FYI.

This story is over 5 years old.

Stuff

Dieser Sträfling übt Selbstjustiz an Gefängnisvergewaltigern

T-Bone, ein 1,95 Meter großer Ex-Marine, ist aufgrund seines einsamen Kampfes gegen Vergewaltiger im amerikanischen Strafvollzug in den Gefängnissen der Westküste zu einer Art Legende avanciert.

T-Bone

Letztes Jahr interviewte ich einen Typen namens Shaun Attwood, der mir davon erzählte, wie er an der Börse Millionen verdient und das ganze Geld anschließend in eine neue Karriere als ecstasydealender Rave-Organisator investiert hatte. Und ich erfuhr, dass einer der negativen Nebeneffekte beim groß angelegten Drogenhandel darin besteht, dass die Polizei dahinter kommen und dich ins Gefängnis stecken könnte. Während Shaun also seine Strafe absaß, hörte er davon, dass viele der Gefängnisinsassen von anderen Insassen vergewaltigt wurden, und wurde einige Male auch selbst Zeuge davon. Solche Vergewaltigungen seien ein großes Problem, um dessen Bekämpfung sich die Gefängnisbehörden Shauns Berichten zu Folge nicht genügend kümmern würden. Allerdings erzählte er mir von einem Mann, mit dem er sich angefreundet hatte, der es als seine christliche Pflicht ansieht, schwächere Mitgefangene vor derartigen sexuellen Übergriffen zu schützen, und dafür fast umgebracht worden wäre.

