in Erinnerung habe. Was mich aber immer noch fast in den Wahnsinn treibt, sind die Titelsongs diverser Serien—man wurde einfach zu gut darauf konditioniert, vor diesen Melodien Angst zu haben. Bestes Beispiel: Das Akte-X-Theme. Wenn ihr mich fragt, stammt diese Komposition direkt aus den Abgründen der Alien-Hölle und ich möchte am liebsten gleichzeitig schreien, kotzen und davonlaufen, sobald sie zu laufen beginnt. Mindestens genauso verstörend: Das musikalische Hintergrundgedudel von X-Factor—Das Unfassbare. Das Einzige, vor dem ich noch mehr Schiss habe, als vor der Hintergrundmusik von X-Factor, ist die Hintergrundmusik von X-Factor in Kombination mit der Stimme von Jonathan Frakes. Auch immer hoch im Vor-Angst-in-die-Hose-machen-Kurs: Das Intro von Autopsie.

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Mein größter musikalischer Horror ist und bleibt aber die letzte Szene in Michael Jacksons „Thriller"-Musikvideo. Sicher, das ganze Video ist ziemlich gruselig—nicht zuletzt, weil Michaels Nase schon damals nur noch halb so breit war, wie sie es eigentlich sein sollte. Aber seine gelben Augen in Kombination mit dem abartigen Grinsen und diesem miesen, hinterhältigen Lachen im Hintergrund—der Scheiß ist mir auch als Erwachsener einfach zu viel.

Vor Naturkatastrophen

Foto: Flickr | Ben Salter | CC by 2.0

Zum Glück musste ich noch nie ein Erdbeben, einen Vulkanausbruch oder einen Tornado erleben. Trotzdem überfiel mich die Angst vor Naturkatastrophen an einem schönen Badetag in Gokarna (Indien). Das Meer lag verdächtig ruhig vor mir und auf einmal tat sich der Gedanke auf, was ich wohl bei einem Tsunami tun würde. Schlagartig wurde mir klar: Man kann nichts tun.

Vor Waldrändern

Foto: CC0 Public Domain

Waldränder können schön zum Spazierengehen sein. Vielleicht auch zum Schwammerlsuchen, Vögelbeobachten oder wenn man gerade sehr dringend seine Blase entleeren muss. Alles andere als schön sind sie jedoch, wenn man während eines Roadtrips auf die Idee kommt, sein Zelt genau dort aufzubauen. Solange es hell ist, treffen vielleicht die gerade erwähnten Vorteile von Waldrändern noch zu, aber wenn dann die Nacht hereinbricht und du gerade deinen Gutenachtjoint geraucht hast, fängt der Horror an.

Die Bäume fangen an, nach dir zu greifen, undefinierbares Knacken erdröhnt aus dem tiefen Inneren des düsteren Waldes und irgendetwas scheint stetig um dein Zelt zu schleichen. Ich jedenfalls geriet beinah in Panik in dieser Situation und verbrachte die Nacht mit aufgeklapptem Leatherman unter dem Kopfpolster.

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Vor asiatischen Kindern

Eigentlich sind unter gewissen Voraussetzungen alle Kinder unheimlich. Wenn man nach dem Fortgehen eine dunkle Straße entlanggeht und dann steht da auf einmal ein singendes Mädchen mit langen Zöpfen und springt Seil, dann mach ich mir glaub ich in die Hose. Weil ich aber keine Horrorfilme schaue, mich mein erster Freund zu unserem Monatstag aber mal zu The Grudge geschleift hat, finde ich asiatische Kinder unter gewissen Umständen noch viel angsteinflößender als andere. Tagsüber sind sie so wenig unheimlich wie alle Kinder, ich glaub auch, dass ich noch nie nachts ein asiatisches Kind gesehen habe, aber die Vorstellung macht mir ein bisschen Gänsehaut.

Vor Aliens

Foto: Flickr | Richard | CC

Es gibt diese Urängste aus der Kindheit, die nie zu 100 Prozent verschwinden, egal wie erwachsen man irgendwann ist. Bei mir sind das Aliens. Natürlich kann ich das mittlerweile rationalisieren. Ich weiß, dass die popkulturelle Darstellung von extraterrestrischem Leben mit ziemlicher Sicherheit Blödsinn ist—allein weil es eben aktuell nicht so ausschaut, als könnten sich fliegende Untertassen schneller als das Licht bewegen. Ich kenn mich mit Dingen wie dem Fermi-Paradox aus. Und ich weiß, dass es durchaus reale und berechtigte Warnungen von Wissenschaftler wie Steven Hawking gibt, Außerirdische auf uns aufmerksam zu machen.

Aber es sind eh nicht die potentiellen Jäger-Zivilisationen, die diese Urangst bevölkern, die sich irgendwo tief in mir versteckt. Es sind wirklich die kleinen, bescheuerten, humanoiden Männchen, die Menschen entführen und ihnen Analsonden verabreichen. Zum Glück ist das wenigstens keine Angst, die sich im Alltag allzu häufig äußert.

Vor Badspiegeln

Immer wenn ich abends Zähne putze, mich zum Waschbecken runterbeuge und mich dann wieder aufrichten will, um in den Spiegel zu schauen, halte ich kurz Inne. Das ist jetzt der Moment, in dem in einem Horrorfilm jemand hinter mir stünde, ein Soundeffekt die Situation noch viel schlimmer machen würde und ich schreiend von einem Monster umgebracht werde.

Ich mach dann manchmal irgendwas, das ein Mensch in einem Horrorfilm nicht machen würde, weil es die Situation komisch oder mich in der Situation selbst zum Creep macht und deswegen bestimmt kein Mörder hinter mir stehen kann. Oder ich schau einfach nicht mehr in den Spiegel. Wenn man nicht nachsieht, ist nämlich kein Mörder da. Wichtig außerdem: Das zählt nur für Spiegel in Bädern. Vor und in allen anderen Spiegeln spielen sich keine Mordszenen ab.