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Drogen

Wie gefährlich sind Haschkekse wirklich?

Letzte Woche wurden elf Schüler eingeliefert, nachdem sie Hasch Brownies gegessen hatten. Muss man sich vor Cannabis-Cookies in Acht nehmen?
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Foto: IMAGO / agefotostock

Letzte Woche wurden elf Schüler aus Celle ins Krankenhaus eingeliefert, weil ihnen nach dem gemeinsamen Verzehr eines Haschkuchens übel wurde und sie über Kreislaufprobleme klagten. Das ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass Lehrer oder Schüler nach dem Verzehr von cannabis-haltigem Gebäck in ärztliche Behandlung mussten. Ich habe selbst ein paar Mal erlebt, wie beschissen sich Menschen fühlen, die zu viel Gras gefuttert haben. Schweißausbrüche, Angstzustände, Heulkrämpfe und absolute Desorientierung sind nur ein paar der unangenehmsten Begleiterscheinungen auf einem schlechten Gras-Trip. Aber wieso liest man immer wieder von Jugendlichen, die sich mit Keksen oder Kuchen auf eine unangenehme Reise begeben, während es beim Rauchen von Cannabis viel seltener zu solch paranoiden Zuständen kommt?

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Wird Cannabis gegessen, so tritt die Wirkung, je nach Dosierung, Zubereitungsart und persönlicher Konstitution, mit einer Zeitverzögerung von 30 bis 90 Minuten ein. Ist die Dosis zu hoch, merkt man es erst, wenn es zu spät ist. Beim Rauchen tritt der Effekt unmittelbar auf. Wer genug oder gar einen Zug zu viel genommen hat, legt den einfach Joint beiseite.

Man kann mit Marihuana übrigens auch bessere Sachen als nur Kekse kochen. Zum Beispiel Parmigiana di Melanzane!

Eine Überdosierung beim Rauchen endet meist im Tiefschlaf, selten in einem schlechten Rauscherlebnis. Isst man zu viel Gras, kann es besonders ungeübten Usern schon öfter mal ähnlich ergehen wie Wilhelm Buschs armem Krischan nach einem zu tiefen Zug an Vaters Knasterpfeife. Bei Menschen mit wenig oder keiner Gras-Erfahrung hat der erste Haschkeks oder Bhang des Lebens deshalb viel stärkere Effekte als der erste Joint.

Information schützt besser als Repression

Aber auch wenn man vor dem Konsum von Cannabis unbedingt das Hirn einschalten sollte—solche Unfälle werden wahrscheinlich auch in Zukunft immer wieder passieren. Doch grade dann sollte besonnen reagiert werden, anstatt sich selbst und die Betroffenen in noch mehr Panik zu versetzen.

Eine Cannabis-Überdosierung ist lange nicht so gefährlich wie eine Alkoholvergiftung, allein schon weil sie nicht tödlich endet. Bereits Wilhelm Busch wusste beim Verfassen der Kurzgeschichte Krischan mit der Piepe, dass ein starker Kaffee, Ruhe und paar warme Worte die besten und wirksamsten Hausmittel bei einer Hanfblüten-Überdosierung sind.

Natürlich muss eine Schule den betroffenen Schülern, wie in Celle geschehen, ärztliche Hilfe bereitstellen. Aber die drei angeblichen Initiatoren zu suspendieren und die Polizei einzuschalten, löst das Problem nicht, im Gegenteil: Wer ein wirklich problematisches Konsummuster hat, wird ab jetzt nicht mehr mit Erwachsenen drüber reden wollen. Ganz zu schweigen davon, dass den drei Haschkuchen-Bäckern jetzt die schulische Zukunft versaut ist. Denen, die ohnehin gar nicht oder selten kiffen, hat der schlechte Trip gezeigt, dass Gras eben auch seine Tücken haben kann und man es bitte schön, wenn es schon sein muss, mit Verstand und vorab gut informiert genießen muss. Aber auch die drei verdächtigen Gras-Konditoren brauchen keine Polizei, sondern verständnisvolle, gut informierte Pädagogen und einen ordentlichen Rüffel. So wie es wäre, wenn man sie beim Saufen erwischt hätte.

Um zu verdeutlichen, wie bigott der Umgang mit dem weitaus tödlicheren Alkohol an deutschen Schulen ist, muss ich nur an meine eigene Schulzeit zurückdenken, wo man mit 15 schon auf Klassenfahrt mit den Pädagogen anstoßen durfte. Es ist nicht mal strafrechtlich relevant, sich mit Schutzbefohlenen ins Koma zu saufen. Im gleichen Bundesland hatten sich 2014 zwei Osnabrücker Lehrer auf einer Klassenfahrt vor 15- bis 16-jährigen Schülerinnen und Schülern derart zugesoffen, dass sie nicht mehr ansprechbar waren und einer von ihnen ärztliche Hilfe benötigte. Die Lehrer wurden versetzt, hatten sich aber, anders als die minderjährigen Bäcker, keiner Straftat schuldig gemacht.

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