Inzwischen ist T-Bone, ein 1,95 Meter großer Ex-Marine, auf Grund seines einsamen Kampfes gegen Vergewaltiger im amerikanischen Strafvollzug in den Gefängnissen der Westküste zu einer Art Legende avanciert. Da er zur Zeit wegen Raubes (er selbst beteuert seine Unschuld) einsitzt, schickte ich ihm eine Mail, in der ich ihn darum bat, mir ein paar Fragen zu seinem Anti-Vergewaltigungs-Kreuzzug und sexuellem Missbrauch in amerikanischen Gefängnissen zu beantworten. VICE: Hi T-Bone, wann hast du dich zuerst dazu entschlossen, dass du etwas gegen die Vergewaltiger innerhalb des Gefängnissystems unternehmen willst?
T-Bone: Das fing 1996 an. Ich sah damals, wie ein 18-jähriger Junge wegen Essen herumgeschubst wurde und er erzählt bekam, er solle Crystal Meth und Heroin in seinem Arsch ins Gefängnis schmuggeln. Als er das Zeug reingebracht hatte, zogen sich die beiden Typen, die ihn dazu gedrängt hatten, erst das Zeug rein und vergewaltigten ihn dann. Da habe ich mich dazu entschieden, etwas zu unternehmen. Wie oft kommen Vergewaltigungen in amerikanischen Gefängnissen vor? So oft, wie es in Filmen und im Fernsehen dargestellt wird?
Es kommt sehr häufig vor, und passiert auf verschiedene Arten. Als ich in einem bestimmten Gefängnis hier in Arizona saß, wurde jede Nacht jemand vergewaltigt. Ich hörte jede Nacht, wie das Fleisch eines Mannes gegen das eines anderen klatschte, wie Typen in den Arsch gefickt wurden. Jeder, der nicht stark genug war, um sich zu wehren, war leichte Beute. Die Vergewaltiger waren groß wie Affen. Sie klemmten ihren Opfern die Luft ab, damit sie ohnmächtig wurden. Normale Typen—keine Homosexuellen—wurden vergewaltigt und schämten sich, es zuzugeben. Ich sah auch große, fette typen, die kleine weiße Jungs auf den Mund und auf den Hals küssten, als wären sie Frauen. Die Mitglieder einer Gang drückten manchmal jemanden nach unten und steckten ihm Sachen in den Arsch—Dosen, Plastikflaschen, Besenstiele oder Metallröhren. Shaun hat mir erzählt, dass dein christlicher Glaube dich dazu inspiriert hat, etwas zu unternehmen.
Mein Glaube an Gott gibt mir die Kraft durch Seinen Geist alles zu tun. Manche sagen, dass Gott keinem Menschen wehtut, und dass ich diesen Vergewaltigern nur deshalb wehtue, weil ich eine gewisse Macht innerhalb des Gefängnisses erlangen will, aber ich glaube, dass Gott diesen Vergewaltigern nicht gesagt hat, dass sie jüngere Insassen zum Sex zwingen sollen, nur weil sie es können. Ich habe nie Leute aufgrund ihres Verhaltens angegriffen; ich habe gebetet und ich habe mit vielen Leuten gesprochen, die ähnlich fühlten wie ich, und ich habe Gott darum gebeten, mich zu beschützen. Ich bin nicht Superman oder irgendjemand Besonderes. Gottes Kraft ist viel stärker als meine, und Sein Wille wird geschehen. Dass ich die Vergewaltiger davon abhielt, anderen Menschen wehzutun, war in Wirklichkeit Gott, der mich leitete. Ich habe bei diesen Kämpfen nicht immer gewonnen—mehr als einmal habe ich fast mein Leben verloren, sie stachen auf mich ein oder schlugen mich mit Steinen, die sie in Socken gesteckt hatten. Ich glaube, dass ich einzig und allein durch Gottes Gnade überlebt habe. Ja, ich habe gehört, dass du einiges einstecken musstest, als du für deine schwächeren Mithäftlinge eingetreten bist.
Ich habe einige Schläge kassiert, aber davon abgesehen habe ich mir dabei auch oft selbst die Hände verletzt. Ich bin übel zusammengeschlagen worden und musste es für einige Wochen ruhiger angehen, bis mein Körper und mein Kopf sich von den Schlägen erholt hatten. Ich habe ein paar große Narben, unter anderem eine auf meiner Schulter, wo sie mich aufgeschlitzt haben. Ich habe mich an den Füßen, Knien, Ellbogen, Fingen und Zehen verletzt. Auftragskiller wurden auf mich angesetzt, weil ich mich gegen eine Sache ausgesprochen habe, die im Gefängnis gang und gäbe sind. Mir wurde nahegelegt, mich auf dem Gefängnishof nicht mehr blicken zu lassen. Ich wurde weggesperrt, weil bestimmte Leute mich loswerden wollten. Und ich fand Zettel in meiner Zelle, auf denen stand, dass mein Leben in Gefahr sei. Wieso bist du selbst überhaupt im Gefängnis gelandet?
Als ich die Marines verließ, machte ich mich als Bodyguard selbständig und verdiente eine Menge Kohle. Ich habe dann in den Handel mit Kokain investiert und wurde selber süchtig. Ich habe aufgrund der dummen Entscheidungen, die ich auf Koks getroffen habe, 20 Jahre meines Lebens verloren. Dadurch, dass ich hier gelandet bin, habe ich meiner Frau und meinen Kindern sehr wehgetan. Jedes Mal nach dem ich entlassen worden war, bin ich wieder hier gelandet. Ich versuche nicht mich rauszureden, aber die meisten Häftlinge haben Drogenproblem und die Gefängnisse bieten keinerlei Hilfe, Therapie oder Rehabilitationsprogramme an. Das System ist darauf ausgelegt, dass die Leute, die entlassen werden, gleich wieder zurückkommen, so ist das Geschäft. Das ist zum Teil der Grund, warum es in den gesamten USA mehr schwarze Gefängnisinsassen gibt als schwarze College-Studenten*, und mehr als schwarze Sklaven, bevor die Sklaverei abgeschafft wurde. Was, glaubst du, ist der Grund dafür, dass die Zahl der Vergewaltigungen im amerikanischen Strafvollzug im Vergleich zu anderen Ländern so hoch ist?
Das geht zurück auf die Natur des Menschen—Leute interessieren sich nicht für die Menschen, die im Gefängnis sitzen. Das Gefängnis ist eine kleinere Version unserer Gesellschaft, mit den gleichen Extremen, was Macht und Armut betrifft. In der Gesellschaft gibt es Gesetze, die die Menschen beschützen, aber wenn hier ein Typ zum Sex gezwungen wird, hat er keinen Ort, an den er sich wenden kann, denn wenn er es den Aufsehern erzählt, wird er für eine Ratte gehalten, was schlimmer ist, als für einen Rabauken gehalten wird. Als Ratte wirst du hier umgebracht. Deshalb gibt es so viele Vergewaltigungen, von denen niemand erfährt.

T-Bone mit seiner Enkelin

Denkst du, dass die Gefängnisbehörden mehr für den Schutz schwächerer Häftlinge tun sollten?
Das Gefängnissystem tut nichts für den Schutz schwächerer Häftlinge. Es ist ein System, das dafür sorgt, das Schlechteste in den Menschen hervorzubringen. Innerhalb des US-Gefängnissystems existiert eine starke Rassenpolitik—hast du schon mal Probleme gekriegt, weil du Häftlingen mit anderem ethnischen Hintergrund geholfen hast?
Ja, ich habe mich schon oft aus diesem Grund gegen Gangmitglieder verteidigen müssen. Hier in den Gefängnissen von Arizona sind die Schwarzen in der Minderheit. Ich erlebe puren Hass, nur weil ich eine andere Hautfarbe habe. Leute verachten mich und wollen mich umbringen, weil ich schwarz bin, obwohl ich die gleiche Kleidung trage und die gleiche Strafe absitze wie sie. Als ich in das Gefängnis kam, in dem ich gerade sitze, freute ich mich, als ich auf einen anderen Schwarzen traf, und sagte zu ihm: „Hey Bruder, was geht ab?“ Und er antwortete: „Einige der weißen Jungs hier sind verdammt sauer auf dich, weil du ein paar Weiße, die einen Jungen vergewaltigt haben, zusammengeschlagen hast. Sie sagten, das sei eine Sache unter den weißen Jungs, und du solltest dich da besser nicht einmischen.“ „Wie viele von uns sind noch hier?“, fragte ich, was sich natürlich auf andere schwarze Insassen bezog, und er antwortete: „Ich bin der einzige.“ „Ich schätze, dann bin ich in einer ziemlichen Zwickmühle“, erwiderte ich und fragte mich, wie ich mich wohl am besten verteidigen könnte. Haben sie (die weißen Jungs) dich angegriffen?
Später am selben Tag wurde ich aus meiner Zelle gelassen, um zu duschen. Zwei weiße Typen kamen auf der Treppe auf mich zu und machten irgendwelche Geräusche, um meine Aufmerksamkeit zu erregen. Dann tauchte aus dem Nichts noch ein Weißer auf und nahm mich in den Schwitzkasten—es war ein präziser Angriff. Ein anderer packte mich an den Beinen und drückte mich nach unten. Ich versuchte zu treten und mich zu wehren, aber einer legte sich auf meine Beine und verbog meinen Körper so, dass mir der Rücken weh tat. Noch ein anderer hielt meine Arme unten und legte sich über die Mitte meines Körpers. Ich war mir sicher, dass sie so etwas schon öfter gemacht hatten. Der erste Typ sagte: „Zieh ihm die Hose runter.“ Sie begannen, meine Hose herunterzuzerren, und ich konnte nichts dagegen tun. Einer zückte einen Besenstiel, dessen Ende wie ein Penis aussah. Der Anblick des Phallus brachte mich dazu, mich noch einmal mit aller Macht aufzubäumen, aber die anderen waren zu stark. Zu meinem Glück kamen auf einmal zwei Mexikaner die Treppe hinaufgelaufen. Einer der beiden trat dem ersten Typen ins Gesicht und ich konnte mich aus seinem Griff befreien. Er drehte sich dann um und stach einem der Mexikaner mit einem Messer in den Bauch. Ich beugte mich nach vorn und schlug dem Kerl, der meine Beine festhielt, auf den Nacken. Er versuchte, mich zu packen, aber ich bekam sein Handgelenk zu fassen, drehte ihm den arm auf den Rücken, kugelte ihm die Schulter aus und brach ihm das Handgelenk. Ich schlug ihn mit dem Gesicht auf den Betonboden. Einem anderen versetzte ich einen Schlag auf die Speiseröhre, und er brach zusammen, dann tauchten aus dem Nichts plötzlich 20 Polizisten auf. Oh mein Gott! Eine letzte Frage: Wenn du eine Sache am amerikanischen Gefängnissystem ändern könntest, was wäre das?
Das Gefängnissystem hier hat keinen Platz für Gott. Das muss sich ändern, denn Gott ist die Liebe, und wo Liebe ist, da ist auch Frieden. *Anmerkung des Autors: Ivory Toldson, Professor an der Howard University, geht davon aus, dass die weit verbreitete Annahme, dass es in den USA mehr schwarze Häftlinge als College-Studenten gibt, ein Mythos ist. Seinen Nachforschungen zu Folge gibt es 1,4 Millionen schwarze Studenten und 840.000 schwarze Häftlinge. Ich danke Shaun Attwood dafür, dass er den Kontakt mit T-Bone hergestellt hat. Mehr über Shauns eigene Gefängniserfahrungen erfahrt ihr in seinem neuen Buch Prison Time.